Montags früh. Ich käme schon Morgen, wenn ich nicht dem Minister Kretschman entgegenführe mit seiner Frau, den ich jezt so achte, als wäre ich -- nicht sowohl seine Kreatur, sondern gar -- sein Kreator. Pferde auf eine blosse Stunde weit braucht bei mir niemand als Emma. Ich freue mich innigst, Sie Montags so lange zu sehen als5 die Sonne, und dan, wie diese, heimzugehen.
Gott geb' uns aber etwas zu trinken in Neuhof, sowohl Vor- als Nachmittags.
Meinen Grus an Ihre Schöne, was nur bei einem Ehemanne wie Sie zugleich einen wahren und einen unschuldigen Sin hat. Wir10 freuen uns beide zu kommen
Ihr 1) Richter und 2) dessen Spiz.15
[260] (*)398. An Emanuel.
Coburg d. 7. Aug. 1803.
Ich wil ein wenig an Sie schreiben, ob ich gleich nichts dazu habe als eben den Wunsch. Es passiert hier nichts. Ich habe meine Bücher, C. ihre Kinder -- das ist alles. Der Hof komt Septembers zurük,20 der mir und meiner Frau noch ein Paar Farben schenken wird, die jezt dem Regenbogen unserer Freude fehlen, oder meiner. Ich mus Kretschman immer mehr achten. Der Herzog gab ihm die Erlaubnis -- das freimüthigste Buch, über sein Verhältnis drucken zu lassen --, ohne es lesen zu wollen, auch die Herzogin, die scharfsichtige. Er ist25 ein politischer Friederich Schlegel. Doch nimt er freudig Milderungen an. -- Herder ist wegen Krankheit im Egerschen Bade. -- Könt' ich nicht Caroline Liebman's (nicht C. H[erder]'s) Schuldschein zu leidlichen Prozenten, etwan a bei Ihnen unterbringen, da ich jezt doch keine bekomme? Sie erwiesen mir damit einen wahren Ge-30 fallen. Das Kapital steht so sicher und fest, daß es gewis immer da stehen bleiben wird, wo es steht. -- Das Berlinische sollen Sie hier wiederbekommen, weil ich entweder Postgeld oder Gefahr fürchten mus; die Zinsen, die Sie mir bis zur Zession schulden, können an der Bierrechnung abgezogen werden.35
Montags früh. Ich käme ſchon Morgen, wenn ich nicht dem Miniſter Kretschman entgegenführe mit ſeiner Frau, den ich jezt ſo achte, als wäre ich — nicht ſowohl ſeine Kreatur, ſondern gar — ſein Kreator. Pferde auf eine bloſſe Stunde weit braucht bei mir niemand als Emma. Ich freue mich innigſt, Sie Montags ſo lange zu ſehen als5 die Sonne, und dan, wie dieſe, heimzugehen.
Gott geb’ uns aber etwas zu trinken in Neuhof, ſowohl Vor- als Nachmittags.
Meinen Grus an Ihre Schöne, was nur bei einem Ehemanne wie Sie zugleich einen wahren und einen unſchuldigen Sin hat. Wir10 freuen uns beide zu kommen
Ihr 1) Richter und 2) deſſen Spiz.15
[260] (*)398. An Emanuel.
Coburg d. 7. Aug. 1803.
Ich wil ein wenig an Sie ſchreiben, ob ich gleich nichts dazu habe als eben den Wunſch. Es paſſiert hier nichts. Ich habe meine Bücher, C. ihre Kinder — das iſt alles. Der Hof komt Septembers zurük,20 der mir und meiner Frau noch ein Paar Farben ſchenken wird, die jezt dem Regenbogen unſerer Freude fehlen, oder meiner. Ich mus Kretschman immer mehr achten. Der Herzog gab ihm die Erlaubnis — das freimüthigſte Buch, über ſein Verhältnis drucken zu laſſen —, ohne es leſen zu wollen, auch die Herzogin, die ſcharfſichtige. Er iſt25 ein politiſcher Friederich Schlegel. Doch nimt er freudig Milderungen an. — Herder iſt wegen Krankheit im Egerſchen Bade. — Könt’ ich nicht Caroline Liebman’s (nicht C. H[erder]’s) Schuldſchein zu leidlichen Prozenten, etwan à bei Ihnen unterbringen, da ich jezt doch keine bekomme? Sie erwieſen mir damit einen wahren Ge-30 fallen. Das Kapital ſteht ſo ſicher und feſt, daß es gewis immer da ſtehen bleiben wird, wo es ſteht. — Das Berliniſche ſollen Sie hier wiederbekommen, weil ich entweder Poſtgeld oder Gefahr fürchten mus; die Zinſen, die Sie mir bis zur Zeſſion ſchulden, können an der Bierrechnung abgezogen werden.35
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Montags früh. Ich käme ſchon Morgen, wenn ich nicht dem Miniſter
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Pferde auf eine bloſſe Stunde weit braucht bei mir niemand als
Emma. Ich freue mich innigſt, Sie Montags ſo lange zu ſehen als 5
die Sonne, und dan, wie dieſe, heimzugehen.
Gott geb’ uns aber etwas zu trinken in Neuhof, ſowohl Vor- als
Nachmittags.
Meinen Grus an Ihre Schöne, was nur bei einem Ehemanne
wie Sie zugleich einen wahren und einen unſchuldigen Sin hat. Wir 10
freuen uns beide zu kommen
Ihr
1) Richter
und
2) deſſen Spiz. 15
(*)398. An Emanuel.
Coburg d. 7. Aug. 1803.
Ich wil ein wenig an Sie ſchreiben, ob ich gleich nichts dazu habe
als eben den Wunſch. Es paſſiert hier nichts. Ich habe meine Bücher,
C. ihre Kinder — das iſt alles. Der Hof komt Septembers zurük, 20
der mir und meiner Frau noch ein Paar Farben ſchenken wird, die
jezt dem Regenbogen unſerer Freude fehlen, oder meiner. Ich mus
Kretschman immer mehr achten. Der Herzog gab ihm die Erlaubnis
— das freimüthigſte Buch, über ſein Verhältnis drucken zu laſſen —,
ohne es leſen zu wollen, auch die Herzogin, die ſcharfſichtige. Er iſt 25
ein politiſcher Friederich Schlegel. Doch nimt er freudig Milderungen
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nicht Caroline Liebman’s (nicht C. H[erder]’s) Schuldſchein zu
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jezt doch keine bekomme? Sie erwieſen mir damit einen wahren Ge- 30
fallen. Das Kapital ſteht ſo ſicher und feſt, daß es gewis immer da
ſtehen bleiben wird, wo es ſteht. — Das Berliniſche ſollen Sie hier
wiederbekommen, weil ich entweder Poſtgeld oder Gefahr fürchten
mus; die Zinſen, die Sie mir bis zur Zeſſion ſchulden, können an der
Bierrechnung abgezogen werden. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/240>, abgerufen am 16.07.2024.
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