wint und daß Ihr Staat Verdienste mit nichts belohnt als mit Ge- legenheiten, sie zu verdoppeln. Ich kan Ihnen nicht sagen, wie tief [133]und hart meiner C. der Gedanke Ihrer Klage so wie der Anklage in das weiche nur aus Liebe gewebte Herz grif! Sie liebt eben so ewig als heftig. Daher hat die harte ungerechte Minna so sehr Unrecht, die5 gerade an die Gräfin alle die Beleidigungen gegen mich und C. wieder- holte, über deren Ausplauderung sie jene verklagte. Ich bitte Sie, lassen Sie sich von Minna die C.s Antwort auf ihren Scheidebrief vorlegen; denn jezt haben Sie nur einseitige Akten gelesen. -- Gleich- wohl schrieb sie ihr vor einigen Tagen wieder und ich störte ihr schönes10 Herz nicht in seiner Ergiessung, ob ich gleich gegen dieselbe bin. C. hat kein Ebenbild und keinen Neben-Engel weiter als Ernestine. -- Leben Sie wohl, geliebtester Vater! Meine Liebe und Verehrung für Sie ist so ewig wie mein Dank.
R.15
213. An J. A. Kanne.
[Kopie][Meiningen, 24. Nov. 1801]
Man kan im metall[ischen] Leipzig nicht ohne Midas Hand [?] leben. Genov[eva] und Publ[ikum] -- [bei] Nachläss[igkeiten] ists wie [bei] Heiligen: nicht die moralische Höhe, sondern die unmora-20 lische Manier sie zu zeigen verfolgt man; nicht das Götliche sondern das Menschliche.
214. An Christian Otto.
M[einingen] d. 21. Nov. 1801.
Lieber! Ich wil nach meiner Art einen Brief in einem Jahre an-25 fangen, und fortschicken im andern. Du hast mir ganze Bibliotheken vol zu melden. Da wir auszogen, brachte mich die Beredsamkeit meiner Frau an das Brief-Rangieren, wobei sie doch 3/4 that. Jezt ist der Berg gesondert und geschmolzen. Deine -- Emanuels -- Thieriots -- etc. Br[iefe] haben eigne Rubriken und Bindfäden; andere B[riefe]30 stehen unter der Aufschrift: Briefe, die mir Ehre machen -- oder unter der: weibliches Herzens-Ragout -- oder Verlegerbriefe u. s. w. ver- mischt beisammen. Die Unkrauts-Hälfte heizt, wie die Alexan- [134]dr[inische] Bibliothek. -- Vorgestern abends fand ich von der Post eine Folio-Kapsel, und darin eine englische Folio-Ausgabe von Young35
wint und daß Ihr Staat Verdienſte mit nichts belohnt als mit Ge- legenheiten, ſie zu verdoppeln. Ich kan Ihnen nicht ſagen, wie tief [133]und hart meiner C. der Gedanke Ihrer Klage ſo wie der Anklage in das weiche nur aus Liebe gewebte Herz grif! Sie liebt eben ſo ewig als heftig. Daher hat die harte ungerechte Minna ſo ſehr Unrecht, die5 gerade an die Gräfin alle die Beleidigungen gegen mich und C. wieder- holte, über deren Ausplauderung ſie jene verklagte. Ich bitte Sie, laſſen Sie ſich von Minna die 〈C.s〉 Antwort auf ihren Scheidebrief vorlegen; denn jezt haben Sie nur einſeitige Akten geleſen. — Gleich- wohl ſchrieb ſie ihr vor einigen Tagen wieder und ich ſtörte ihr ſchönes10 Herz nicht in ſeiner Ergieſſung, ob ich gleich gegen dieſelbe bin. C. hat kein Ebenbild und keinen Neben-Engel weiter als Ernestine. — Leben Sie wohl, geliebteſter Vater! Meine Liebe und Verehrung für Sie iſt ſo ewig wie mein Dank.
