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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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zur Zeit der Macht, Ungarn in seiner Selb¬
ständigkeit hatten Volkstrachten, die allgemein
waren, nicht bloß von altvaterländischen Leuten
getragen wurden. Auch wir Deutschen trugen
uns vor dem großen Deutschen Kriege (1618) volks¬
thümlicher, und hatten eigene Bekleidungsarten
nach verschiedenen Ständen. Unserer Nachba¬
ren Fischerei in Deutschen Trubeln, brachte uns
die fremde Ziersucht über den Rhein, die unsere
Augen bethört, und die Herzen mit Tand füllt.
-- -- -- Anderthalb Jahrhundert trugen wir
weibisch das Weiberjoch: -- da stürmte der
Völkerorkan über unser vereinzeltes Volk, und der
Untergang des Deutschen Reichs war entschieden.

Die Mode, ein Ungeheuer, was der scharf¬
sinnigste Denker bis jetzt noch nicht hat befriedi¬
gend beschreiben können; weil es wie Falk sagt
"endlich selbst aus der Mode kommt;" und wie
der alte Saturn seine eigenen Kinder auffrißt
-- war der Moloch, dem wir Glück, und Frie¬
den, und Lebensgenuß, und Gesundheit, und
Vaterland aufopferten. Leider ist die Neusucht
in Kleinigkeiten, und die Altsucht in großen
Dingen unsere eingefleischte Erbsünde. "Wir

zur Zeit der Macht, Ungarn in ſeiner Selb¬
ſtändigkeit hatten Volkstrachten, die allgemein
waren, nicht bloß von altvaterländiſchen Leuten
getragen wurden. Auch wir Deutſchen trugen
uns vor dem großen Deutſchen Kriege (1618) volks¬
thümlicher, und hatten eigene Bekleidungsarten
nach verſchiedenen Ständen. Unſerer Nachba¬
ren Fiſcherei in Deutſchen Trubeln, brachte uns
die fremde Zierſucht über den Rhein, die unſere
Augen bethört, und die Herzen mit Tand füllt.
— — — Anderthalb Jahrhundert trugen wir
weibiſch das Weiberjoch: — da ſtürmte der
Völkerorkan über unſer vereinzeltes Volk, und der
Untergang des Deutſchen Reichs war entſchieden.

Die Mode, ein Ungeheuer, was der ſcharf¬
ſinnigſte Denker bis jetzt noch nicht hat befriedi¬
gend beſchreiben können; weil es wie Falk ſagt
„endlich ſelbſt aus der Mode kommt;“ und wie
der alte Saturn ſeine eigenen Kinder auffrißt
— war der Moloch, dem wir Glück, und Frie¬
den, und Lebensgenuß, und Geſundheit, und
Vaterland aufopferten. Leider iſt die Neuſucht
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[328/0358] 328 zur Zeit der Macht, Ungarn in ſeiner Selb¬ ſtändigkeit hatten Volkstrachten, die allgemein waren, nicht bloß von altvaterländiſchen Leuten getragen wurden. Auch wir Deutſchen trugen uns vor dem großen Deutſchen Kriege (1618) volks¬ thümlicher, und hatten eigene Bekleidungsarten nach verſchiedenen Ständen. Unſerer Nachba¬ ren Fiſcherei in Deutſchen Trubeln, brachte uns die fremde Zierſucht über den Rhein, die unſere Augen bethört, und die Herzen mit Tand füllt. — — — Anderthalb Jahrhundert trugen wir weibiſch das Weiberjoch: — da ſtürmte der Völkerorkan über unſer vereinzeltes Volk, und der Untergang des Deutſchen Reichs war entſchieden. Die Mode, ein Ungeheuer, was der ſcharf¬ ſinnigſte Denker bis jetzt noch nicht hat befriedi¬ gend beſchreiben können; weil es wie Falk ſagt „endlich ſelbſt aus der Mode kommt;“ und wie der alte Saturn ſeine eigenen Kinder auffrißt — war der Moloch, dem wir Glück, und Frie¬ den, und Lebensgenuß, und Geſundheit, und Vaterland aufopferten. Leider iſt die Neuſucht in Kleinigkeiten, und die Altſucht in großen Dingen unſere eingefleiſchte Erbſünde. „Wir

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/358>, abgerufen am 22.11.2024.