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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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burtstage unsers Otto Ihre und seine Thränen sinken und ihr an euere
Herzen: so ist meines erinnernd und wünschend auch bei Euch!

Ihr alter Freund R.
163. An Karoline Herold.
[Kopie]5

Siz der Seeligen oder des Seeligen. Welche seltsame Regung fült
wie eine warme Quelle den ganzen Tag die Brust, wenn ein freund-
licher Traum ein geliebtes Wesen über alle Fernen an die sehnsüchtige
Brust getragen, wenn 2 Schlafende wie 2 Abgeschiedene einander be-
gegnen im Schattenreich des Traums. Ich wurde unbewust in die10
Arme des schönen Ebenbilds gezogen. Den Traum durchdringen und
die Gedanken umarmen.

164. An Christian Otto.

Lieber Otto! Gestern erhielt ich deinen Brief, aber erst durch einen15
zufälligen 1tägigen Umweg über Belvedere. -- Zuerst die Antworten!
Ein Krankenlager ist bei mir unmöglich, wenns nicht ein chirurgisches
ist. Sonderbar, ich paste ärgerlich hier auf euch und ihr auf mich. Aber
bedenkt keine Seele mehr, daß ich vor Arbeiten, Lesen*) -- der herlichen
Herderschen und Böttigerschen Bibliotheken -- und Gängen und20
Briefen (denn durch meine Leipz[iger] Flucht hab ich wieder ein Brief
Feleisen auf dem Hals) so wenig Zeit habe, daß schon das Annehmen
eines Briefes eine ausführliche Antwort darauf ist? Du allein scheinst
genügsamer, denn du verlangst, ich sol blos mehr schreiben wie du,
welches wenig ist und ich auch in Leipzig that. Seit einiger Zeit halt25
[139]ich mir ein langes Papier, worauf die Namen der Personen stehen, an
die eben zu schreiben ist, welches jezt erst 15 sind. Blos dir widm' ich
die einfältigsten Briefe, weil ich in den kurzen an andere Leute nichts
erzähle und nur Sachen treibe.

Der Mädgen-Briefwechsler Emanuel erbosset mich an meisten --30
jezt noch gar durch seine Ocher-Dinte (in deiner Satire), wovon es
kein Beispiel giebt, selber nicht in deinem Dintenfas. Diese Dinte und
dein Hineinkorrigieren geben mir einen Vorschmak, wie mir wäre,

*) von mehrerern langen Mspten, z. B. die Metakritik.

burtstage unſers Otto Ihre und ſeine Thränen ſinken und ihr an euere
Herzen: ſo iſt meines erinnernd und wünſchend auch bei Euch!

Ihr alter Freund R.
163. An Karoline Herold.
[Kopie]5

Siz der Seeligen oder des Seeligen. Welche ſeltſame Regung fült
wie eine warme Quelle den ganzen Tag die Bruſt, wenn ein freund-
licher Traum ein geliebtes Weſen über alle Fernen an die ſehnſüchtige
Bruſt getragen, wenn 2 Schlafende wie 2 Abgeſchiedene einander be-
gegnen im Schattenreich des Traums. Ich wurde unbewuſt in die10
Arme des ſchönen Ebenbilds gezogen. Den Traum durchdringen und
die Gedanken umarmen.

