nur in uns, und der Teufel so oft ausser uns und hat dan keine milde Beleuchtung.
Leben Sie froh unter einem Volke, das Sie besser fassen werden als dieses Sie. Schreiben Sie mir, aber kein Brief wird mir gefallen als der längste. --5
J. P. F. Richter
[Adr.] Demoiselle Levi.
21. An Karoline Mayer.
[Berlin, 7. Nov. 1800]
Du Liebe schmerzlich Bescheidne! Quääle mich nicht länger durch10 einen Wahn, der in unserer ersten Umarmung hätte zerrinnen sollen! Spiel' ich denn mit dir und mir? Seh ich dich denn gar nicht recht? -- Vertraue mir mehr und dir, und lasse mehr dein Herz ausströmen als deine Vernunft beleuchten. O Gute! du thust mir weh wenn du dich nicht glüklich fühlest. Bist du denn etwan nicht ganz offen? --15 Abends um 5 Uhr wenn ich von der Fr. v. Berg (bei der ich mit dem Bruder der Königin esse) [komme,] geh' ich auf eine Minute zu dir und beantworte den Rest deiner Briefe. Adio carissima.
[unten auf der nur halb gefüllten Seite:]
Dein20 R.
(Ich mag nicht höher stehen als du in deinem Briefe.)
22. An Karoline Mayer.
[Berlin, 8. Nov. 1800]
Dein Brief ist mir nicht nur der schönste, weil er der längste sondern25 auch weil er der herzlichste ist. Nie hat sich ein Mädgen-Herz holder [20]entschleiert. So bleib es! Aber warum mus wieder ein Dezember hinter dem Mai einfallen, dein Brief-Ende? -- Deinen Vater mus ich also erst widerlegen. Ich wil mich halb zwischen seine Foderungen und halb zwischen mein Gefühl theilen. Schlafe wohl, Holde, Liebe,30 Edle! -- Künftig fang' ich meine Briefe an, eh ich deine bekomme, um mehr zu sagen, weil ich die Briefträgerin nicht ennuieren wil.
R.
nur in uns, und der Teufel ſo oft auſſer uns und hat dan keine milde Beleuchtung.
Leben Sie froh unter einem Volke, das Sie beſſer faſſen werden als dieſes Sie. Schreiben Sie mir, aber kein Brief wird mir gefallen als der längſte. —5
J. P. F. Richter
[Adr.] Demoiselle Levi.
21. An Karoline Mayer.
[Berlin, 7. Nov. 1800]
Du Liebe ſchmerzlich Beſcheidne! Quääle mich nicht länger durch10 einen Wahn, der in unſerer erſten Umarmung hätte zerrinnen ſollen! Spiel’ ich denn mit dir und mir? Seh ich dich denn gar nicht recht? — Vertraue mir mehr und dir, und laſſe mehr dein Herz ausſtrömen als deine Vernunft beleuchten. O Gute! du thuſt mir weh wenn du dich nicht glüklich fühleſt. Biſt du denn etwan nicht ganz offen? —15 Abends um 5 Uhr wenn ich von der Fr. v. Berg (bei der ich mit dem Bruder der Königin eſſe) [komme,] geh’ ich auf eine Minute zu dir und beantworte den Reſt deiner Briefe. Adio carissima.
[unten auf der nur halb gefüllten Seite:]
Dein20 R.
(Ich mag nicht höher ſtehen als du in deinem Briefe.)
22. An Karoline Mayer.
[Berlin, 8. Nov. 1800]
Dein Brief iſt mir nicht nur der ſchönſte, weil er der längſte ſondern25 auch weil er der herzlichſte iſt. Nie hat ſich ein Mädgen-Herz holder [20]entſchleiert. So bleib es! Aber warum mus wieder ein Dezember hinter dem Mai einfallen, dein Brief-Ende? — Deinen Vater mus ich alſo erſt widerlegen. Ich wil mich halb zwiſchen ſeine Foderungen und halb zwiſchen mein Gefühl theilen. Schlafe wohl, Holde, Liebe,30 Edle! — Künftig fang’ ich meine Briefe an, eh ich deine bekomme, um mehr zu ſagen, weil ich die Briefträgerin nicht ennuieren wil.
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[16/0021]
nur in uns, und der Teufel ſo oft auſſer uns und hat dan keine milde
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Leben Sie froh unter einem Volke, das Sie beſſer faſſen werden als
dieſes Sie. Schreiben Sie mir, aber kein Brief wird mir gefallen als
der längſte. — 5
J. P. F. Richter
[Adr.] Demoiselle Levi.
21. An Karoline Mayer.
[Berlin, 7. Nov. 1800]
Du Liebe ſchmerzlich Beſcheidne! Quääle mich nicht länger durch 10
einen Wahn, der in unſerer erſten Umarmung hätte zerrinnen ſollen!
Spiel’ ich denn mit dir und mir? Seh ich dich denn gar nicht recht? —
Vertraue mir mehr und dir, und laſſe mehr dein Herz ausſtrömen
als deine Vernunft beleuchten. O Gute! du thuſt mir weh wenn du
dich nicht glüklich fühleſt. Biſt du denn etwan nicht ganz offen? — 15
Abends um 5 Uhr wenn ich von der Fr. v. Berg (bei der ich mit dem
Bruder der Königin eſſe) [komme,] geh’ ich auf eine Minute zu dir
und beantworte den Reſt deiner Briefe. Adio carissima.
Dein 20
R.
(Ich mag nicht höher ſtehen als du in deinem Briefe.)
22. An Karoline Mayer.
[Berlin, 8. Nov. 1800]
Dein Brief iſt mir nicht nur der ſchönſte, weil er der längſte ſondern 25
auch weil er der herzlichſte iſt. Nie hat ſich ein Mädgen-Herz holder
entſchleiert. So bleib es! Aber warum mus wieder ein Dezember
hinter dem Mai einfallen, dein Brief-Ende? — Deinen Vater mus
ich alſo erſt widerlegen. Ich wil mich halb zwiſchen ſeine Foderungen
und halb zwiſchen mein Gefühl theilen. Schlafe wohl, Holde, Liebe, 30
Edle! — Künftig fang’ ich meine Briefe an, eh ich deine bekomme,
um mehr zu ſagen, weil ich die Briefträgerin nicht ennuieren wil.
[20]
R.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/21>, abgerufen am 16.02.2025.
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