müßte? ist ein wahnsinniger Verzug. Jedes gleich gut und reinmenschlich; versteht sich jedes nach seiner Art. Die Neuzeit vernachlässiget beide, und ist eine strenge Abrichterin. (Vergl. V. 1.) Jmmer nur den Kopf des Mannes bearbei¬ tet sie, und ewig putzt sie bloß das Weib. Eins bleibt unbeachtet und leer -- das Herz. Wer mehr lernen muß? Mann oder Weib? So sollte kein Vernünftiger mehr fragen. Das Weib hat viel zu lernen, auf schwere Dinge sich vorzubereiten; muß viel verstehn, nur bei Leibe nicht, was bloß äußerlich glänzt. Es giebt rauschende Thätigkeit und rauschende Tugenden, und nur wer den Lärmruhm für den alleinech¬ ten hält, kann den schönweiblichen Würkungs¬ kreis klein finden. Hausfrau, Gattin, Mut¬ ter -- alle diese weitläuftigen Fächer wollen gelernt sein. (Vergl. V. 5. k. Seite 252-268.)
Das erste schon, die Grundlage der andern, ist ein Jnbegriff vieler Kenntnisse und Geschick¬ lichkeiten. Die innere häusliche Wirthschaft verträgt nicht das Durchschadenklugwerden; das Zurathehalten des Einkommen, was wahres Erwerben ist, läßt sich nicht wie eine neue
müßte? iſt ein wahnſinniger Verzug. Jedes gleich gut und reinmenſchlich; verſteht ſich jedes nach ſeiner Art. Die Neuzeit vernachläſſiget beide, und iſt eine ſtrenge Abrichterin. (Vergl. V. 1.) Jmmer nur den Kopf des Mannes bearbei¬ tet ſie, und ewig putzt ſie bloß das Weib. Eins bleibt unbeachtet und leer — das Herz. Wer mehr lernen muß? Mann oder Weib? So ſollte kein Vernünftiger mehr fragen. Das Weib hat viel zu lernen, auf ſchwere Dinge ſich vorzubereiten; muß viel verſtehn, nur bei Leibe nicht, was bloß äußerlich glänzt. Es giebt rauſchende Thätigkeit und rauſchende Tugenden, und nur wer den Lärmruhm für den alleinech¬ ten hält, kann den ſchönweiblichen Würkungs¬ kreis klein finden. Hausfrau, Gattin, Mut¬ ter — alle dieſe weitläuftigen Fächer wollen gelernt ſein. (Vergl. V. 5. k. Seite 252–268.)
Das erſte ſchon, die Grundlage der andern, iſt ein Jnbegriff vieler Kenntniſſe und Geſchick¬ lichkeiten. Die innere häusliche Wirthſchaft verträgt nicht das Durchſchadenklugwerden; das Zurathehalten des Einkommen, was wahres Erwerben iſt, läßt ſich nicht wie eine neue
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müßte? iſt ein wahnſinniger Verzug. Jedes
gleich gut und reinmenſchlich; verſteht ſich jedes
nach ſeiner Art. Die Neuzeit vernachläſſiget
beide, und iſt eine ſtrenge Abrichterin. (Vergl. V.
1.) Jmmer nur den Kopf des Mannes bearbei¬
tet ſie, und ewig putzt ſie bloß das Weib. Eins
bleibt unbeachtet und leer — das Herz. Wer
mehr lernen muß? Mann oder Weib? So
ſollte kein Vernünftiger mehr fragen. Das
Weib hat viel zu lernen, auf ſchwere Dinge
ſich vorzubereiten; muß viel verſtehn, nur bei
Leibe nicht, was bloß äußerlich glänzt. Es giebt
rauſchende Thätigkeit und rauſchende Tugenden,
und nur wer den Lärmruhm für den alleinech¬
ten hält, kann den ſchönweiblichen Würkungs¬
kreis klein finden. Hausfrau, Gattin, Mut¬
ter — alle dieſe weitläuftigen Fächer wollen
gelernt ſein. (Vergl. V. 5. k. Seite 252–268.)
Das erſte ſchon, die Grundlage der andern,
iſt ein Jnbegriff vieler Kenntniſſe und Geſchick¬
lichkeiten. Die innere häusliche Wirthſchaft
verträgt nicht das Durchſchadenklugwerden; das
Zurathehalten des Einkommen, was wahres
Erwerben iſt, läßt ſich nicht wie eine neue
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/439>, abgerufen am 22.11.2024.
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