und einen Diogenes, der in Versailles gewesen, würd' ich in der Bastille suchen.
Die Dankbarkeit diktirt mir allerlei Empfelungen an Ihre Freunde, [68]die auch sonst die meinigen waren, und vorzüglich an die, mit der Sie die Wonung teilen; aber die Höflichkeit verbietet es mir, Sie damit5 zu belästigen. Doch ihr werd' ich eine einzige nicht aufopfern, seitdem ich im Schwedenborg gelesen, daß im Himmel die Engel, welche einander geelicht, nur einen einzigen ausmachen. Der gute Man irt sich, er verwechselt offenbar den Himmel mit der Erde. -- Doch ich mus meinem Briefe und Ihrer Langweile ein Ende machen etc.10
37. An Frau Richter in Hof.
[Leipzig, 14. April 1783]
Liebe Mama!
Ich habe Ihnen wenig zu schreiben; darum nehme ich nur ein Stükgen Papier -- werden Sie daher nicht bös darüber, so wie15 Sie es über meinen vorigen Brief wurden. Sie haben mir eine Strafpredigt gehalten, damit ich in Hof eine Buspredigt halten sol. Sie glauben, es ist so leicht ein satirisches Buch zu schreiben. Denken Sie denn daß alle Geistliche in Hof eine Zeile von meinem Buche ver- stehen geschweige machen können? Glauben Sie, daß ich umsonst soviel20 dafür habe bezalt erhalten? Und daß der Pfarrer in Rehau und der Doppelmaier die Sache nicht verstehen, welche mich so sehr deswegen loben? Wenn ich nun Theologie studirt hätte, von was wolt' ich mich denn nären? Noch einmal: die Erlaubnis zu predigen kostet ungefär 14 fl.; fragen Sie nach. Ich verachte die Geistlichen nicht -- allein ich25 verachte auch die Leinweber nicht, und mag doch keiner werden. -- Ihnen hab' ich deswegen kein Buch geschikt, weil es Ihnen zu nichts helfen würde. Ich getraue mir noch Bücher zu schreiben, wo ich für ein einziges so kleines wie das iezige 300 rtl. sächsisch bekomme. -- Weil Sie auf Ihre 2 vorigen Briefe nicht Franco gesezt haben, so must'30 ich es bezalen; die Posten machen es nicht anders. -- Wenn der arme Heinrich hole Zäne hat, so kaufen Sie in der Apoteke Kampher- spiritus. Er sol sich doch nicht vom Gotlieb verführen lassen, sagen Sie ihm -- ich habe ihn so lieb; und würde mich ärgern, wenn ich sähe zu Pfingsten, daß er faul wäre. Wenn er geschwind studirte, so35 könte ich ihn auf der Universität unterstüzen. -- Das Lexikon kan ich
und einen Diogenes, der in Verſailles geweſen, würd’ ich in der Baſtille ſuchen.
Die Dankbarkeit diktirt mir allerlei Empfelungen an Ihre Freunde, [68]die auch ſonſt die meinigen waren, und vorzüglich an die, mit der Sie die Wonung teilen; aber die Höflichkeit verbietet es mir, Sie damit5 zu beläſtigen. Doch ihr werd’ ich eine einzige nicht aufopfern, ſeitdem ich im Schwedenborg geleſen, daß im Himmel die Engel, welche einander geelicht, nur einen einzigen ausmachen. Der gute Man irt ſich, er verwechſelt offenbar den Himmel mit der Erde. — Doch ich mus meinem Briefe und Ihrer Langweile ein Ende machen ꝛc.10
37. An Frau Richter in Hof.
[Leipzig, 14. April 1783]
Liebe Mama!
