Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

Bild:
<< vorherige Seite
419. An Dr. Ellrodt in Bayreuth.
[Kopie]

Dank für Ihr typographisches Beschneiden der Lippen und Ohren etc.
[247]meiner Fötusse -- daß unter meinen Abkömlingen die Bay[reuther]
am wenigsten unter der Geburtszange des Sezers litten. -- Ich bleibe5
jezt nichts so oft schuldig als Briefe.

420. An Christian Otto.

Hier schick' ich dir aus der Erbvertheilung der Oert[elischen] Bücher
auch deine rata, die mir lieber wäre wie meine. Er schrieb nur an mich10
und Renate. An Amöne kont' er nicht, wegen der Ungewisheit, ob
ich seinen ersten übergeben. An dich -- darin liegt die Ursache in
meinem Brief. Alle moralische Selbsterhöhungen fass ich leichter als
O[ertels] moralische Selbsterniedrigung, die auch im Briefe an
Renate leider herscht. -- Der Brief von der Ostheim, worin der von15
der Herzogin war, ist älter als 2 vorhergehende.

N. [S.] "Marquis de Fleurange" ist besser als "Kilbur" und ich
hab' ihn Amöne geschikt.

2. N. S. Ich danke dir wegen Flüer: so ist ja alles himlisch und
passabel.20

421. An Friedrich von Oertel in Leipzig.

Dir haben, mein Guter, viele nasse Augen nachgesehen und viele
frohe Herzen klopfen deinen Briefen wieder entgegen. Dein ausser-
ordentlich schöner Brief an Amöne hat ihr, mir und Otto ein poetisches25
Eden und Wünsche für die Verkörperung des deinigen gegeben. Jezt
solte dein Auge und dein Herz wieder unter den warmen Festen unseres
neu und enger geknüpften Bundes sein. Seit deiner Ankunft wohn' ich
blos in und an Herzen. Gleichwohl dehnet dir wie auf dem Brocken
ein mikroskopischer Nebel alle Gestalten riesenhaft aus: du verdirbst30
die Mädgen durch deine Lorbeer--bäume und -wälder. Troz meiner
Wärme und meiner kleinern Weltroute widersprech' ich deiner Herolds-
kanzlei über Renate, die doch warlich, sei sie auch noch so viel, nicht so
gut sein kan wie du, geschweige noch besser. Sie wundert sich blos

419. An Dr. Ellrodt in Bayreuth.
[Kopie]

Dank für Ihr typographiſches Beſchneiden der Lippen und Ohren ꝛc.
[247]meiner Fötuſſe — daß unter meinen Abkömlingen die Bay[reuther]
am wenigſten unter der Geburtszange des Sezers litten. — Ich bleibe5
jezt nichts ſo oft ſchuldig als Briefe.

420. An Chriſtian Otto.

Hier ſchick’ ich dir aus der Erbvertheilung der Oert[eliſchen] Bücher
auch deine rata, die mir lieber wäre wie meine. Er ſchrieb nur an mich10
und Renate. An Amöne kont’ er nicht, wegen der Ungewisheit, ob
ich ſeinen erſten übergeben. An dich — darin liegt die Urſache in
meinem Brief. Alle moraliſche Selbſterhöhungen faſſ ich leichter als
O[ertels] moraliſche Selbſterniedrigung, die auch im Briefe an
Renate leider herſcht. — Der Brief von der Oſtheim, worin der von15
der Herzogin war, iſt älter als 2 vorhergehende.

N. [S.] „Marquis de Fleurange“ iſt beſſer als „Kilbur“ und ich
hab’ ihn Amöne geſchikt.

2. N. S. Ich danke dir wegen Flüer: ſo iſt ja alles himliſch und
paſſabel.20

421. An Friedrich von Oertel in Leipzig.

Dir haben, mein Guter, viele naſſe Augen nachgeſehen und viele
frohe Herzen klopfen deinen Briefen wieder entgegen. Dein auſſer-
ordentlich ſchöner Brief an Amöne hat ihr, mir und Otto ein poetiſches25
Eden und Wünſche für die Verkörperung des deinigen gegeben. Jezt
ſolte dein Auge und dein Herz wieder unter den warmen Feſten unſeres
neu und enger geknüpften Bundes ſein. Seit deiner Ankunft wohn’ ich
blos in und an Herzen. Gleichwohl dehnet dir wie auf dem Brocken
ein mikroſkopiſcher Nebel alle Geſtalten rieſenhaft aus: du verdirbſt30
die Mädgen durch deine Lorbeer—bäume und -wälder. Troz meiner
Wärme und meiner kleinern Weltroute widerſprech’ ich deiner Herolds-
kanzlei über Renate, die doch warlich, ſei ſie auch noch ſo viel, nicht ſo
gut ſein kan wie du, geſchweige noch beſſer. Sie wundert ſich blos

