eines von Weimar für Halle, eines von Dessau hieher, bracht ich im Wagen mit auf keine andere Kosten als die des -- Beutels. -- Weis man in Bayreuth nichts vom wilden Kosmeli zu erzählen, dem Verf. der Biographie einer 42jährigen Aeffin? --
Sieh jezt bei unzähligen Arbeiten und Briefen nicht so bald auf[14]5 einen auf. -- Die Juden und Jüdinnen sind hier so fein geglättet und zugeschnitten wie ihr Gold. Eine Sozietät von vielen Tausenden zu ihrer Religions-Revoluzion geht über Europa hin. -- Leb wohl mein unvergänglich Geliebter!
Sogleich nach dem Ende des 2. B. des Titans fang' ich den grössern10 Siebenkäs-Fixlein an, nach dem ich mich so lange sehnte; die Welt sol sehr lachen.
*12. An Renate Otto in Hof.
Berlin d. 29 Okt. 1800.
Meine gute liebe Renate! In welchen Freudenhimmel auch mein15 Auge hinaufsähe, es würde doch nas werden über den Schmerz, den mir Ihr schönes Mutterherz enthüllet. Trost weis ich, ausser der Zeit, hier keinen als noch den, daß diese kleinen Blumen, die der Tod schon so nah an der Erde abbricht, in die helleren Auen kommen, ohne gefühlt zu haben, was Erden-Sturm und Erden-Wetter ist.20 Wenn diese Welt mit der über uns zusammenhängt: so kan ein Kind nur unsere verlassen, weil es in jener nothwendig ist. Wenn nichts ver- geblich geschieht: so kan auch kein Tod vergeblich sein. --
Ich schreibe diese Worte in Eile. -- Ich habe hier frohe Tage, fast zu frohe für meine Gesundheit und Arbeit. --25
Alles Liebe sei gegrüsset, in und ausser dem Hause! Ahlefeldt grüsset Sie herzlich. -- Lebe wohl, gute Mutter, unvergesliche Freundin!
R.
13. An Thieriot in Leipzig.
Berlin d. 29 Okt. 1800.30
Mein guter Aemil! Ich empfieng alle Ihre Brief--lein--gen. Unendlich süs waren mir -- die linguistischen Lizenzen ausgenommen -- "Abends im Felde", "Unbestand des Lebens", "24 Junius", "Timon", Commonprayer; und Ihre reiche anagrammatische Al- geber des J. P. -- Im Jakobischen Taschenbuch erscheint von mir35
eines von Weimar für Halle, eines von Dessau hieher, bracht ich im Wagen mit auf keine andere Koſten als die des — Beutels. — Weis man in Bayreuth nichts vom wilden Kosmeli zu erzählen, dem Verf. der Biographie einer 42jährigen Aeffin? —
Sieh jezt bei unzähligen Arbeiten und Briefen nicht ſo bald auf[14]5 einen auf. — Die Juden und Jüdinnen ſind hier ſo fein geglättet und zugeſchnitten wie ihr Gold. Eine Sozietät von vielen Tauſenden zu ihrer Religions-Revoluzion geht über Europa hin. — Leb wohl mein unvergänglich Geliebter!
Sogleich nach dem Ende des 2. B. des Titans fang’ ich den gröſſern10 Siebenkäs-Fixlein an, nach dem ich mich ſo lange ſehnte; die Welt ſol ſehr lachen.
*12. An Renate Otto in Hof.
Berlin d. 29 Okt. 1800.
