Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.nahm -- verdecken ihm seinen wärmsten Freund, den er und sie für zu Alle Welt schwört, -- schon in Berlin --, ich sei da viel fetter Auch Göthe ist -- wenigstens äusserlich -- partheiisch; jezt schweigen d. 25. Aug. Dein mich begeisternder und erbitternder heutiger Brief hat meine20 *) Du hast mich lange nicht gepriesen und ich weis nicht was ich daraus machen sol. **) und die heilige Jugendliebe, gleichsam die Herzensnerven zu Fang- und35
Nezstricken zu machen. nahm — verdecken ihm ſeinen wärmſten Freund, den er und ſie für zu Alle Welt ſchwört, — ſchon in Berlin —, ich ſei da viel fetter Auch Göthe iſt — wenigſtens äuſſerlich — partheiiſch; jezt ſchweigen d. 25. Aug. Dein mich begeiſternder und erbitternder heutiger Brief hat meine20 *) Du haſt mich lange nicht geprieſen und ich weis nicht was ich daraus machen ſol. **) und die heilige Jugendliebe, gleichſam die Herzensnerven zu Fang- und35
Nezſtricken zu machen. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0388" n="368"/> nahm — verdecken ihm ſeinen wärmſten Freund, den er und ſie für zu<lb/> ſtolz und nun bald kleiner Makulatur-Angriffe würdig halten werden.<lb/> Ach wie lieben die Menſchen! — Und doch werfen ſie nachher dem<lb/> Veränderung vor, in den ſie ſie hineingezwungen. Das andere Auge<lb/> wird dan für ein anderes Herz gehalten. Begehe nie dieſen Irthum an<lb n="5"/> mir; ob ich gleich meine Höfer Augengläſer zerbrochen und mir neue<lb/> ſchärfere geſchliffen habe.</p><lb/> <p>Alle Welt ſchwört, — ſchon in Berlin —, ich ſei da viel fetter<lb/> geworden; warlich ich fühle mich überal gepolſtert an; und doch würde<lb/> man mich im Vogtland damit kränken, daß man es läugnete, welches<lb n="10"/> die einzige Veränderung iſt, die man mir misgönt, weil ſie ver-<lb/> ſchönert <note place="foot" n="*)">Du haſt mich lange nicht geprieſen und ich weis nicht was ich daraus machen<lb/> ſol.</note>.</p><lb/> <p>Auch <hi rendition="#aq">Göthe</hi> iſt — wenigſtens äuſſerlich — partheiiſch; jezt ſchweigen<lb/> er und <hi rendition="#aq">Schiller</hi> über das gelobte Gedicht der <hi rendition="#aq">Imhof</hi> ſtil, das ich fort-<lb/> lobe. „Wie gefält Ihnen Jacobis Brief an Fichte?“ fragt ich ihn.<lb n="15"/> — „Er bleibt ſich gleich.“ — „Gott und auch der Teufel bleiben ſich<lb/> gleich“ ſagt’ ich; darauf bleibt er aus Unbehülflichkeit und Stolz und<lb/> Zorn dan — ſtum. Kein Epigram kan ihn in Bewegung ſtochern.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 25. Aug.</hi> </dateline><lb/> <p>Dein mich begeiſternder und erbitternder heutiger Brief hat meine<lb n="20"/> Pferde, (Morgen nach <hi rendition="#aq">Rudolstadt</hi>) abbeſtelt. Es iſt gar zu arg,<lb/> einer eignen Frau Kupler zu ſein und ihre Küſſe zu vermiethen <note place="foot" n="**)">und die heilige Jugendliebe, gleichſam die Herzensnerven zu Fang- und<lb n="35"/> Nezſtricken zu machen.</note>. An-<lb/> fangs ſchrieb ſie mir nur einen Präliminarbrief — dan einen 2<hi rendition="#sup">ten</hi> mit<lb/> der Drohung des Kommens — dan als ich ſagen lies, ſie ſolten bis<lb/> auf [meine] Berliner Rükkehr warten, damit ſie mich nicht verfehlten,<lb n="25"/> waren beide den andern Morgen gerührt vor der Thüre. Sie muſte<lb/> zum 2<hi rendition="#sup">ten</hi> mal zur <hi rendition="#aq">Schroeder</hi> durchaus; (er hatte ſich unterdes aus<lb/> meinen Flaſchen Muth angeſoffen) da trug er mir ſein Vertrauen an.<lb/> Ob ich gleich wuſte, daß ſie mich nur zur Einſchläferung nach <hi rendition="#aq">R.</hi> ziehen<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_396">[396]</ref></note>wolten: ſo fügt’ ich mich doch; aber da ich, nach deinem Briefe, keine<lb n="30"/> Liebe mehr mitbringen und ohne dieſe nirgends ſein kan: ſo ärger’ ich<lb/> mich blos, daß ich geſtern nicht nach <hi rendition="#aq">Cassel</hi> gefahren bin, wohin ich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [368/0388]
nahm — verdecken ihm ſeinen wärmſten Freund, den er und ſie für zu
ſtolz und nun bald kleiner Makulatur-Angriffe würdig halten werden.