Ich habe Ihnen wenig zu ſchreiben; darum nehme ich nur ein Stükgen Papier — werden Sie daher nicht bös darüber, ſo wie15 Sie es über meinen vorigen Brief wurden. Sie haben mir eine Strafpredigt gehalten, damit ich in Hof eine Buspredigt halten ſol. Sie glauben, es iſt ſo leicht ein ſatiriſches Buch zu ſchreiben. Denken Sie denn daß alle Geiſtliche in Hof eine Zeile von meinem Buche ver- ſtehen geſchweige machen können? Glauben Sie, daß ich umſonſt ſoviel20 dafür habe bezalt erhalten? Und daß der Pfarrer in Rehau und der Doppelmaier die Sache nicht verſtehen, welche mich ſo ſehr deswegen loben? Wenn ich nun Theologie ſtudirt hätte, von was wolt’ ich mich denn nären? Noch einmal: die Erlaubnis zu predigen koſtet ungefär 14 fl.; fragen Sie nach. Ich verachte die Geiſtlichen nicht — allein ich25 verachte auch die Leinweber nicht, und mag doch keiner werden. — Ihnen hab’ ich deswegen kein Buch geſchikt, weil es Ihnen zu nichts helfen würde. Ich getraue mir noch Bücher zu ſchreiben, wo ich für ein einziges ſo kleines wie das iezige 300 rtl. ſächſiſch bekomme. — Weil Sie auf Ihre 2 vorigen Briefe nicht Franco geſezt haben, ſo muſt’30 ich es bezalen; die Poſten machen es nicht anders. — Wenn der arme Heinrich hole Zäne hat, ſo kaufen Sie in der Apoteke Kampher- ſpiritus. Er ſol ſich doch nicht vom Gotlieb verführen laſſen, ſagen Sie ihm — ich habe ihn ſo lieb; und würde mich ärgern, wenn ich ſähe zu Pfingſten, daß er faul wäre. Wenn er geſchwind ſtudirte, ſo35 könte ich ihn auf der Univerſität unterſtüzen. — Das Lexikon kan ich
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und einen Diogenes, der in Verſailles geweſen, würd’ ich in der
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Die Dankbarkeit diktirt mir allerlei Empfelungen an Ihre Freunde,
die auch ſonſt die meinigen waren, und vorzüglich an die, mit der Sie
die Wonung teilen; aber die Höflichkeit verbietet es mir, Sie damit 5
zu beläſtigen. Doch ihr werd’ ich eine einzige nicht aufopfern, ſeitdem
ich im Schwedenborg geleſen, daß im Himmel die Engel, welche
einander geelicht, nur einen einzigen ausmachen. Der gute Man irt
ſich, er verwechſelt offenbar den Himmel mit der Erde. — Doch ich
mus meinem Briefe und Ihrer Langweile ein Ende machen ꝛc. 10
[68]
37. An Frau Richter in Hof.
[Leipzig, 14. April 1783]
Liebe Mama!
Ich habe Ihnen wenig zu ſchreiben; darum nehme ich nur ein
Stükgen Papier — werden Sie daher nicht bös darüber, ſo wie 15
Sie es über meinen vorigen Brief wurden. Sie haben mir eine
Strafpredigt gehalten, damit ich in Hof eine Buspredigt halten ſol.
Sie glauben, es iſt ſo leicht ein ſatiriſches Buch zu ſchreiben. Denken
Sie denn daß alle Geiſtliche in Hof eine Zeile von meinem Buche ver-
ſtehen geſchweige machen können? Glauben Sie, daß ich umſonſt ſoviel 20
dafür habe bezalt erhalten? Und daß der Pfarrer in Rehau und der
Doppelmaier die Sache nicht verſtehen, welche mich ſo ſehr deswegen
loben? Wenn ich nun Theologie ſtudirt hätte, von was wolt’ ich mich
denn nären? Noch einmal: die Erlaubnis zu predigen koſtet ungefär
14 fl.; fragen Sie nach. Ich verachte die Geiſtlichen nicht — allein ich 25
verachte auch die Leinweber nicht, und mag doch keiner werden. —
Ihnen hab’ ich deswegen kein Buch geſchikt, weil es Ihnen zu nichts
helfen würde. Ich getraue mir noch Bücher zu ſchreiben, wo ich für ein
einziges ſo kleines wie das iezige 300 rtl. ſächſiſch bekomme. — Weil
Sie auf Ihre 2 vorigen Briefe nicht Franco geſezt haben, ſo muſt’ 30
ich es bezalen; die Poſten machen es nicht anders. — Wenn der arme
Heinrich hole Zäne hat, ſo kaufen Sie in der Apoteke Kampher-
ſpiritus. Er ſol ſich doch nicht vom Gotlieb verführen laſſen, ſagen
Sie ihm — ich habe ihn ſo lieb; und würde mich ärgern, wenn ich
ſähe zu Pfingſten, daß er faul wäre. Wenn er geſchwind ſtudirte, ſo 35
könte ich ihn auf der Univerſität unterſtüzen. — Das Lexikon kan ich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/85>, abgerufen am 24.11.2024.
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