benskampf, Labung im Leiden, Mitfreude im Mitfühlen der Andern sind ihre schönsten Ge¬ schenke. Wir Deutschen würden glücklicher und Deutscher sein, wenn wir uns nur den Feh¬ ler aller Nachbarsvölker angewöhnen könnten: "Selbstolz." Recht haben wir dazu, mehr als alle die andern -- die doch so weit damit ge¬ kommen. Vorzüglich lassen die Dichter unsere Sprache und unser Volk über die Neuvölker her¬ vorragen. Kein Volk hat so viele Dichtersamm¬ lungen, fast jeder Sänger hat seine Geistesblü¬ then besonders gesammelt. Nicht ohne Unter¬ schied sollen zuerst die Pfleglinge eines Einzelnen dargeboten werden. Das schönste Blumenbeet ist selten ganz rein von Unkraut. Unsere bishe¬ rigen Blumenlesen haben wenig geleistet. Wer in der Folge einzelne zu Sträußen auslieset, diese in ein Gewinde zusammenflicht, walte mit Ordnerkraft und Zartsinn, wie der Harfner in Wilhelm Meisters Lehrjahren (I. 350 u. 351.): "wodurch denn aus einem bekannten Kreise von "Jdeen, aus bekannten Liedern und Sprüchen "für die besondere Gesellschaft [der Leser] ein "eigenes Ganze entsteht, durch dessen Genuß "sie belebt, gestärkt und erquickt wird. So er¬
benskampf, Labung im Leiden, Mitfreude im Mitfühlen der Andern ſind ihre ſchönſten Ge¬ ſchenke. Wir Deutſchen würden glücklicher und Deutſcher ſein, wenn wir uns nur den Feh¬ ler aller Nachbarsvölker angewöhnen könnten: „Selbſtolz.“ Recht haben wir dazu, mehr als alle die andern — die doch ſo weit damit ge¬ kommen. Vorzüglich laſſen die Dichter unſere Sprache und unſer Volk über die Neuvölker her¬ vorragen. Kein Volk hat ſo viele Dichterſamm¬ lungen, faſt jeder Sänger hat ſeine Geiſtesblü¬ then beſonders geſammelt. Nicht ohne Unter¬ ſchied ſollen zuerſt die Pfleglinge eines Einzelnen dargeboten werden. Das ſchönſte Blumenbeet iſt ſelten ganz rein von Unkraut. Unſere bishe¬ rigen Blumenleſen haben wenig geleiſtet. Wer in der Folge einzelne zu Sträußen auslieſet, dieſe in ein Gewinde zuſammenflicht, walte mit Ordnerkraft und Zartſinn, wie der Harfner in Wilhelm Meiſters Lehrjahren (I. 350 u. 351.): „wodurch denn aus einem bekannten Kreiſe von „Jdeen, aus bekannten Liedern und Sprüchen „für die beſondere Geſellſchaft [der Leſer] ein „eigenes Ganze entſteht, durch deſſen Genuß „ſie belebt, geſtärkt und erquickt wird. So er¬
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benskampf, Labung im Leiden, Mitfreude im
Mitfühlen der Andern ſind ihre ſchönſten Ge¬
ſchenke. Wir Deutſchen würden glücklicher und
Deutſcher ſein, wenn wir uns nur den Feh¬
ler aller Nachbarsvölker angewöhnen könnten:
„Selbſtolz.“ Recht haben wir dazu, mehr als
alle die andern — die doch ſo weit damit ge¬
kommen. Vorzüglich laſſen die Dichter unſere
Sprache und unſer Volk über die Neuvölker her¬
vorragen. Kein Volk hat ſo viele Dichterſamm¬
lungen, faſt jeder Sänger hat ſeine Geiſtesblü¬
then beſonders geſammelt. Nicht ohne Unter¬
ſchied ſollen zuerſt die Pfleglinge eines Einzelnen
dargeboten werden. Das ſchönſte Blumenbeet
iſt ſelten ganz rein von Unkraut. Unſere bishe¬
rigen Blumenleſen haben wenig geleiſtet. Wer
in der Folge einzelne zu Sträußen auslieſet,
dieſe in ein Gewinde zuſammenflicht, walte mit
Ordnerkraft und Zartſinn, wie der Harfner in
Wilhelm Meiſters Lehrjahren (I. 350 u. 351.):
„wodurch denn aus einem bekannten Kreiſe von
„Jdeen, aus bekannten Liedern und Sprüchen
„für die beſondere Geſellſchaft [der Leſer] ein
„eigenes Ganze entſteht, durch deſſen Genuß
„ſie belebt, geſtärkt und erquickt wird. So er¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/240>, abgerufen am 24.11.2024.
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