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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

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Reiten sollten alle schwingfertigen Tur-
ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre
erlernen können. Dazu kann aber nur der
Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher
Jugend ist das Reiten schädlich für Wachsthum,
Gesundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der
seinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein
Reitpferd halten. Das verfäult und verludert
den jungen Menschen, setzt ihm den Dünkel
von Erwachsenheit und Vornehmigkeit in den
Kopf, verleitet ihn zu Verschwendung und eitlen
Lüsten und Lastern. Ohne Noth muß sich kein
Mensch mit dem Thier gemein machen.

Dem Tanzen als Leibesübung kann sein
Werth nicht genommen werden, es bildet den
Anstand und gute Haltung; hingegen stärken
die andern Turnübungen weit mehr, und Zier-
lichkeit ist in einem verweichlichten Zeitalter am
Ersten zu entrathen. Daß beide Geschlechter
schon in den Kinderjahren zusammen tanzen ler-
nen, ist gar nicht zu dulden. So wie das Tan-
zen gewöhnlich getrieben wird, ist es: Zerstörer
der Gesundheit, Verderber der Sittlichkeit und
Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze sind

jetzt

Reiten ſollten alle ſchwingfertigen Tur-
ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre
erlernen können. Dazu kann aber nur der
Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher
Jugend iſt das Reiten ſchädlich für Wachsthum,
Geſundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der
ſeinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein
Reitpferd halten. Das verfäult und verludert
den jungen Menſchen, ſetzt ihm den Dünkel
von Erwachſenheit und Vornehmigkeit in den
Kopf, verleitet ihn zu Verſchwendung und eitlen
Lüſten und Laſtern. Ohne Noth muß ſich kein
Menſch mit dem Thier gemein machen.

Dem Tanzen als Leibesübung kann ſein
Werth nicht genommen werden, es bildet den
Anſtand und gute Haltung; hingegen ſtärken
die andern Turnübungen weit mehr, und Zier-
lichkeit iſt in einem verweichlichten Zeitalter am
Erſten zu entrathen. Daß beide Geſchlechter
ſchon in den Kinderjahren zuſammen tanzen ler-
nen, iſt gar nicht zu dulden. So wie das Tan-
zen gewöhnlich getrieben wird, iſt es: Zerſtörer
der Geſundheit, Verderber der Sittlichkeit und
Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze ſind

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[XVI/0022] Reiten ſollten alle ſchwingfertigen Tur- ner nach dem 16ten oder 17ten Jahre erlernen können. Dazu kann aber nur der Staat helfen. In zarter Kindheit, und früher Jugend iſt das Reiten ſchädlich für Wachsthum, Geſundheit und Sittlichkeit. Ein Vater, der ſeinen Sohn liebt, muß ihm als Knaben kein Reitpferd halten. Das verfäult und verludert den jungen Menſchen, ſetzt ihm den Dünkel von Erwachſenheit und Vornehmigkeit in den Kopf, verleitet ihn zu Verſchwendung und eitlen Lüſten und Laſtern. Ohne Noth muß ſich kein Menſch mit dem Thier gemein machen. Dem Tanzen als Leibesübung kann ſein Werth nicht genommen werden, es bildet den Anſtand und gute Haltung; hingegen ſtärken die andern Turnübungen weit mehr, und Zier- lichkeit iſt in einem verweichlichten Zeitalter am Erſten zu entrathen. Daß beide Geſchlechter ſchon in den Kinderjahren zuſammen tanzen ler- nen, iſt gar nicht zu dulden. So wie das Tan- zen gewöhnlich getrieben wird, iſt es: Zerſtörer der Geſundheit, Verderber der Sittlichkeit und Verführer zur Sünde. Der neuern Tänze ſind jetzt

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/22>, abgerufen am 22.11.2024.