Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.[136]Kritik gesammelt -- und Fichte wirft sie den Kantianern vor -- woraus Mich dünkt, die Rüge dieser Zweideutigkeit zwischen Realismus und -- Und nun legen Sie, verehrtester Genius, Ihre lossprechende Die Kürze der Zeit nahm meiner Sprache die Bescheidenheit -- ich Ich hatte heute und gestern keine andern Gedanken als Ihre. Ich Verzeihen Sie einer Seele, die Sie so unaussprechlich liebt und Richter 159. An Böttiger. [Weimar, Nov. 1798]30Lieber Panhistor und Oligograph, zum Unterschiede der Pangraphen [136]Kritik geſammelt — und Fichte wirft ſie den Kantianern vor — woraus Mich dünkt, die Rüge dieſer Zweideutigkeit zwiſchen Realiſmus und — Und nun legen Sie, verehrteſter Genius, Ihre losſprechende Die Kürze der Zeit nahm meiner Sprache die Beſcheidenheit — ich Ich hatte heute und geſtern keine andern Gedanken als Ihre. Ich Verzeihen Sie einer Seele, die Sie ſo unausſprechlich liebt und Richter 159. An Böttiger. [Weimar, Nov. 1798]30Lieber Panhiſtor und Oligograph, zum Unterſchiede der Pangraphen <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="122"/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_136">[136]</ref></note>Kritik geſammelt — und Fichte wirft ſie den Kantianern vor — woraus<lb/> erſcheint, daß nach ihr die ganze Natur ein blos im Raum in uns, ge-<lb/> faſſetes und von den Kategorien figuriertes und ausgezaktes Gebäk ſei.<lb/> Das = <hi rendition="#aq">x</hi> an ſich bleib’ uns, nach ihrer Meinung ewig ein <hi rendition="#aq">x</hi> und<lb/> Nichts; nur weis ich nicht, mit welchem Grund dieſes Unerklärliche<lb n="5"/> noch zur Erklärung einer ſchon erklärten Sache beigezogen wird und<lb/> wozu die von uns geſchafne Natur noch einen äuſſern Schöpfer<lb/> braucht.</p><lb/> <p>Mich dünkt, die Rüge dieſer Zweideutigkeit zwiſchen Realiſmus und<lb/> Idealiſmus gehöre heller in Ihr Werk.<lb n="10"/> </p> <p>— Und nun legen Sie, verehrteſter Genius, Ihre losſprechende<lb/> Hand auf meinen Kopf, der auſſer der Kürze der Zeit, die durch Fremde<lb/> noch enger ward, noch ſeine eigne Beſchaffenheit für ſich hat. Es wurde<lb/> mir ſchwer und zulezt widrig, durch Ihre Blumenbeete und Frucht-<lb/> gärten ſtum zu ſchleichen und nur hinter denſelben oder bei Staubfäden<lb n="15"/> <hi rendition="#g">laut</hi> zu werden, denen nach meiner Meinung im Sexualſyſtem der<lb/> kritiſchen Klaſſifikatoren ein Misgrif drohte. —</p><lb/> <p>Die Kürze der Zeit nahm meiner Sprache die Beſcheidenheit — ich<lb/> warf alles trocken hin und lies überal das „ſcheint“ weg — wie meiner<lb/> Lektüre die ausgeſtrichnen Stellen, die ich ſo gern geleſen hätte.<lb n="20"/> </p> <p>Ich hatte heute und geſtern keine andern Gedanken als Ihre. Ich<lb/> wuſte nicht, daß ich ſchon heute am Freitag mein <hi rendition="#aq">Summarissimum</hi> als<lb/> Teufelsadvokat volführen würde.</p><lb/> <p>Verzeihen Sie einer Seele, die Sie ſo unausſprechlich liebt und<lb/> ehrt, die Fehler der Eile — der Schwäche — des Sinnes — der Kentnis<lb n="25"/> — der Kühnheit —; aber nicht des Herzens; denn dieſes kan und wird<lb/> und ſol nie in Fehler gegen ſeinen geliebteſten Lehrer fallen. Und ſo<lb/><hi rendition="#aq">vale et fave!