Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

Bild:
<< vorherige Seite

wie seelig mir jezt das Herz mitten in meinem Himmel schlägt darüber,
daß ich nun wieder auf die alte blühende herliche Freundschaftsinsel,
mit Einem Herzen mehr noch dazu, aussteigen durfte. Nie, nie könt'
ich unseren grossen Genius -- dem nichts fehlt als ein Spiegel --
weniger lieben, auch wenn er als Engel mit einem Schwert vor meine5
Paradiese träte; aber wie schöner glänzt der Engel, wenn er zu diesen
die Thüren blos aufmacht! Gute Nacht Ihnen beiden! Immer geh'
es Ihnen wie Sie es andern gehen lassen!

R.
144. An Goethe.
10

Ew. Hochwohlgeboren erhalten hier die Operette "List, Scherz und
"Rache", die mir ein musikalischer Künstler in Berlin für Sie mit der
Bitte um Ihre Nachsicht, um Ihr Urtheil und um eine Probe durch
Aufführung mitgegeben. Einige Verkürzungen wird Ihre Kunst den
Schranken der seinigen vergeben. Reichard und andere Kenner gaben15
ihm durch ihr Urtheil den Muth, das Ihrige zu wünschen. -- Für mich
hat sein Kunstwerk noch den Nebenwerth, daß ich Ihre Entscheidung
darüber persönlich abzuholen die Freude haben werde. --

J. P. F. Richter
[Adr.] H. Geheimen Rath v. Göthe. Mit einem musikal. Mspt:
20
145. An Karoline Richter. [89]

Eben jezt, da ich anfangen wolte, wehten wieder Töne aus der
Aeolsharfe mir entgegen, als wolten sie das sagen, was ich dir
schreiben wil, du mein Herz! Neugeborne für das verhülte Jahr,25
das aber nur Frühlings- und nicht Winterwolken bedecken! Dein
Geburtstag ist ja meiner und mit den Wünschen für dich werden meine
auch erfült. Unter Blumen und unter Sonnenstrahlen und unter
lauter liebenden Herzen und von stillen Freuden geführt, gehst du,
Holdselige, in dein neues Jahr. O es vergehe dir nichts davon! Und30
wenn alles vergienge, ich bliebe dir fest und ganz! Wenn dein künfti-
ges Jahr vorüber ist, wirst du zu mir sagen können: "du hast den
Schwur der Liebe treu gehalten, du hast mich warm geliebt und wir
sind glüklich geblieben." -- Ich wil dein Vater und deine Mutter sein

wie ſeelig mir jezt das Herz mitten in meinem Himmel ſchlägt darüber,
daß ich nun wieder auf die alte blühende herliche Freundſchaftsinſel,
mit Einem Herzen mehr noch dazu, ausſteigen durfte. Nie, nie könt’
ich unſeren groſſen Genius — dem nichts fehlt als ein Spiegel —
weniger lieben, auch wenn er als Engel mit einem Schwert vor meine5
Paradieſe träte; aber wie ſchöner glänzt der Engel, wenn er zu dieſen
die Thüren blos aufmacht! Gute Nacht Ihnen beiden! Immer geh’
es Ihnen wie Sie es andern gehen laſſen!

R.
144. An Goethe.
10

Ew. Hochwohlgeboren erhalten hier die Operette „Liſt, Scherz und
„Rache“, die mir ein muſikaliſcher Künſtler in Berlin für Sie mit der
Bitte um Ihre Nachſicht, um Ihr Urtheil und um eine Probe durch
Aufführung mitgegeben. Einige Verkürzungen wird Ihre Kunſt den
Schranken der ſeinigen vergeben. Reichard und andere Kenner gaben15
ihm durch ihr Urtheil den Muth, das Ihrige zu wünſchen. — Für mich
hat ſein Kunſtwerk noch den Nebenwerth, daß ich Ihre Entſcheidung
darüber perſönlich abzuholen die Freude haben werde. —

