weil der eine Bruder des andern Wittwe zu Zeiten heirathete, da Gott diese Ehe selber durch ein Gesetz zu befördern suchte, wenn bloß dieser Fall da war, daß ein Bruder verstorben, der keine Kinder hat- te, durch welche sein Name konnte fortge- pflanzet werden. 5 B. Mos. C. 25. Ja es ist höchst wahrscheinlich, daß selbst Mo- ses in einer solchen Ehe gezeuget worden, die Gott nachher verbothen. 5 B. Mos. C. 6. v. 20.
Auch kann man aus der Todesstrafe, so Gott auf die Uebertretung eines Gesetzes geleget, nicht schliessen, daß ein Gesetz sich auf die Natur der Dinge gründe, und von ei- ner allgemeinen Sittlichkeit sey, sonst wä- ren es auch die Gebothe von der Beschnei- dung und vom Sabbathe, 1 B. Mos. C. 17. v. 14. 2 B. Mos. C. 31. v. 15. wel- ches doch mit den ausdrücklichen Buchsta- ben des Neuen Testamentes streitet. Gal. C. 5. v. 2. Coloss. C. 2. v. 16. Die all- gemeine Verbindlichkeit dieser oder jener Gesetze, die Gott den Jsraeliten gegeben, muß aus ganz andern Gründen, und in- sonderheit aus der allgemeinen Natur der Menschen und menschlichen Gesellschaft, und aus der Wiederholung derselben im Neuen Testamente geschlossen werden. Man muß einen Unterschied machen unter den allgemeinen Sittengesetzen und unter
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weil der eine Bruder des andern Wittwe zu Zeiten heirathete, da Gott dieſe Ehe ſelber durch ein Geſetz zu befoͤrdern ſuchte, wenn bloß dieſer Fall da war, daß ein Bruder verſtorben, der keine Kinder hat- te, durch welche ſein Name konnte fortge- pflanzet werden. 5 B. Moſ. C. 25. Ja es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſelbſt Mo- ſes in einer ſolchen Ehe gezeuget worden, die Gott nachher verbothen. 5 B. Moſ. C. 6. v. 20.
Auch kann man aus der Todesſtrafe, ſo Gott auf die Uebertretung eines Geſetzes geleget, nicht ſchlieſſen, daß ein Geſetz ſich auf die Natur der Dinge gruͤnde, und von ei- ner allgemeinen Sittlichkeit ſey, ſonſt waͤ- ren es auch die Gebothe von der Beſchnei- dung und vom Sabbathe, 1 B. Moſ. C. 17. v. 14. 2 B. Moſ. C. 31. v. 15. wel- ches doch mit den ausdruͤcklichen Buchſta- ben des Neuen Teſtamentes ſtreitet. Gal. C. 5. v. 2. Coloſſ. C. 2. v. 16. Die all- gemeine Verbindlichkeit dieſer oder jener Geſetze, die Gott den Jſraeliten gegeben, muß aus ganz andern Gruͤnden, und in- ſonderheit aus der allgemeinen Natur der Menſchen und menſchlichen Geſellſchaft, und aus der Wiederholung derſelben im Neuen Teſtamente geſchloſſen werden. Man muß einen Unterſchied machen unter den allgemeinen Sittengeſetzen und unter
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weil der eine Bruder des andern Wittwe
zu Zeiten heirathete, da Gott dieſe Ehe
ſelber durch ein Geſetz zu befoͤrdern ſuchte,
wenn bloß dieſer Fall da war, daß ein
Bruder verſtorben, der keine Kinder hat-
te, durch welche ſein Name konnte fortge-
pflanzet werden. 5 B. Moſ. C. 25. Ja
es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſelbſt Mo-
ſes in einer ſolchen Ehe gezeuget worden,
die Gott nachher verbothen. 5 B. Moſ.
C. 6. v. 20.
Auch kann man aus der Todesſtrafe,
ſo Gott auf die Uebertretung eines Geſetzes
geleget, nicht ſchlieſſen, daß ein Geſetz ſich auf
die Natur der Dinge gruͤnde, und von ei-
ner allgemeinen Sittlichkeit ſey, ſonſt waͤ-
ren es auch die Gebothe von der Beſchnei-
dung und vom Sabbathe, 1 B. Moſ. C.
17. v. 14. 2 B. Moſ. C. 31. v. 15. wel-
ches doch mit den ausdruͤcklichen Buchſta-
ben des Neuen Teſtamentes ſtreitet. Gal.
C. 5. v. 2. Coloſſ. C. 2. v. 16. Die all-
gemeine Verbindlichkeit dieſer oder jener
Geſetze, die Gott den Jſraeliten gegeben,
muß aus ganz andern Gruͤnden, und in-
ſonderheit aus der allgemeinen Natur der
Menſchen und menſchlichen Geſellſchaft,
und aus der Wiederholung derſelben im
Neuen Teſtamente geſchloſſen werden.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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