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0263" n="248"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>419. An <hi rendition="#g">Dr. Ellrodt in Bayreuth.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial">[Kopie]</note>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 26. Sept. 1796]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Dank für Ihr typographi&#x017F;ches Be&#x017F;chneiden der Lippen und Ohren &#xA75B;c.<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd2_247">[247]</ref></note>meiner Fötu&#x017F;&#x017F;e &#x2014; daß unter meinen Abkömlingen die Bay[reuther]<lb/>
am wenig&#x017F;ten unter der Geburtszange des Sezers litten. &#x2014; Ich bleibe<lb n="5"/>
jezt nichts &#x017F;o oft &#x017F;chuldig als Briefe.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>420. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 1. Okt. 1796]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Hier &#x017F;chick&#x2019; ich dir aus der Erbvertheilung der Oert[eli&#x017F;chen] Bücher<lb/>
auch deine <hi rendition="#aq">rata,</hi> die mir lieber wäre wie meine. Er &#x017F;chrieb nur an mich<lb n="10"/>
und Renate. An Amöne kont&#x2019; er nicht, wegen der Ungewisheit, ob<lb/>
ich &#x017F;einen er&#x017F;ten übergeben. An dich &#x2014; darin liegt die Ur&#x017F;ache in<lb/>
meinem Brief. Alle morali&#x017F;che Selb&#x017F;terhöhungen fa&#x017F;&#x017F; ich leichter als<lb/>
O[ertels] morali&#x017F;che Selb&#x017F;terniedrigung, die auch im Briefe an<lb/>
Renate leider her&#x017F;cht. &#x2014; Der Brief von der O&#x017F;theim, worin der von<lb n="15"/>
der Herzogin war, i&#x017F;t älter als 2 vorhergehende.</p><lb/>
        <postscript>
          <p>N. [S.] &#x201E;Marquis de Fleurange&#x201C; i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er als &#x201E;Kilbur&#x201C; und ich<lb/>
hab&#x2019; ihn Amöne ge&#x017F;chikt.</p>
        </postscript><lb/>
        <postscript>
          <p>2. N. S. Ich danke dir wegen Flüer: &#x017F;o i&#x017F;t ja alles himli&#x017F;ch und<lb/>
pa&#x017F;&#x017F;abel.<lb n="20"/>
</p>
        </postscript>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>421. An <hi rendition="#g">Friedrich von Oertel in Leipzig.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Hof.</hi> d. 1 Okt. 96.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Dir haben, mein Guter, viele na&#x017F;&#x017F;e Augen nachge&#x017F;ehen und viele<lb/>
frohe Herzen klopfen deinen Briefen wieder entgegen. Dein au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
ordentlich &#x017F;chöner Brief an Amöne hat ihr, mir und Otto ein poeti&#x017F;ches<lb n="25"/>
Eden und Wün&#x017F;che für die Verkörperung des deinigen gegeben. Jezt<lb/>
&#x017F;olte dein Auge und dein Herz wieder unter den warmen Fe&#x017F;ten un&#x017F;eres<lb/>
neu und enger geknüpften Bundes &#x017F;ein. Seit deiner Ankunft wohn&#x2019; ich<lb/>
blos <hi rendition="#g">in</hi> und <hi rendition="#g">an</hi> Herzen. Gleichwohl dehnet dir wie auf dem Brocken<lb/>
ein mikro&#x017F;kopi&#x017F;cher Nebel alle Ge&#x017F;talten rie&#x017F;enhaft aus: du verdirb&#x017F;t<lb n="30"/>
die Mädgen durch deine Lorbeer&#x2014;bäume und -wälder. Troz meiner<lb/>
Wärme und meiner kleinern Weltroute wider&#x017F;prech&#x2019; ich deiner Herolds-<lb/>
kanzlei über Renate, die doch warlich, &#x017F;ei &#x017F;ie auch noch &#x017F;o viel, nicht &#x017F;o<lb/>
gut &#x017F;ein <hi rendition="#g">kan</hi> wie du, ge&#x017F;chweige noch be&#x017F;&#x017F;er. Sie wundert &#x017F;ich blos<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0263] 419. An Dr. Ellrodt in Bayreuth. [Hof, 26. Sept. 1796] Dank für Ihr typographiſches Beſchneiden der Lippen und Ohren ꝛc. meiner Fötuſſe — daß unter meinen Abkömlingen die Bay[reuther] am wenigſten unter der Geburtszange des Sezers litten. — Ich bleibe 5 jezt nichts ſo oft ſchuldig als Briefe. [247] 420. An Chriſtian Otto. [Hof, 1. Okt. 1796] Hier ſchick’ ich dir aus der Erbvertheilung der Oert[eliſchen] Bücher auch deine rata, die mir lieber wäre wie meine. Er ſchrieb nur an mich 10 und Renate. An Amöne kont’ er nicht, wegen der Ungewisheit, ob ich ſeinen erſten übergeben. An dich — darin liegt die Urſache in meinem Brief. Alle moraliſche Selbſterhöhungen faſſ ich leichter als O[ertels] moraliſche Selbſterniedrigung, die auch im Briefe an Renate leider herſcht. — Der Brief von der Oſtheim, worin der von 15 der Herzogin war, iſt älter als 2 vorhergehende. N. [S.] „Marquis de Fleurange“ iſt beſſer als „Kilbur“ und ich hab’ ihn Amöne geſchikt. 2. N. S. Ich danke dir wegen Flüer: ſo iſt ja alles himliſch und paſſabel. 20 421. An Friedrich von Oertel in Leipzig. Hof. d. 1 Okt. 96. Dir haben, mein Guter, viele naſſe Augen nachgeſehen und viele frohe Herzen klopfen deinen Briefen wieder entgegen. Dein auſſer- ordentlich ſchöner Brief an Amöne hat ihr, mir und Otto ein poetiſches 25 Eden und Wünſche für die Verkörperung des deinigen gegeben. Jezt ſolte dein Auge und dein Herz wieder unter den warmen Feſten unſeres neu und enger geknüpften Bundes ſein. Seit deiner Ankunft wohn’ ich blos in und an Herzen. Gleichwohl dehnet dir wie auf dem Brocken ein mikroſkopiſcher Nebel alle Geſtalten rieſenhaft aus: du verdirbſt 30 die Mädgen durch deine Lorbeer—bäume und -wälder. Troz meiner Wärme und meiner kleinern Weltroute widerſprech’ ich deiner Herolds- kanzlei über Renate, die doch warlich, ſei ſie auch noch ſo viel, nicht ſo gut ſein kan wie du, geſchweige noch beſſer. Sie wundert ſich blos

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/263
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/263>, abgerufen am 02.05.2024.