etwas hereinbringen; aber ich merke wol, daß ich darüber mit 2, 3 Bögen gar nicht anfangen darf. Also auf diesen Theil deines Briefs kömt erst die Antwort. Wenn ein grosser Man eine grosse Laterne hat: so wird er wie bei uns zu Nachts, die die ihm nicht nahe genug stehen, nur desto blinder machen; daher giebt jezt das kantische System5 wie jedes neue grosse, eine Zeitlang allen Köpfen Einseitigkeit und Fesseln: das starke Licht wird selber Gegenstand und stellet sich also zwischen die Gegenstände. Blos dem nuzt jenes System, der schon vorher sein System hatte und ders also in seines zerlassen kan, oder dem Man von Kraft wie Jakobi; und blos dem schadet es nicht,10 ders -- nicht studiert hat, z. B. ich und es kan also nicht Herr über mich werden. Solt ichs aber einmal versehen und die kritische Philo- sophie wirklich davontragen: so wäre mir nimmer zu helfen und ich müste völlig denken wie sie es haben wolte.
Über die andern Punkte deines Briefs wil ich heute abends mit15 dir reden, aus Mangel an Zeit. Habe noch einmal Dank für alles womit du deine Liebe offenbarst gegen deinen
Freund Richter.
Abends gieb mir 3 rtl., weil du nicht da bist, und weil die Feiertage20 da sind.
116. An Joh. Georg Herold.
[Kopie][Hof, 3. Juni 1795]
Dieser Abendstern ist leider gegen die Natur seines Namens- vettern am Himmel aus lauter hizigen Zonen zusammengesezt und25 ich bin begierig, ob die Leute die Hize aushalten. Wenn er Ihnen so viel Vergnügen als mir etc. als ich in dem Hause gefunden, worin er ankömt: so ist das Buch noch besser als Ihr etc.
117. An Emanuel.
Hof d. 3 Jun. 95.30
Mein Theuerster,
Hier ist endlich das Ende Ihres Exemplars -- und das ganze für H. Schäfer.
[83]Meine Seele hat Ihnen schon lange nicht auf dem Briefpapier -- dafür desto mehr auf Drukpapier -- die Hände reichen können; und35
etwas hereinbringen; aber ich merke wol, daß ich darüber mit 2, 3 Bögen gar nicht anfangen darf. Alſo auf dieſen Theil deines Briefs kömt erſt die Antwort. Wenn ein groſſer Man eine groſſe Laterne hat: ſo wird er wie bei uns zu Nachts, die die ihm nicht nahe genug ſtehen, nur deſto blinder machen; daher giebt jezt das kantiſche Syſtem5 wie jedes neue groſſe, eine Zeitlang allen Köpfen Einſeitigkeit und Feſſeln: das ſtarke Licht wird ſelber Gegenſtand und ſtellet ſich alſo zwiſchen die Gegenſtände. Blos dem nuzt jenes Syſtem, der ſchon vorher ſein Syſtem hatte und ders alſo in ſeines zerlaſſen kan, oder dem Man von Kraft wie Jakobi; und blos dem ſchadet es nicht,10 ders — nicht ſtudiert hat, z. B. ich und es kan alſo nicht Herr über mich werden. Solt ichs aber einmal verſehen und die kritiſche Philo- ſophie wirklich davontragen: ſo wäre mir nimmer zu helfen und ich müſte völlig denken wie ſie es haben wolte.
Über die andern Punkte deines Briefs wil ich heute abends mit15 dir reden, aus Mangel an Zeit. Habe noch einmal Dank für alles womit du deine Liebe offenbarſt gegen deinen
Freund Richter.
Abends gieb mir 3 rtl., weil du nicht da biſt, und weil die Feiertage20 da ſind.
116. An Joh. Georg Herold.
[Kopie][Hof, 3. Juni 1795]
Dieſer Abendſtern iſt leider gegen die Natur ſeines Namens- vettern am Himmel aus lauter hizigen Zonen zuſammengeſezt und25 ich bin begierig, ob die Leute die Hize aushalten. Wenn er Ihnen ſo viel Vergnügen als mir ꝛc. als ich in dem Hauſe gefunden, worin er ankömt: ſo iſt das Buch noch beſſer als Ihr ꝛc.
117. An Emanuel.
Hof d. 3 Jun. 95.30
Mein Theuerſter,
Hier iſt endlich das Ende Ihres Exemplars — und das ganze für H. Schäfer.
[83]Meine Seele hat Ihnen ſchon lange nicht auf dem Briefpapier — dafür deſto mehr auf Drukpapier — die Hände reichen können; und35
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ſo wird er wie bei uns zu Nachts, die die ihm nicht nahe genug
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wie jedes neue groſſe, eine Zeitlang allen Köpfen Einſeitigkeit und
Feſſeln: das ſtarke Licht wird ſelber Gegenſtand und ſtellet ſich alſo
zwiſchen die Gegenſtände. Blos dem nuzt jenes Syſtem, der ſchon
vorher ſein Syſtem hatte und ders alſo in ſeines zerlaſſen kan, oder
dem Man von Kraft wie Jakobi; und blos dem ſchadet es nicht, 10
ders — nicht ſtudiert hat, z. B. ich und es kan alſo nicht Herr über
mich werden. Solt ichs aber einmal verſehen und die kritiſche Philo-
ſophie wirklich davontragen: ſo wäre mir nimmer zu helfen und ich
müſte völlig denken wie ſie es haben wolte.
Über die andern Punkte deines Briefs wil ich heute abends mit 15
dir reden, aus Mangel an Zeit. Habe noch einmal Dank für alles
womit du deine Liebe offenbarſt gegen deinen
Freund
Richter.
Abends gieb mir 3 rtl., weil du nicht da biſt, und weil die Feiertage 20
da ſind.
116. An Joh. Georg Herold.
[Hof, 3. Juni 1795]
Dieſer Abendſtern iſt leider gegen die Natur ſeines Namens-
vettern am Himmel aus lauter hizigen Zonen zuſammengeſezt und 25
ich bin begierig, ob die Leute die Hize aushalten. Wenn er Ihnen ſo
viel Vergnügen als mir ꝛc. als ich in dem Hauſe gefunden, worin er
ankömt: ſo iſt das Buch noch beſſer als Ihr ꝛc.
117. An Emanuel.
Hof d. 3 Jun. 95. 30
Mein Theuerſter,
Hier iſt endlich das Ende Ihres Exemplars — und das ganze für
H. Schäfer.
Meine Seele hat Ihnen ſchon lange nicht auf dem Briefpapier —
dafür deſto mehr auf Drukpapier — die Hände reichen können; und 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/98>, abgerufen am 30.07.2024.
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