R.15
213. An J. A. Kanne.
[Kopie][Meiningen, 24. Nov. 1801]
Man kan im metall[iſchen] Leipzig nicht ohne Midas Hand [?] leben. Genov[eva] und Publ[ikum] — [bei] Nachläſſ[igkeiten] iſts wie [bei] Heiligen: nicht die moraliſche Höhe, ſondern die unmora-20 liſche Manier ſie zu zeigen verfolgt man; nicht das Götliche ſondern das Menſchliche.
214. An Chriſtian Otto.
M[einingen] d. 21. Nov. 1801.
Lieber! Ich wil nach meiner Art einen Brief in einem Jahre an-25 fangen, und fortſchicken im andern. Du haſt mir ganze Bibliotheken vol zu melden. Da wir auszogen, brachte mich die Beredſamkeit meiner Frau an das Brief-Rangieren, wobei ſie doch ¾ that. Jezt iſt der Berg geſondert und geſchmolzen. Deine — Emanuels — Thieriots — ꝛc. Br[iefe] haben eigne Rubriken und Bindfäden; andere B[riefe]30 ſtehen unter der Aufſchrift: Briefe, die mir Ehre machen — oder unter der: weibliches Herzens-Ragout — oder Verlegerbriefe u. ſ. w. ver- miſcht beiſammen. Die Unkrauts-Hälfte heizt, wie die Alexan- [134]dr[iniſche] Bibliothek. — Vorgeſtern abends fand ich von der Poſt eine Folio-Kapſel, und darin eine engliſche Folio-Ausgabe von Young35
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und hart meiner C. der Gedanke Ihrer Klage ſo wie der Anklage
in das weiche nur aus Liebe gewebte Herz grif! Sie liebt eben ſo ewig
als heftig. Daher hat die harte ungerechte Minna ſo ſehr Unrecht, die 5
gerade an die Gräfin alle die Beleidigungen gegen mich und C. wieder-
holte, über deren Ausplauderung ſie jene verklagte. Ich bitte Sie,
laſſen Sie ſich von Minna die 〈C.s〉 Antwort auf ihren Scheidebrief
vorlegen; denn jezt haben Sie nur einſeitige Akten geleſen. — Gleich-
wohl ſchrieb ſie ihr vor einigen Tagen wieder und ich ſtörte ihr ſchönes 10
Herz nicht in ſeiner Ergieſſung, ob ich gleich gegen dieſelbe bin. C. hat
kein Ebenbild und keinen Neben-Engel weiter als Ernestine. — Leben
Sie wohl, geliebteſter Vater! Meine Liebe und Verehrung für Sie iſt
ſo ewig wie mein Dank.
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213. An J. A. Kanne.
[Meiningen, 24. Nov. 1801]
Man kan im metall[iſchen] Leipzig nicht ohne Midas Hand [?]
leben. Genov[eva] und Publ[ikum] — [bei] Nachläſſ[igkeiten] iſts
wie [bei] Heiligen: nicht die moraliſche Höhe, ſondern die unmora- 20
liſche Manier ſie zu zeigen verfolgt man; nicht das Götliche ſondern
das Menſchliche.
214. An Chriſtian Otto.
M[einingen] d. 21. Nov. 1801.
Lieber! Ich wil nach meiner Art einen Brief in einem Jahre an- 25
fangen, und fortſchicken im andern. Du haſt mir ganze Bibliotheken
vol zu melden. Da wir auszogen, brachte mich die Beredſamkeit meiner
Frau an das Brief-Rangieren, wobei ſie doch ¾ that. Jezt iſt der
Berg geſondert und geſchmolzen. Deine — Emanuels — Thieriots —
ꝛc. Br[iefe] haben eigne Rubriken und Bindfäden; andere B[riefe] 30
ſtehen unter der Aufſchrift: Briefe, die mir Ehre machen — oder unter
der: weibliches Herzens-Ragout — oder Verlegerbriefe u. ſ. w. ver-
miſcht beiſammen. Die Unkrauts-Hälfte heizt, wie die Alexan-
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eine Folio-Kapſel, und darin eine engliſche Folio-Ausgabe von Young 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/124>, abgerufen am 16.02.2025.
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