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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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räth. Ich möchte eine Geschichte Ihrer Schenkungen haben, nicht
dieser selber, sondern ihrer Einkleidungen. Hat das Kunstwerk von
außen geblendet: so erleuchtet es mit seinem Innern; wenige neue
deutsche Werke dieser Gattung sind in dieser reinen frommen
dichterischen Haltung vollendet.5

Ihre liebreichen Worte haben mich von Irrthümern, die mir wehe
thaten, durch Freuden geheilt. Machen Sie öfters Ihre Freunde so
krank, um das Vergnügen zu haben, der einzige Arzt zu sein? --

Möge irgend ein guter Genius dafür der Ihrige sein! Ihr Brief
ist einer mit einem schwarzen Rande; und ob ich gleich gewis weiß,10
daß dieselbe Phantasie, die Grazien und Arkadien schafft, eben so
fruchtbar an Parzen und in der Bevölkerung des Höllenreichs sein
muß: so ist doch leider in einem eingebildeten Schmerze mehr Wahr-
heit oder Dauer als in einem eingebildeten Himmel. Nur etwas belebt
das Leben -- -- Erschaffen; über Erschaffen wird Vergehen ver-15
gessen. Sie haben aber vollends das Glück, nicht nur zwischen 2
Schöpfungen wählen -- der des Dichters und der des Regenten --
sondern auch beide vereinigen zu können. Sie verdienen für Ihren
gütigen Brief die letztere Wahl.

Ich habe jetzt grosse oder zu grosse Sehnsucht nach Gotha; denn20
ich kann sie nicht eher befriedigen als Ende Sommers, wo mein
neuestes Buch über Erziehung vollendet ist.

230. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Ich und C[aroline] danken Ihnen für das25
Empfangne -- denn hier ist Zukunft Vergangenheit --; da C.
schon bei der Müffling sich Pferde nach Eremitage bestellt. -- Auch
ich habe den Jungfern-Artikel so froh gelesen als die Aussicht zum
Frieden.

231. An Vieweg.30

Verzeihen Sie, daß ich Ihre Pünktlichkeit, womit Sie mir die
80 Ld'or zuschickten, nicht mit eben so großer durch Bescheinigung
erwie[de]rte. Hier kommt das vierte Bruchstück über weibliche Er-
ziehung und das 5te über fürstliche. Wahrscheinlich wird das zweite35

7 Jean Paul Briefe. V.

räth. Ich möchte eine Geſchichte Ihrer Schenkungen haben, nicht
dieſer ſelber, ſondern ihrer Einkleidungen. Hat das Kunſtwerk von
außen geblendet: ſo erleuchtet es mit ſeinem Innern; wenige neue
deutſche Werke dieſer Gattung ſind in dieſer reinen frommen
dichteriſchen Haltung vollendet.5

Ihre liebreichen Worte haben mich von Irrthümern, die mir wehe
thaten, durch Freuden geheilt. Machen Sie öfters Ihre Freunde ſo
krank, um das Vergnügen zu haben, der einzige Arzt zu ſein? —

Möge irgend ein guter Genius dafür der Ihrige ſein! Ihr Brief
iſt einer mit einem ſchwarzen Rande; und ob ich gleich gewis weiß,10
daß dieſelbe Phantaſie, die Grazien und Arkadien ſchafft, eben ſo
fruchtbar an Parzen und in der Bevölkerung des Höllenreichs ſein
muß: ſo iſt doch leider in einem eingebildeten Schmerze mehr Wahr-
heit oder Dauer als in einem eingebildeten Himmel. Nur etwas belebt
das Leben — — Erſchaffen; über Erſchaffen wird Vergehen ver-15
geſſen. Sie haben aber vollends das Glück, nicht nur zwiſchen 2
Schöpfungen wählen — der des Dichters und der des Regenten —
ſondern auch beide vereinigen zu können. Sie verdienen für Ihren
gütigen Brief die letztere Wahl.

Ich habe jetzt groſſe oder zu groſſe Sehnſucht nach Gotha; denn20
ich kann ſie nicht eher befriedigen als Ende Sommers, wo mein
neueſtes Buch über Erziehung vollendet iſt.

230. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Ich und C[aroline] danken Ihnen für das25
Empfangne — denn hier iſt Zukunft Vergangenheit —; da C.
ſchon bei der Müffling ſich Pferde nach Eremitage beſtellt. — Auch
ich habe den Jungfern-Artikel ſo froh geleſen als die Ausſicht zum
Frieden.

231. An Vieweg.30

Verzeihen Sie, daß ich Ihre Pünktlichkeit, womit Sie mir die
80 Ld’or zuſchickten, nicht mit eben ſo großer durch Beſcheinigung
erwie[de]rte. Hier kommt das vierte Bruchſtück über weibliche Er-
ziehung und das 5te über fürſtliche. Wahrſcheinlich wird das zweite35

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[97/0112] räth. Ich möchte eine Geſchichte Ihrer Schenkungen haben, nicht dieſer ſelber, ſondern ihrer Einkleidungen. Hat das Kunſtwerk von außen geblendet: ſo erleuchtet es mit ſeinem Innern; wenige neue deutſche Werke dieſer Gattung ſind in dieſer reinen frommen dichteriſchen Haltung vollendet. 5 Ihre liebreichen Worte haben mich von Irrthümern, die mir wehe thaten, durch Freuden geheilt. Machen Sie öfters Ihre Freunde ſo krank, um das Vergnügen zu haben, der einzige Arzt zu ſein? — Möge irgend ein guter Genius dafür der Ihrige ſein! Ihr Brief iſt einer mit einem ſchwarzen Rande; und ob ich gleich gewis weiß, 10 daß dieſelbe Phantaſie, die Grazien und Arkadien ſchafft, eben ſo fruchtbar an Parzen und in der Bevölkerung des Höllenreichs ſein muß: ſo iſt doch leider in einem eingebildeten Schmerze mehr Wahr- heit oder Dauer als in einem eingebildeten Himmel. Nur etwas belebt das Leben — — Erſchaffen; über Erſchaffen wird Vergehen ver- 15 geſſen. Sie haben aber vollends das Glück, nicht nur zwiſchen 2 Schöpfungen wählen — der des Dichters und der des Regenten — ſondern auch beide vereinigen zu können. Sie verdienen für Ihren gütigen Brief die letztere Wahl. Ich habe jetzt groſſe oder zu groſſe Sehnſucht nach Gotha; denn 20 ich kann ſie nicht eher befriedigen als Ende Sommers, wo mein neueſtes Buch über Erziehung vollendet iſt. 230. An Emanuel. [Bayreuth, 3. Aug. 1806] Guten Morgen, Alter! Ich und C[aroline] danken Ihnen für das 25 Empfangne — denn hier iſt Zukunft Vergangenheit —; da C. ſchon bei der Müffling ſich Pferde nach Eremitage beſtellt. — Auch ich habe den Jungfern-Artikel ſo froh geleſen als die Ausſicht zum Frieden. 231. An Vieweg. 30 Bayreuth d. 3. Aug. 1806 Verzeihen Sie, daß ich Ihre Pünktlichkeit, womit Sie mir die 80 Ld’or zuſchickten, nicht mit eben ſo großer durch Beſcheinigung erwie[de]rte. Hier kommt das vierte Bruchſtück über weibliche Er- ziehung und das 5te über fürſtliche. Wahrſcheinlich wird das zweite 35 7 Jean Paul Briefe. V.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/112>, abgerufen am 28.04.2024.