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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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439. An Julie von Krüdener?[260]
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-- Schlafen, leben und reiten [!] Sie wohl! Das epistolarische Ge-
päk -- daß eben so wenig Wolken, als morgen den äussern Himmel be-
decken, Ihren innern beziehen.5

440. An Professor Becker in Dresden.
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Das Verdienst erhält das Accessit und die Dumheit den Preis.

441. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[gestrichen: N. B. Lies gleich N. 2.]10

Meine Bayreuther Reise schlos bisher meinen Mund.

Göthens Karakter ist fürchterlich: das Genie ohne Tugend mus da-
hin kommen. Ich antworte nie einem Menschen, der meinen Karakter
nicht antastet; wiewohl G. nur satirisches Kurzgewehr hat und ich
Langgewehr. In der Exegese des Hökers [!] irrest du. Erstlich war kein15
Plural ohne Abbrechung der ganzen Spize möglich. Zweitens mus er
mehr als Einen mündlichen Parentator von mir kennen, *) den
schriftlichen in der L[itteratur] Zeitung ungerechnet, der buklicht sein
sol. Drittens bin ich, meint er, der Höcker auf den Schultern des
Trägers. Wenn du kanst, so bitt' ich dich sehr auf 8 Tage um den Al-20
manach. Fürchterlich weh that es meinem Herzen, daß G. ein so nahes
wie das des guten Reichards durchlöchern konte. --

Ich danke dir und deiner Schwester für das Medaillon.

Du hast deinen Prozes gegen die Krüdner -- verloren mit allen
Kosten. Ich blätterte 2 Abende in ihrem Herzen. Den ersten warfst du25
noch immer Schneeballen in mein Altarfeuer. Den 2ten sah ich die[261]
idealische Seele -- troz dem Selbstlobe, das kein Egoismus ist, weil sie
allen Menschen hilft und nachfühlt und weil sie im Feuer für jedes Edle
ihr Ich vergisset, und troz den Verderbnissen ihrer weiblichen Unschuld
oder vielmehr gewisser Grundsäze über die Liebe, die sich im Beispiel30
des Weltlebens besudeln -- hel und rein und hoch auflodern, in der
Selbsterniedrigung, unter andere moralischere Menschen, in den ängst-

*) z. B. er war bei Wielands Parentazion im Klub dabei.
439. An Julie von Krüdener?[260]
[Kopie]

— Schlafen, leben und reiten [!] Sie wohl! Das epiſtolariſche Ge-
päk — daß eben ſo wenig Wolken, als morgen den äuſſern Himmel be-
decken, Ihren innern beziehen.5

440. An Profeſſor Becker in Dresden.
[Kopie]

Das Verdienſt erhält das Acceſſit und die Dumheit den Preis.

441. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[gestrichen: N. B. Lies gleich N. 2.]10

Meine Bayreuther Reiſe ſchlos bisher meinen Mund.

Göthens Karakter iſt fürchterlich: das Genie ohne Tugend mus da-
hin kommen. Ich antworte nie einem Menſchen, der meinen Karakter
nicht antaſtet; wiewohl G. nur ſatiriſches Kurzgewehr hat und ich
Langgewehr. In der Exegeſe des Hökers [!] irreſt du. Erſtlich war kein15
Plural ohne Abbrechung der ganzen Spize möglich. Zweitens mus er
mehr als Einen mündlichen Parentator von mir kennen, *) den
ſchriftlichen in der L[itteratur] Zeitung ungerechnet, der buklicht ſein
ſol. Drittens bin ich, meint er, der Höcker auf den Schultern des
Trägers. Wenn du kanſt, ſo bitt’ ich dich ſehr auf 8 Tage um den Al-20
manach. Fürchterlich weh that es meinem Herzen, daß G. ein ſo nahes
wie das des guten Reichards durchlöchern konte. —

Ich danke dir und deiner Schweſter für das Medaillon.

Du haſt deinen Prozes gegen die Krüdner — verloren mit allen
Koſten. Ich blätterte 2 Abende in ihrem Herzen. Den erſten warfſt du25
noch immer Schneeballen in mein Altarfeuer. Den 2ten ſah ich die[261]
idealiſche Seele — troz dem Selbſtlobe, das kein Egoiſmus iſt, weil ſie
allen Menſchen hilft und nachfühlt und weil ſie im Feuer für jedes Edle
ihr Ich vergiſſet, und troz den Verderbniſſen ihrer weiblichen Unſchuld
oder vielmehr gewiſſer Grundſäze über die Liebe, die ſich im Beiſpiel30
des Weltlebens beſudeln — hel und rein und hoch auflodern, in der
Selbſterniedrigung, unter andere moraliſchere Menſchen, in den ängſt-

*) z. B. er war bei Wielands Parentazion im Klub dabei.
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[261/0276] 439. An Julie von Krüdener? [Hof, 23. (?) Okt. 1796] — Schlafen, leben und reiten [!] Sie wohl! Das epiſtolariſche Ge- päk — daß eben ſo wenig Wolken, als morgen den äuſſern Himmel be- decken, Ihren innern beziehen. 5 440. An Profeſſor Becker in Dresden. [Hof, Okt. 1796] Das Verdienſt erhält das Acceſſit und die Dumheit den Preis. 441. An Friedrich von Oertel in Leipzig. Hof. d. 22 Okt. 96. 10 Meine Bayreuther Reiſe ſchlos bisher meinen Mund. Göthens Karakter iſt fürchterlich: das Genie ohne Tugend mus da- hin kommen. Ich antworte nie einem Menſchen, der meinen Karakter nicht antaſtet; wiewohl G. nur ſatiriſches Kurzgewehr hat und ich Langgewehr. In der Exegeſe des Hökers [!] irreſt du. Erſtlich war kein 15 Plural ohne Abbrechung der ganzen Spize möglich. Zweitens mus er mehr als Einen mündlichen Parentator von mir kennen, *) den ſchriftlichen in der L[itteratur] Zeitung ungerechnet, der buklicht ſein ſol. Drittens bin ich, meint er, der Höcker auf den Schultern des Trägers. Wenn du kanſt, ſo bitt’ ich dich ſehr auf 8 Tage um den Al- 20 manach. Fürchterlich weh that es meinem Herzen, daß G. ein ſo nahes wie das des guten Reichards durchlöchern konte. — Ich danke dir und deiner Schweſter für das Medaillon. Du haſt deinen Prozes gegen die Krüdner — verloren mit allen Koſten. Ich blätterte 2 Abende in ihrem Herzen. Den erſten warfſt du 25 noch immer Schneeballen in mein Altarfeuer. Den 2ten ſah ich die idealiſche Seele — troz dem Selbſtlobe, das kein Egoiſmus iſt, weil ſie allen Menſchen hilft und nachfühlt und weil ſie im Feuer für jedes Edle ihr Ich vergiſſet, und troz den Verderbniſſen ihrer weiblichen Unſchuld oder vielmehr gewiſſer Grundſäze über die Liebe, die ſich im Beiſpiel 30 des Weltlebens beſudeln — hel und rein und hoch auflodern, in der Selbſterniedrigung, unter andere moraliſchere Menſchen, in den ängſt- [261] *) z. B. er war bei Wielands Parentazion im Klub dabei.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/276>, abgerufen am 25.11.2024.