164. An Chriſtian Otto.

Lieber Otto! Geſtern erhielt ich deinen Brief, aber erſt durch einen15
zufälligen 1tägigen Umweg über Belvedere. — Zuerſt die Antworten!
Ein Krankenlager iſt bei mir unmöglich, wenns nicht ein chirurgiſches
iſt. Sonderbar, ich paſte ärgerlich hier auf euch und ihr auf mich. Aber
bedenkt keine Seele mehr, daß ich vor Arbeiten, Leſen*) — der herlichen
Herderschen und Böttigerschen Bibliotheken — und Gängen und20
Briefen (denn durch meine Leipz[iger] Flucht hab ich wieder ein Brief
Feleiſen auf dem Hals) ſo wenig Zeit habe, daß ſchon das Annehmen
eines Briefes eine ausführliche Antwort darauf iſt? Du allein ſcheinſt
genügſamer, denn du verlangſt, ich ſol blos mehr ſchreiben wie du,
welches wenig iſt und ich auch in Leipzig that. Seit einiger Zeit halt25
[139]ich mir ein langes Papier, worauf die Namen der Perſonen ſtehen, an
die eben zu ſchreiben iſt, welches jezt erſt 15 ſind. Blos dir widm’ ich
die einfältigſten Briefe, weil ich in den kurzen an andere Leute nichts
erzähle und nur Sachen treibe.

Der Mädgen-Briefwechsler Emanuel erboſſet mich an meiſten —30
jezt noch gar durch ſeine Ocher-Dinte (in deiner Satire), wovon es
kein Beiſpiel giebt, ſelber nicht in deinem Dintenfas. Dieſe Dinte und
dein Hineinkorrigieren geben mir einen Vorſchmak, wie mir wäre,

*) von mehrerern langen Mſpten, z. B. die Metakritik.
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[124/0134] burtstage unſers Otto Ihre und ſeine Thränen ſinken und ihr an euere Herzen: ſo iſt meines erinnernd und wünſchend auch bei Euch! Ihr alter Freund R. 163. An Karoline Herold. [Weimar, 30. Nov. 1798] 5 Siz der Seeligen oder des Seeligen. Welche ſeltſame Regung fült wie eine warme Quelle den ganzen Tag die Bruſt, wenn ein freund- licher Traum ein geliebtes Weſen über alle Fernen an die ſehnſüchtige Bruſt getragen, wenn 2 Schlafende wie 2 Abgeſchiedene einander be- gegnen im Schattenreich des Traums. Ich wurde unbewuſt in die 10 Arme des ſchönen Ebenbilds gezogen. Den Traum durchdringen und die Gedanken umarmen. 164. An Chriſtian Otto. Weimar d. 30. Nov. 98 [Freitag]. Lieber Otto! Geſtern erhielt ich deinen Brief, aber erſt durch einen 15 zufälligen 1tägigen Umweg über Belvedere. — Zuerſt die Antworten! Ein Krankenlager iſt bei mir unmöglich, wenns nicht ein chirurgiſches iſt. Sonderbar, ich paſte ärgerlich hier auf euch und ihr auf mich. Aber bedenkt keine Seele mehr, daß ich vor Arbeiten, Leſen *) — der herlichen Herderschen und Böttigerschen Bibliotheken — und Gängen und 20 Briefen (denn durch meine Leipz[iger] Flucht hab ich wieder ein Brief Feleiſen auf dem Hals) ſo wenig Zeit habe, daß ſchon das Annehmen eines Briefes eine ausführliche Antwort darauf iſt? Du allein ſcheinſt genügſamer, denn du verlangſt, ich ſol blos mehr ſchreiben wie du, welches wenig iſt und ich auch in Leipzig that. Seit einiger Zeit halt 25 ich mir ein langes Papier, worauf die Namen der Perſonen ſtehen, an die eben zu ſchreiben iſt, welches jezt erſt 15 ſind. Blos dir widm’ ich die einfältigſten Briefe, weil ich in den kurzen an andere Leute nichts erzähle und nur Sachen treibe. [139] Der Mädgen-Briefwechsler Emanuel erboſſet mich an meiſten — 30 jezt noch gar durch ſeine Ocher-Dinte (in deiner Satire), wovon es kein Beiſpiel giebt, ſelber nicht in deinem Dintenfas. Dieſe Dinte und dein Hineinkorrigieren geben mir einen Vorſchmak, wie mir wäre, *) von mehrerern langen Mſpten, z. B. die Metakritik.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/134>, abgerufen am 24.11.2024.