erschaffen, wenn ich den aus meinem Geiste ausgegangnen Geist mehr an Ihrem Herzen als in Ihren Händen sehe, mehr väterlich gepflegt als kaufmännisch gewogen, mehr als Glaubens- denn als Handelsartikel. Es würde nicht meine Schuld sein, wenn wir beide jemals auseinander- kämen -- und wärs auch, so würd' ich den nie verkennen, dem ich einmal5 Worte wie diese geschrieben. Sie haben daher alzeit das Vorkaufs- recht bei allen meinen künftigen Manuskripten: nehmen Sie sie nicht, so haben wir nur weniger Geschäfte, nicht weniger Liebe. Ich werd' Ihnen nächstens ein kleines leichter geschriebenes Bändgen wieder anbieten: ich bin nur heute zu eilig.10
Sie haben über die bäotische [!] Rezension etc. sich nicht die geringste Schuld zu geben, nur das ausgenommen -- was mir als einem offen- herzigen Freunde zu tadeln erlaubt sein mus --, daß Sie dem quäkenden Froschlaich, der fremde Eier rezensiert, nicht soviel Ködermücken in den Teich zuwerfen [solten] -- Lassen wir die versunkne Menagerie in ihrem15 Schlam. Für die Lesewelt: die Kapitel kürzer als den Styl zu machen -- sich keine Mühe zu geben, um keine zu machen -- im Schlafe zu schrei- ben, damit andere [?] im Schlafe lesen können. Pflicht, dem Ideal des Schönen auf eigne Kosten treu zu bleiben und einige Bequemlichkeit eines vorüberrinnenden Seins gern der Wahl ewiger Gedanken hin-20 zugeben.
99. An Christian Otto.
[Hof, 18. April 1795. Sonnabend]
Guten Morgen! Diese Bücher kommen doch nicht zu späte. Da das Queksilber wieder in die Höhe geht: so werden wirs doch heute auch25 thun und hinaufreisen; und wenn nach dem Essen?
100. An Christian Otto.
[Hof, 20. April 1795]
Sei so gut, schreib' mir den Frachtzettel, was der litterarische Güterwagen uns von Leipzig zugefahren. Und zweitens magst du keine[69]30 Fracht sein und dich von deiner Schwester und mir hinunter zu H[erold] mitnehmen lassen? Der Bey ist in Bayreuth.
erſchaffen, wenn ich den aus meinem Geiſte ausgegangnen Geiſt mehr an Ihrem Herzen als in Ihren Händen ſehe, mehr väterlich gepflegt als kaufmänniſch gewogen, mehr als Glaubens- denn als Handelsartikel. Es würde nicht meine Schuld ſein, wenn wir beide jemals auseinander- kämen — und wärs auch, ſo würd’ ich den nie verkennen, dem ich einmal5 Worte wie dieſe geſchrieben. Sie haben daher alzeit das Vorkaufs- recht bei allen meinen künftigen Manuſkripten: nehmen Sie ſie nicht, ſo haben wir nur weniger Geſchäfte, nicht weniger Liebe. Ich werd’ Ihnen nächſtens ein kleines leichter geſchriebenes Bändgen wieder anbieten: ich bin nur heute zu eilig.10
Sie haben über die bäotiſche [!] Rezenſion ꝛc. ſich nicht die geringſte Schuld zu geben, nur das ausgenommen — was mir als einem offen- herzigen Freunde zu tadeln erlaubt ſein mus —, daß Sie dem quäkenden Froſchlaich, der fremde Eier rezenſiert, nicht ſoviel Ködermücken in den Teich zuwerfen [ſolten] — Laſſen wir die verſunkne Menagerie in ihrem15 Schlam. Für die Leſewelt: die Kapitel kürzer als den Styl zu machen — ſich keine Mühe zu geben, um keine zu machen — im Schlafe zu ſchrei- ben, damit andere [?] im Schlafe leſen können. Pflicht, dem Ideal des Schönen auf eigne Koſten treu zu bleiben und einige Bequemlichkeit eines vorüberrinnenden Seins gern der Wahl ewiger Gedanken hin-20 zugeben.
99. An Chriſtian Otto.
[Hof, 18. April 1795. Sonnabend]
Guten Morgen! Dieſe Bücher kommen doch nicht zu ſpäte. Da das Quekſilber wieder in die Höhe geht: ſo werden wirs doch heute auch25 thun und hinaufreiſen; und wenn nach dem Eſſen?
100. An Chriſtian Otto.
[Hof, 20. April 1795]
Sei ſo gut, ſchreib’ mir den Frachtzettel, was der litterariſche Güterwagen uns von Leipzig zugefahren. Und zweitens magſt du keine[69]30 Fracht ſein und dich von deiner Schweſter und mir hinunter zu H[erold] mitnehmen laſſen? Der Bey iſt in Bayreuth.
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erſchaffen, wenn ich den aus meinem Geiſte ausgegangnen Geiſt mehr
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kaufmänniſch gewogen, mehr als Glaubens- denn als Handelsartikel.
Es würde nicht meine Schuld ſein, wenn wir beide jemals auseinander-
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Worte wie dieſe geſchrieben. Sie haben daher alzeit das Vorkaufs-
recht bei allen meinen künftigen Manuſkripten: nehmen Sie ſie nicht,
ſo haben wir nur weniger Geſchäfte, nicht weniger Liebe. Ich werd’
Ihnen nächſtens ein kleines leichter geſchriebenes Bändgen wieder
anbieten: ich bin nur heute zu eilig. 10
Sie haben über die bäotiſche [!] Rezenſion ꝛc. ſich nicht die geringſte
Schuld zu geben, nur das ausgenommen — was mir als einem offen-
herzigen Freunde zu tadeln erlaubt ſein mus —, daß Sie dem quäkenden
Froſchlaich, der fremde Eier rezenſiert, nicht ſoviel Ködermücken in den
Teich zuwerfen [ſolten] — Laſſen wir die verſunkne Menagerie in ihrem 15
Schlam. Für die Leſewelt: die Kapitel kürzer als den Styl zu machen —
ſich keine Mühe zu geben, um keine zu machen — im Schlafe zu ſchrei-
ben, damit andere [?] im Schlafe leſen können. Pflicht, dem Ideal des
Schönen auf eigne Koſten treu zu bleiben und einige Bequemlichkeit
eines vorüberrinnenden Seins gern der Wahl ewiger Gedanken hin- 20
zugeben.
99. An Chriſtian Otto.
[Hof, 18. April 1795. Sonnabend]
Guten Morgen! Dieſe Bücher kommen doch nicht zu ſpäte. Da das
Quekſilber wieder in die Höhe geht: ſo werden wirs doch heute auch 25
thun und hinaufreiſen; und wenn nach dem Eſſen?
100. An Chriſtian Otto.
[Hof, 20. April 1795]
Sei ſo gut, ſchreib’ mir den Frachtzettel, was der litterariſche
Güterwagen uns von Leipzig zugefahren. Und zweitens magſt du keine 30
Fracht ſein und dich von deiner Schweſter und mir hinunter zu H[erold]
mitnehmen laſſen? Der Bey iſt in Bayreuth.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/84>, abgerufen am 07.07.2024.
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