Ach wie lieben die Menſchen! — Und doch werfen ſie nachher dem
Veränderung vor, in den ſie ſie hineingezwungen. Das andere Auge
wird dan für ein anderes Herz gehalten. Begehe nie dieſen Irthum an 5
mir; ob ich gleich meine Höfer Augengläſer zerbrochen und mir neue
ſchärfere geſchliffen habe.
Alle Welt ſchwört, — ſchon in Berlin —, ich ſei da viel fetter
geworden; warlich ich fühle mich überal gepolſtert an; und doch würde
man mich im Vogtland damit kränken, daß man es läugnete, welches 10
die einzige Veränderung iſt, die man mir misgönt, weil ſie ver-
ſchönert *).
Auch Göthe iſt — wenigſtens äuſſerlich — partheiiſch; jezt ſchweigen
er und Schiller über das gelobte Gedicht der Imhof ſtil, das ich fort-
lobe. „Wie gefält Ihnen Jacobis Brief an Fichte?“ fragt ich ihn. 15
— „Er bleibt ſich gleich.“ — „Gott und auch der Teufel bleiben ſich
gleich“ ſagt’ ich; darauf bleibt er aus Unbehülflichkeit und Stolz und
Zorn dan — ſtum. Kein Epigram kan ihn in Bewegung ſtochern.
d. 25. Aug.
Dein mich begeiſternder und erbitternder heutiger Brief hat meine 20
Pferde, (Morgen nach Rudolstadt) abbeſtelt. Es iſt gar zu arg,
einer eignen Frau Kupler zu ſein und ihre Küſſe zu vermiethen **). An-
fangs ſchrieb ſie mir nur einen Präliminarbrief — dan einen 2ten mit
der Drohung des Kommens — dan als ich ſagen lies, ſie ſolten bis
auf [meine] Berliner Rükkehr warten, damit ſie mich nicht verfehlten, 25
waren beide den andern Morgen gerührt vor der Thüre. Sie muſte
zum 2ten mal zur Schroeder durchaus; (er hatte ſich unterdes aus
meinen Flaſchen Muth angeſoffen) da trug er mir ſein Vertrauen an.
Ob ich gleich wuſte, daß ſie mich nur zur Einſchläferung nach R. ziehen
wolten: ſo fügt’ ich mich doch; aber da ich, nach deinem Briefe, keine 30
Liebe mehr mitbringen und ohne dieſe nirgends ſein kan: ſo ärger’ ich
mich blos, daß ich geſtern nicht nach Cassel gefahren bin, wohin ich
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*) Du haſt mich lange nicht geprieſen und ich weis nicht was ich daraus machen
ſol.
**) und die heilige Jugendliebe, gleichſam die Herzensnerven zu Fang- und 35
Nezſtricken zu machen.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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