J. P. F. Richter
[Adr.] H. Geheimen Rath v. Göthe. Mit einem muſikal. Mſpt:
20
145. An Karoline Richter. [89]

Eben jezt, da ich anfangen wolte, wehten wieder Töne aus der
Aeolsharfe mir entgegen, als wolten ſie das ſagen, was ich dir
ſchreiben wil, du mein Herz! Neugeborne für das verhülte Jahr,25
das aber nur Frühlings- und nicht Winterwolken bedecken! Dein
Geburtstag iſt ja meiner und mit den Wünſchen für dich werden meine
auch erfült. Unter Blumen und unter Sonnenſtrahlen und unter
lauter liebenden Herzen und von ſtillen Freuden geführt, gehſt du,
Holdſelige, in dein neues Jahr. O es vergehe dir nichts davon! Und30
wenn alles vergienge, ich bliebe dir feſt und ganz! Wenn dein künfti-
ges Jahr vorüber iſt, wirſt du zu mir ſagen können: „du haſt den
Schwur der Liebe treu gehalten, du haſt mich warm geliebt und wir
ſind glüklich geblieben.“ — Ich wil dein Vater und deine Mutter ſein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0083" n="77"/>
wie &#x017F;eelig mir jezt das Herz mitten in meinem Himmel &#x017F;chlägt darüber,<lb/>
daß ich nun wieder auf die alte blühende herliche Freund&#x017F;chaftsin&#x017F;el,<lb/>
mit Einem Herzen mehr noch dazu, aus&#x017F;teigen durfte. Nie, nie könt&#x2019;<lb/>
ich un&#x017F;eren gro&#x017F;&#x017F;en Genius &#x2014; dem nichts fehlt als ein Spiegel &#x2014;<lb/>
weniger lieben, auch wenn er als Engel mit einem Schwert vor meine<lb n="5"/>
Paradie&#x017F;e träte; aber wie &#x017F;chöner glänzt der Engel, wenn er zu die&#x017F;en<lb/>
die Thüren blos aufmacht! Gute Nacht Ihnen beiden! Immer geh&#x2019;<lb/>
es Ihnen wie Sie es andern gehen la&#x017F;&#x017F;en!</p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>144. An <hi rendition="#g">Goethe.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Weimar, 4. (?) Juni 1801]</hi> </dateline>
        <lb n="10"/>
        <p>Ew. Hochwohlgeboren erhalten hier die Operette &#x201E;Li&#x017F;t, Scherz und<lb/>
&#x201E;Rache&#x201C;, die mir ein mu&#x017F;ikali&#x017F;cher Kün&#x017F;tler in Berlin für Sie mit der<lb/>
Bitte um Ihre Nach&#x017F;icht, um Ihr Urtheil und um eine Probe durch<lb/>
Aufführung mitgegeben. Einige Verkürzungen wird Ihre Kun&#x017F;t den<lb/>
Schranken der &#x017F;einigen vergeben. Reichard und andere Kenner gaben<lb n="15"/>
ihm durch ihr Urtheil den Muth, das Ihrige zu wün&#x017F;chen. &#x2014; Für mich<lb/>
hat &#x017F;ein Kun&#x017F;twerk noch den Nebenwerth, daß ich Ihre Ent&#x017F;cheidung<lb/>
darüber per&#x017F;önlich abzuholen die Freude haben werde. &#x2014;</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <trailer>
          <address>
            <addrLine>[Adr.] H. Geheimen Rath <hi rendition="#aq">v. Göthe.</hi> Mit einem mu&#x017F;ikal. M&#x017F;pt:</addrLine>
          </address>
        </trailer>
        <lb n="20"/>
      </div>
      <div type="letter" n="1">
        <head>145. An <hi rendition="#g">Karoline Richter.</hi> <note place="right"><ref target="1922_Bd4_89">[89]</ref></note></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Für den 7. Juny</hi> 1801.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Eben jezt, da ich anfangen wolte, wehten wieder Töne aus der<lb/>
