irrt, viele Sprachen gekonnt zu haben (Schulz der Missionarius in Halle); so unausbleiblich im zar¬ ten Lebensanfang. Auch die zweisprachigen Karaiben reden in der Jugend nur Eine, die allgemeine der Weiber, bis sie beim Wehrhaft¬ werden die Sprache der Väter, als besondere Geheimsprache zuerlernen. So lernen die Nord¬ amerikanischen Wilden erst nach ihrer Anfüh¬ rerwürde Algonkinisch, als Dollmetscher- und Unterhandlungssprache. Wunderkinder wie Hei¬ neken, Baratier, Witte u. s. w. sind Falken¬ abrichtungen von Taschenspielern, und Kinder¬ schändereien von Menschenverrenkern, oder doch gefährliche Selbstbetrüge. Jn der Mutterspra¬ che wiederhallen alle Hochgefühle, des Herzens ausgeschollene Klänge, vom ersten Wiegenlaut bis zur Liebe wundersüßen Wonnekosen.
Jn Einer Sprache wird man nur groß. Homer und das ganze mustergültige Alterthum, Ariosto, Tasso, Cervantes und Shakespear ver¬ plapperten gewißlich nicht ihre Muttersprache in fremden Wörtern. Sprechen ohne Sprache; Sprachen können und doch keine einzige in sei¬ ner Gewalt haben; wissen wie Brot in allen
irrt, viele Sprachen gekonnt zu haben (Schulz der Miſſionarius in Halle); ſo unausbleiblich im zar¬ ten Lebensanfang. Auch die zweiſprachigen Karaiben reden in der Jugend nur Eine, die allgemeine der Weiber, bis ſie beim Wehrhaft¬ werden die Sprache der Väter, als beſondere Geheimſprache zuerlernen. So lernen die Nord¬ amerikaniſchen Wilden erſt nach ihrer Anfüh¬ rerwürde Algonkiniſch, als Dollmetſcher- und Unterhandlungsſprache. Wunderkinder wie Hei¬ neken, Baratier, Witte u. ſ. w. ſind Falken¬ abrichtungen von Taſchenſpielern, und Kinder¬ ſchändereien von Menſchenverrenkern, oder doch gefährliche Selbſtbetrüge. Jn der Mutterſpra¬ che wiederhallen alle Hochgefühle, des Herzens ausgeſchollene Klänge, vom erſten Wiegenlaut bis zur Liebe wunderſüßen Wonnekoſen.
Jn Einer Sprache wird man nur groß. Homer und das ganze muſtergültige Alterthum, Arioſto, Taſſo, Cervantes und Shakespear ver¬ plapperten gewißlich nicht ihre Mutterſprache in fremden Wörtern. Sprechen ohne Sprache; Sprachen können und doch keine einzige in ſei¬ ner Gewalt haben; wiſſen wie Brot in allen
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irrt, viele Sprachen gekonnt zu haben (Schulz der
Miſſionarius in Halle); ſo unausbleiblich im zar¬
ten Lebensanfang. Auch die zweiſprachigen
Karaiben reden in der Jugend nur Eine, die
allgemeine der Weiber, bis ſie beim Wehrhaft¬
werden die Sprache der Väter, als beſondere
Geheimſprache zuerlernen. So lernen die Nord¬
amerikaniſchen Wilden erſt nach ihrer Anfüh¬
rerwürde Algonkiniſch, als Dollmetſcher- und
Unterhandlungsſprache. Wunderkinder wie Hei¬
neken, Baratier, Witte u. ſ. w. ſind Falken¬
abrichtungen von Taſchenſpielern, und Kinder¬
ſchändereien von Menſchenverrenkern, oder doch
gefährliche Selbſtbetrüge. Jn der Mutterſpra¬
che wiederhallen alle Hochgefühle, des Herzens
ausgeſchollene Klänge, vom erſten Wiegenlaut
bis zur Liebe wunderſüßen Wonnekoſen.
Jn Einer Sprache wird man nur groß.
Homer und das ganze muſtergültige Alterthum,
Arioſto, Taſſo, Cervantes und Shakespear ver¬
plapperten gewißlich nicht ihre Mutterſprache in
fremden Wörtern. Sprechen ohne Sprache;
Sprachen können und doch keine einzige in ſei¬
ner Gewalt haben; wiſſen wie Brot in allen
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/216>, abgerufen am 23.11.2024.
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