</hi></p> <closer> <salute> <hi rendition="#sameLine"> <hi rendition="#right">Richter</hi> </hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>159. An <hi rendition="#g">Böttiger.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Weimar, Nov. 1798]</hi> </dateline> <lb n="30"/> <p>Lieber Panhiſtor und Oligograph, zum Unterſchiede der Pangraphen<lb/> und Oligohiſtors! Eben leg’ ich Ihre vortrefliche Abhandlung (auch<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_137">[137]</ref></note>als Einkleidung) über die alten Schnupftücher weg. Der Adel der<lb/> neuen liegt vielleicht auch darin, daß mehr die Augen als die Naſe<lb/> damit getroknet wird. Für mich iſt ein Schnupftuch ein Schleier. —<lb n="35"/> Ich wil abends um 6 Uhr zu <hi rendition="#aq">Md.</hi> Ludekus. Können Sie ihr das nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0132]
Kritik geſammelt — und Fichte wirft ſie den Kantianern vor — woraus
erſcheint, daß nach ihr die ganze Natur ein blos im Raum in uns, ge-
faſſetes und von den Kategorien figuriertes und ausgezaktes Gebäk ſei.
Das = x an ſich bleib’ uns, nach ihrer Meinung ewig ein x und
Nichts; nur weis ich nicht, mit welchem Grund dieſes Unerklärliche 5
noch zur Erklärung einer ſchon erklärten Sache beigezogen wird und
wozu die von uns geſchafne Natur noch einen äuſſern Schöpfer
braucht.
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Mich dünkt, die Rüge dieſer Zweideutigkeit zwiſchen Realiſmus und
Idealiſmus gehöre heller in Ihr Werk. 10
— Und nun legen Sie, verehrteſter Genius, Ihre losſprechende
Hand auf meinen Kopf, der auſſer der Kürze der Zeit, die durch Fremde
noch enger ward, noch ſeine eigne Beſchaffenheit für ſich hat. Es wurde
mir ſchwer und zulezt widrig, durch Ihre Blumenbeete und Frucht-
gärten ſtum zu ſchleichen und nur hinter denſelben oder bei Staubfäden 15
laut zu werden, denen nach meiner Meinung im Sexualſyſtem der
kritiſchen Klaſſifikatoren ein Misgrif drohte. —
Die Kürze der Zeit nahm meiner Sprache die Beſcheidenheit — ich
warf alles trocken hin und lies überal das „ſcheint“ weg — wie meiner
Lektüre die ausgeſtrichnen Stellen, die ich ſo gern geleſen hätte. 20
Ich hatte heute und geſtern keine andern Gedanken als Ihre. Ich
wuſte nicht, daß ich ſchon heute am Freitag mein Summarissimum als
Teufelsadvokat volführen würde.
Verzeihen Sie einer Seele, die Sie ſo unausſprechlich liebt und
ehrt, die Fehler der Eile — der Schwäche — des Sinnes — der Kentnis 25
— der Kühnheit —; aber nicht des Herzens; denn dieſes kan und wird
und ſol nie in Fehler gegen ſeinen geliebteſten Lehrer fallen. Und ſo
vale et fave!
Richter
159. An Böttiger.
[Weimar, Nov. 1798] 30
Lieber Panhiſtor und Oligograph, zum Unterſchiede der Pangraphen
und Oligohiſtors! Eben leg’ ich Ihre vortrefliche Abhandlung (auch
als Einkleidung) über die alten Schnupftücher weg. Der Adel der
neuen liegt vielleicht auch darin, daß mehr die Augen als die Naſe
damit getroknet wird. Für mich iſt ein Schnupftuch ein Schleier. — 35
Ich wil abends um 6 Uhr zu Md. Ludekus. Können Sie ihr das nicht
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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