Meine gute liebe Renate! In welchen Freudenhimmel auch mein15 Auge hinaufſähe, es würde doch nas werden über den Schmerz, den mir Ihr ſchönes Mutterherz enthüllet. Troſt weis ich, auſſer der Zeit, hier keinen als noch den, daß dieſe kleinen Blumen, die der Tod ſchon ſo nah an der Erde abbricht, in die helleren Auen kommen, ohne gefühlt zu haben, was Erden-Sturm und Erden-Wetter iſt.20 Wenn dieſe Welt mit der über uns zuſammenhängt: ſo kan ein Kind nur unſere verlaſſen, weil es in jener nothwendig iſt. Wenn nichts ver- geblich geſchieht: ſo kan auch kein Tod vergeblich ſein. —
Ich ſchreibe dieſe Worte in Eile. — Ich habe hier frohe Tage, faſt zu frohe für meine Geſundheit und Arbeit. —25
Alles Liebe ſei gegrüſſet, in und auſſer dem Hauſe! Ahlefeldt grüſſet Sie herzlich. — Lebe wohl, gute Mutter, unvergesliche Freundin!
R.
13. An Thieriot in Leipzig.
Berlin d. 29 Okt. 1800.30
Mein guter Aemil! Ich empfieng alle Ihre Brief—lein—gen. Unendlich ſüs waren mir — die linguiſtiſchen Lizenzen ausgenommen — „Abends im Felde“, „Unbeſtand des Lebens“, „24 Junius“, „Timon“, Commonprayer; und Ihre reiche anagrammatiſche Al- geber des J. P. — Im Jakobiſchen Taſchenbuch erſcheint von mir35
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eines von Weimar für Halle, eines von Dessau hieher, bracht ich im
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man in Bayreuth nichts vom wilden Kosmeli zu erzählen, dem Verf.
der Biographie einer 42jährigen Aeffin? —
Sieh jezt bei unzähligen Arbeiten und Briefen nicht ſo bald auf 5
einen auf. — Die Juden und Jüdinnen ſind hier ſo fein geglättet und
zugeſchnitten wie ihr Gold. Eine Sozietät von vielen Tauſenden zu
ihrer Religions-Revoluzion geht über Europa hin. — Leb wohl mein
unvergänglich Geliebter!
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Sogleich nach dem Ende des 2. B. des Titans fang’ ich den gröſſern 10
Siebenkäs-Fixlein an, nach dem ich mich ſo lange ſehnte; die Welt
ſol ſehr lachen.
*12. An Renate Otto in Hof.
Berlin d. 29 Okt. 1800.
Meine gute liebe Renate! In welchen Freudenhimmel auch mein 15
Auge hinaufſähe, es würde doch nas werden über den Schmerz, den
mir Ihr ſchönes Mutterherz enthüllet. Troſt weis ich, auſſer der
Zeit, hier keinen als noch den, daß dieſe kleinen Blumen, die der Tod
ſchon ſo nah an der Erde abbricht, in die helleren Auen kommen,
ohne gefühlt zu haben, was Erden-Sturm und Erden-Wetter iſt. 20
Wenn dieſe Welt mit der über uns zuſammenhängt: ſo kan ein Kind
nur unſere verlaſſen, weil es in jener nothwendig iſt. Wenn nichts ver-
geblich geſchieht: ſo kan auch kein Tod vergeblich ſein. —
Ich ſchreibe dieſe Worte in Eile. — Ich habe hier frohe Tage, faſt
zu frohe für meine Geſundheit und Arbeit. — 25
Alles Liebe ſei gegrüſſet, in und auſſer dem Hauſe! Ahlefeldt
grüſſet Sie herzlich. — Lebe wohl, gute Mutter, unvergesliche
Freundin!
R.
13. An Thieriot in Leipzig.
Berlin d. 29 Okt. 1800. 30
Mein guter Aemil! Ich empfieng alle Ihre Brief—lein—gen.
Unendlich ſüs waren mir — die linguiſtiſchen Lizenzen ausgenommen
— „Abends im Felde“, „Unbeſtand des Lebens“, „24 Junius“,
„Timon“, Commonprayer; und Ihre reiche anagrammatiſche Al-
geber des J. P. — Im Jakobiſchen Taſchenbuch erſcheint von mir 35
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/16>, abgerufen am 16.07.2024.
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