Ach ich kan mich schon gegenwärtig nach meiner jezigen Gegen- wart innigst sehnen.
N. S. Ich schreib alles mit einer in den Luststrudeln schwankenden eiligen Hand -- und die Vossische Luise, Montaigne von Bode, Oertel, Haman, das attische Museum liegen vor mir.5
341. An Karoline Herder in Weimar.
Weimar d. 21 Jun. 1796 [Dienstag].
Hier send' ich Hamans Schriften wieder, in denen wie auf den Alpen alle Zonen und Jahreszeiten nahe bei einander liegen. Einen Band davon hat, auf Verlangen des H. Vicepräsidenten, die Frau10 von Kalb. -- Ich habe zu dieser Morgenvisitte bei Ihnen den kleinsten Repräsentanten von mir gewählt, den es giebt, nämlich dieses Blat; darum müssen Sie mir die Visitte vergeben.
H. v. Oertel plagt mich schon seit dem Sontage um das "Kinder- Vademecum" und die "Vernichtung"; ich plage Sie jezt darum.15 Wenn er beides gelesen: können Sie es, wenn Sie es der Mühe werth finden, wieder zu sich berufen.
Ich wünsche, daß die Tage des H. Vicepräsidenten und die seiner würdigsten Gemahlin so reizend verflattern wie die Abende sind, die man bei Ihnen verlebt und verlacht und verträumt. Schade daß sich20 der Frühling wie der menschliche mit Gewölk und Wind beschliest! --
Jean Paul Fr. Richter
[Adr.] An Frau Vice Präsidentin Herder d. G. Mit 3 Büchelgen.
*342. An Charlotte von Kalb in Jena.[214]
[Konzept][Weimar, 23. (?) Juni 1796]25
Ich reiche dir die Hand über Zeit und Raum, es war eine Zeit, eh' ich dich kante und liebte; die Ewigkeit begint für die Liebenden. Sie ist der Stral, der das Unendliche erhelt und begeistert. -- Ja wol die Schmerzen, die Leichentücher müssen wir im Grabe lassen. Ich leide wie du, denn tief ist der Schmerz der ewigen Sehnsucht.30
343. An Christian Otto.
Eiligst
Weimar 23 Jun. 96 [Donnerstag].
Gerade Eine Stunde, eh ich an Göthes Aug und Tisch gelange, schreib ich dir wieder. Ich möchte dir immerfort schreiben; und ich
Ach ich kan mich ſchon gegenwärtig nach meiner jezigen Gegen- wart innigſt ſehnen.
N. S. Ich ſchreib alles mit einer in den Luſtſtrudeln ſchwankenden eiligen Hand — und die Voſſiſche Luiſe, Montaigne von Bode, Oertel, Haman, das attiſche Muſeum liegen vor mir.5
341. An Karoline Herder in Weimar.
Weimar d. 21 Jun. 1796 [Dienstag].
Hier ſend’ ich Hamans Schriften wieder, in denen wie auf den Alpen alle Zonen und Jahreszeiten nahe bei einander liegen. Einen Band davon hat, auf Verlangen des H. Vicepräſidenten, die Frau10 von Kalb. — Ich habe zu dieſer Morgenviſitte bei Ihnen den kleinſten Repräſentanten von mir gewählt, den es giebt, nämlich dieſes Blat; darum müſſen Sie mir die Viſitte vergeben.
H. v. Oertel plagt mich ſchon ſeit dem Sontage um das „Kinder- Vademecum“ und die „Vernichtung“; ich plage Sie jezt darum.15 Wenn er beides geleſen: können Sie es, wenn Sie es der Mühe werth finden, wieder zu ſich berufen.
Ich wünſche, daß die Tage des H. Vicepräſidenten und die ſeiner würdigſten Gemahlin ſo reizend verflattern wie die Abende ſind, die man bei Ihnen verlebt und verlacht und verträumt. Schade daß ſich20 der Frühling wie der menſchliche mit Gewölk und Wind beſchlieſt! —
Jean Paul Fr. Richter
[Adr.] An Frau Vice Präſidentin Herder d. G. Mit 3 Büchelgen.
*342. An Charlotte von Kalb in Jena.[214]
[Konzept][Weimar, 23. (?) Juni 1796]25
Ich reiche dir die Hand über Zeit und Raum, es war eine Zeit, eh’ ich dich kante und liebte; die Ewigkeit begint für die Liebenden. Sie iſt der Stral, der das Unendliche erhelt und begeiſtert. — Ja wol die Schmerzen, die Leichentücher müſſen wir im Grabe laſſen. Ich leide wie du, denn tief iſt der Schmerz der ewigen Sehnſucht.30
343. An Chriſtian Otto.
Eiligſt
Weimar 23 Jun. 96 [Donnerstag].
Gerade Eine Stunde, eh ich an Göthes Aug und Tiſch gelange, ſchreib ich dir wieder. Ich möchte dir immerfort ſchreiben; und ich
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[215/0229]
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wart innigſt ſehnen.
N. S. Ich ſchreib alles mit einer in den Luſtſtrudeln ſchwankenden
eiligen Hand — und die Voſſiſche Luiſe, Montaigne von Bode,
Oertel, Haman, das attiſche Muſeum liegen vor mir. 5
341. An Karoline Herder in Weimar.
Weimar d. 21 Jun. 1796 [Dienstag].
Hier ſend’ ich Hamans Schriften wieder, in denen wie auf den
Alpen alle Zonen und Jahreszeiten nahe bei einander liegen. Einen
Band davon hat, auf Verlangen des H. Vicepräſidenten, die Frau 10
von Kalb. — Ich habe zu dieſer Morgenviſitte bei Ihnen den kleinſten
Repräſentanten von mir gewählt, den es giebt, nämlich dieſes Blat;
darum müſſen Sie mir die Viſitte vergeben.
H. v. Oertel plagt mich ſchon ſeit dem Sontage um das „Kinder-
Vademecum“ und die „Vernichtung“; ich plage Sie jezt darum. 15
Wenn er beides geleſen: können Sie es, wenn Sie es der Mühe werth
finden, wieder zu ſich berufen.
Ich wünſche, daß die Tage des H. Vicepräſidenten und die ſeiner
würdigſten Gemahlin ſo reizend verflattern wie die Abende ſind, die
man bei Ihnen verlebt und verlacht und verträumt. Schade daß ſich 20
der Frühling wie der menſchliche mit Gewölk und Wind beſchlieſt! —
Jean Paul Fr. Richter
[Adr.] An Frau Vice Präſidentin Herder d. G. Mit 3 Büchelgen.
*342. An Charlotte von Kalb in Jena.
[Weimar, 23. (?) Juni 1796] 25
Ich reiche dir die Hand über Zeit und Raum, es war eine Zeit, eh’
ich dich kante und liebte; die Ewigkeit begint für die Liebenden. Sie
iſt der Stral, der das Unendliche erhelt und begeiſtert. — Ja wol die
Schmerzen, die Leichentücher müſſen wir im Grabe laſſen. Ich leide
wie du, denn tief iſt der Schmerz der ewigen Sehnſucht. 30
343. An Chriſtian Otto.
EiligſtWeimar 23 Jun. 96 [Donnerstag].
Gerade Eine Stunde, eh ich an Göthes Aug und Tiſch gelange,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/229>, abgerufen am 30.07.2024.
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