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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Schöpferin des häuslichen Glücks soll das Weib
sein, aber aushäusige Erziehung ist eine Vor¬
richtung zum Gegentheil. Da wird nur in sel¬
tenen glücklichen Ausnahmen das Mägdchen fä¬
hig, die Seligkeit des schönern Zusammenlebens
zu ahnen -- aber weit seltener noch, sie dereinst
zu geben. Es lernt sich nicht die schöne Bestim¬
mung fürs Hausleben im Großgewühl; dafür
sind Mütter. Nur sie können in den erzie¬
hungsbedürftigen Lebenszeiten Rechtleiterinnen
sein, und die Richtung zum vollendeten Weibe
vorleben. Alle Lehrerinnen an Mägdchenschu¬
len sollten unter Aufsicht von ehrenwerthen Müt¬
tern und Matronen stehen. Die mehrsten Ver¬
pfuschnugen der weiblichen Erziehung geschehen
durch ledige Frauenzimmer, die schon über die
heirathbaren Jahre hinaus sind. Es ist der be¬
dauernswürdigste Stand der Weiberwelt, das
Mitleid gegen ihn ist gerecht, man sollte als
Zufluchten ihm die Klöster erhalten. Hülfe muß
geschafft werden, nur durch Aufopferung der
Unschuldigen nicht.

Versuch über die alten Jungfern. 2 Theile. Aus
dem Englischenl.
Über¬

Schöpferin des häuslichen Glücks ſoll das Weib
ſein, aber aushäuſige Erziehung iſt eine Vor¬
richtung zum Gegentheil. Da wird nur in ſel¬
tenen glücklichen Ausnahmen das Mägdchen fä¬
hig, die Seligkeit des ſchönern Zuſammenlebens
zu ahnen — aber weit ſeltener noch, ſie dereinſt
zu geben. Es lernt ſich nicht die ſchöne Beſtim¬
mung fürs Hausleben im Großgewühl; dafür
ſind Mütter. Nur ſie können in den erzie¬
hungsbedürftigen Lebenszeiten Rechtleiterinnen
ſein, und die Richtung zum vollendeten Weibe
vorleben. Alle Lehrerinnen an Mägdchenſchu¬
len ſollten unter Aufſicht von ehrenwerthen Müt¬
tern und Matronen ſtehen. Die mehrſten Ver¬
pfuſchnugen der weiblichen Erziehung geſchehen
durch ledige Frauenzimmer, die ſchon über die
heirathbaren Jahre hinaus ſind. Es iſt der be¬
dauernswürdigſte Stand der Weiberwelt, das
Mitleid gegen ihn iſt gerecht, man ſollte als
Zufluchten ihm die Klöſter erhalten. Hülfe muß
geſchafft werden, nur durch Aufopferung der
Unſchuldigen nicht.

Verſuch über die alten Jungfern. 2 Theile. Aus
dem Engliſchenl.
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[256/0286] 256 Schöpferin des häuslichen Glücks ſoll das Weib ſein, aber aushäuſige Erziehung iſt eine Vor¬ richtung zum Gegentheil. Da wird nur in ſel¬ tenen glücklichen Ausnahmen das Mägdchen fä¬ hig, die Seligkeit des ſchönern Zuſammenlebens zu ahnen — aber weit ſeltener noch, ſie dereinſt zu geben. Es lernt ſich nicht die ſchöne Beſtim¬ mung fürs Hausleben im Großgewühl; dafür ſind Mütter. Nur ſie können in den erzie¬ hungsbedürftigen Lebenszeiten Rechtleiterinnen ſein, und die Richtung zum vollendeten Weibe vorleben. Alle Lehrerinnen an Mägdchenſchu¬ len ſollten unter Aufſicht von ehrenwerthen Müt¬ tern und Matronen ſtehen. Die mehrſten Ver¬ pfuſchnugen der weiblichen Erziehung geſchehen durch ledige Frauenzimmer, die ſchon über die heirathbaren Jahre hinaus ſind. Es iſt der be¬ dauernswürdigſte Stand der Weiberwelt, das Mitleid gegen ihn iſt gerecht, man ſollte als Zufluchten ihm die Klöſter erhalten. Hülfe muß geſchafft werden, nur durch Aufopferung der Unſchuldigen nicht. Verſuch über die alten Jungfern. 2 Theile. Aus dem Engliſchenl. Über¬

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/286>, abgerufen am 15.08.2024.