Aeolsharfe mir entgegen, als wolten &#x017F;ie das &#x017F;agen, was ich dir<lb/>
&#x017F;chreiben wil, du mein Herz! Neugeborne für das verhülte Jahr,<lb n="25"/>
das aber nur Frühlings- und nicht Winterwolken bedecken! Dein<lb/>
Geburtstag i&#x017F;t ja meiner und mit den Wün&#x017F;chen für dich werden meine<lb/>
auch erfült. Unter Blumen und unter Sonnen&#x017F;trahlen und unter<lb/>
lauter liebenden Herzen und von &#x017F;tillen Freuden geführt, geh&#x017F;t du,<lb/>
Hold&#x017F;elige, in dein neues Jahr. O es vergehe dir nichts davon! Und<lb n="30"/>
wenn alles vergienge, ich bliebe dir fe&#x017F;t und ganz! Wenn dein künfti-<lb/>
ges Jahr vorüber i&#x017F;t, wir&#x017F;t du zu mir &#x017F;agen können: &#x201E;du ha&#x017F;t den<lb/>
Schwur der Liebe treu gehalten, du ha&#x017F;t mich warm geliebt und wir<lb/>
&#x017F;ind glüklich geblieben.&#x201C; &#x2014; Ich wil dein Vater und deine Mutter &#x017F;ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0083] wie ſeelig mir jezt das Herz mitten in meinem Himmel ſchlägt darüber, daß ich nun wieder auf die alte blühende herliche Freundſchaftsinſel, mit Einem Herzen mehr noch dazu, ausſteigen durfte. Nie, nie könt’ ich unſeren groſſen Genius — dem nichts fehlt als ein Spiegel — weniger lieben, auch wenn er als Engel mit einem Schwert vor meine 5 Paradieſe träte; aber wie ſchöner glänzt der Engel, wenn er zu dieſen die Thüren blos aufmacht! Gute Nacht Ihnen beiden! Immer geh’ es Ihnen wie Sie es andern gehen laſſen! R. 144. An Goethe. [Weimar, 4. (?) Juni 1801] 10 Ew. Hochwohlgeboren erhalten hier die Operette „Liſt, Scherz und „Rache“, die mir ein muſikaliſcher Künſtler in Berlin für Sie mit der Bitte um Ihre Nachſicht, um Ihr Urtheil und um eine Probe durch Aufführung mitgegeben. Einige Verkürzungen wird Ihre Kunſt den Schranken der ſeinigen vergeben. Reichard und andere Kenner gaben 15 ihm durch ihr Urtheil den Muth, das Ihrige zu wünſchen. — Für mich hat ſein Kunſtwerk noch den Nebenwerth, daß ich Ihre Entſcheidung darüber perſönlich abzuholen die Freude haben werde. — J. P. F. Richter [Adr.] H. Geheimen Rath v. Göthe. Mit einem muſikal. Mſpt: 20 145. An Karoline Richter. Für den 7. Juny 1801. Eben jezt, da ich anfangen wolte, wehten wieder Töne aus der Aeolsharfe mir entgegen, als wolten ſie das ſagen, was ich dir ſchreiben wil, du mein Herz! Neugeborne für das verhülte Jahr, 25 das aber nur Frühlings- und nicht Winterwolken bedecken! Dein Geburtstag iſt ja meiner und mit den Wünſchen für dich werden meine auch erfült. Unter Blumen und unter Sonnenſtrahlen und unter lauter liebenden Herzen und von ſtillen Freuden geführt, gehſt du, Holdſelige, in dein neues Jahr. O es vergehe dir nichts davon! Und 30 wenn alles vergienge, ich bliebe dir feſt und ganz! Wenn dein künfti- ges Jahr vorüber iſt, wirſt du zu mir ſagen können: „du haſt den Schwur der Liebe treu gehalten, du haſt mich warm geliebt und wir ſind glüklich geblieben.“ — Ich wil dein Vater und deine Mutter ſein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/83
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/83>, abgerufen am 24.11.2024.