Herzlich dank' ich der lieben Blumistin für das Blumenstük, und für [311]den Brief, in dem die Früchte dazu waren. Ein Migräne-Tag ist für5 mich, wie Sie wissen, ein Sontag, ein Geburtstag gar ein Bustag, wo ich dem Genius der Welt keinen Dank für die Vergangenheit bringe -- die Seele erläge unter dem Dank -- als etwan den, wenn es einer sein könte, daß ich einige Kornblumen aus meinem Herzen ausreisse und das Samengetraide der andern Welt ein wenig begiesse. Der Mensch10 müste erröthen und verstummen, wenn ihn mitten im gerührten Danke ein höheres Wesen fragte: "die Rührung wird dir leicht; aber warum besserst du dich lieber nicht?" --
Ach Zerstreuungen und Arbeiten zerreissen die friedliche Fassung und Aufsicht am ersten, die zum Gutsein gehört.15
Ach meine Liebe war immer zu Ihnen, Amöne, so stark und so herz- lich gewesen: nur Sie waren zuweilen noch stärker als jene und ich sah sie gehen und kommen, wie Sie es wolten. Da Sie alles über sie vermögen: so machen Sie, daß sie ewig, ewig nicht eine Minute, nicht auf die kleinste Ferne, von mir weiche! -- Denn schon die kleinste thut mir zu weh ...20
Richter
N. S. Ich hoffe und wünsche. daß wir uns heute bei unserm ge- meinschaftlichen Freunde antreffen.
563. An Georg Herold.
[Kopie][Hof, 21. März 1797]25
Ich wolt' es wäre Ihr Geburtstag, damit Sie die Erwiederung meiner Wünsche lieber läsen. Sie haben mir zwar das Gold abnehmen lassen, das die 3 Weisen dem Neugebornen zutrugen, aber Sie haben mir Weihrauch dafür geschikt. Es ist nicht genug, daß ich Sie nachahme, und es wäre besser gewesen, daß Sie mich nachgeahmt.. Ich bitte Sie30 mich bald in den Fal zu sezen, daß ich ein Muster geben kan.
564. An Christian Otto.
[Hof, 22. März 1797]
Zeichne viel aus. Mach es wie der Kaiser und vergis den "Abfal der Niederlande" nicht.35
562. An Amöne Herold.
[Hof] d. 21 März 97.
Liebe Amöne,
Herzlich dank’ ich der lieben Blumiſtin für das Blumenſtük, und für [311]den Brief, in dem die Früchte dazu waren. Ein Migräne-Tag iſt für5 mich, wie Sie wiſſen, ein Sontag, ein Geburtstag gar ein Bustag, wo ich dem Genius der Welt keinen Dank für die Vergangenheit bringe — die Seele erläge unter dem Dank — als etwan den, wenn es einer ſein könte, daß ich einige Kornblumen aus meinem Herzen ausreiſſe und das Samengetraide der andern Welt ein wenig begieſſe. Der Menſch10 müſte erröthen und verſtummen, wenn ihn mitten im gerührten Danke ein höheres Weſen fragte: „die Rührung wird dir leicht; aber warum beſſerſt du dich lieber nicht?“ —
Ach Zerſtreuungen und Arbeiten zerreiſſen die friedliche Faſſung und Aufſicht am erſten, die zum Gutſein gehört.15
Ach meine Liebe war immer zu Ihnen, Amöne, ſo ſtark und ſo herz- lich geweſen: nur Sie waren zuweilen noch ſtärker als jene und ich ſah ſie gehen und kommen, wie Sie es wolten. Da Sie alles über ſie vermögen: ſo machen Sie, daß ſie ewig, ewig nicht eine Minute, nicht auf die kleinſte Ferne, von mir weiche! — Denn ſchon die kleinſte thut mir zu weh ...20
Richter
N. S. Ich hoffe und wünſche. daß wir uns heute bei unſerm ge- meinſchaftlichen Freunde antreffen.
563. An Georg Herold.
[Kopie][Hof, 21. März 1797]25
Ich wolt’ es wäre Ihr Geburtstag, damit Sie die Erwiederung meiner Wünſche lieber läſen. Sie haben mir zwar das Gold abnehmen laſſen, das die 3 Weiſen dem Neugebornen zutrugen, aber Sie haben mir Weihrauch dafür geſchikt. Es iſt nicht genug, daß ich Sie nachahme, und es wäre beſſer geweſen, daß Sie mich nachgeahmt.. Ich bitte Sie30 mich bald in den Fal zu ſezen, daß ich ein Muſter geben kan.
564. An Chriſtian Otto.
[Hof, 22. März 1797]
Zeichne viel aus. Mach es wie der Kaiſer und vergis den „Abfal der Niederlande“ nicht.35
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[310/0325]
562. An Amöne Herold.
[Hof] d. 21 März 97.
Liebe Amöne,
Herzlich dank’ ich der lieben Blumiſtin für das Blumenſtük, und für
den Brief, in dem die Früchte dazu waren. Ein Migräne-Tag iſt für 5
mich, wie Sie wiſſen, ein Sontag, ein Geburtstag gar ein Bustag, wo
ich dem Genius der Welt keinen Dank für die Vergangenheit bringe —
die Seele erläge unter dem Dank — als etwan den, wenn es einer ſein
könte, daß ich einige Kornblumen aus meinem Herzen ausreiſſe und das
Samengetraide der andern Welt ein wenig begieſſe. Der Menſch 10
müſte erröthen und verſtummen, wenn ihn mitten im gerührten Danke
ein höheres Weſen fragte: „die Rührung wird dir leicht; aber warum
beſſerſt du dich lieber nicht?“ —
[311]
Ach Zerſtreuungen und Arbeiten zerreiſſen die friedliche Faſſung und
Aufſicht am erſten, die zum Gutſein gehört. 15
Ach meine Liebe war immer zu Ihnen, Amöne, ſo ſtark und ſo herz-
lich geweſen: nur Sie waren zuweilen noch ſtärker als jene und ich ſah ſie
gehen und kommen, wie Sie es wolten. Da Sie alles über ſie vermögen:
ſo machen Sie, daß ſie ewig, ewig nicht eine Minute, nicht auf die kleinſte
Ferne, von mir weiche! — Denn ſchon die kleinſte thut mir zu weh ... 20
Richter
N. S. Ich hoffe und wünſche. daß wir uns heute bei unſerm ge-
meinſchaftlichen Freunde antreffen.
563. An Georg Herold.
[Hof, 21. März 1797] 25
Ich wolt’ es wäre Ihr Geburtstag, damit Sie die Erwiederung
meiner Wünſche lieber läſen. Sie haben mir zwar das Gold abnehmen
laſſen, das die 3 Weiſen dem Neugebornen zutrugen, aber Sie haben
mir Weihrauch dafür geſchikt. Es iſt nicht genug, daß ich Sie nachahme,
und es wäre beſſer geweſen, daß Sie mich nachgeahmt.. Ich bitte Sie 30
mich bald in den Fal zu ſezen, daß ich ein Muſter geben kan.
564. An Chriſtian Otto.
[Hof, 22. März 1797]
Zeichne viel aus. Mach es wie der Kaiſer und vergis den „Abfal der
Niederlande“ nicht. 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/325>, abgerufen am 16.02.2025.
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