untreuen Gemahl dieses vergeben, und mit demselben dennoch die Ehe fortsetzen will, oder nicht. Wenn es aber auch solche Fälle giebt, dergleichen wir vorhin beschrie- ben, so stehet es bey denselben nicht in des andern Ehegatten Willen, ob er die Ehe fortsetzen will oder nicht, sondern sie wird ohne seinen Willen aufgehaben. Derglei- chen Fälle giebt es aber verschiedene. Der gewöhnlichste ist der Tod des einen Ehe- gatten. Dieser hebet die eheliche Verbin- dung völlig auf, und macht alle Absichten der Ehe unmöglich 1 Cor. Cap. 7. v. 39. Es wird der Ehestand weiter unmöglich, wenn der eine Ehegatte ein Verbrechen be- gehet, worüber er zu einer beständigen Gefangenschaft verdammet wird, und es wird folglich wol in Ansehung des andern Ehegatten gleich viel seyn, ob jener im Grabe liegt oder auf beständig in ein Spinn- und Werkhauß eingeschlossen ist. Eine gleiche Bewandniß wird es auch ha- ben, wenn der eine Ehegatte durch ein har- tes Schicksal seines Verstandes beraubt wird, und ohne Hoffnung wieder zu gene- sen in ein Tollhaus gebracht werden muß. Auch hier werden die Absichten der Ehe unmöglich. Ferner gehöret hieher, wenn der eine Ehegatte den andern mit einer Ge- walt von sich stosset, welcher zu widerste- hen, der andere keine Mittel hat. Jn diesem Falle wird die Ehe in Ansehung
dieses
Jac. Betr. 4. Band. R
untreuen Gemahl dieſes vergeben, und mit demſelben dennoch die Ehe fortſetzen will, oder nicht. Wenn es aber auch ſolche Faͤlle giebt, dergleichen wir vorhin beſchrie- ben, ſo ſtehet es bey denſelben nicht in des andern Ehegatten Willen, ob er die Ehe fortſetzen will oder nicht, ſondern ſie wird ohne ſeinen Willen aufgehaben. Derglei- chen Faͤlle giebt es aber verſchiedene. Der gewoͤhnlichſte iſt der Tod des einen Ehe- gatten. Dieſer hebet die eheliche Verbin- dung voͤllig auf, und macht alle Abſichten der Ehe unmoͤglich 1 Cor. Cap. 7. v. 39. Es wird der Eheſtand weiter unmoͤglich, wenn der eine Ehegatte ein Verbrechen be- gehet, woruͤber er zu einer beſtaͤndigen Gefangenſchaft verdammet wird, und es wird folglich wol in Anſehung des andern Ehegatten gleich viel ſeyn, ob jener im Grabe liegt oder auf beſtaͤndig in ein Spinn- und Werkhauß eingeſchloſſen iſt. Eine gleiche Bewandniß wird es auch ha- ben, wenn der eine Ehegatte durch ein har- tes Schickſal ſeines Verſtandes beraubt wird, und ohne Hoffnung wieder zu gene- ſen in ein Tollhaus gebracht werden muß. Auch hier werden die Abſichten der Ehe unmoͤglich. Ferner gehoͤret hieher, wenn der eine Ehegatte den andern mit einer Ge- walt von ſich ſtoſſet, welcher zu widerſte- hen, der andere keine Mittel hat. Jn dieſem Falle wird die Ehe in Anſehung
dieſes
Jac. Betr. 4. Band. R
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untreuen Gemahl dieſes vergeben, und mit
demſelben dennoch die Ehe fortſetzen will,
oder nicht. Wenn es aber auch ſolche
Faͤlle giebt, dergleichen wir vorhin beſchrie-
ben, ſo ſtehet es bey denſelben nicht in des
andern Ehegatten Willen, ob er die Ehe
fortſetzen will oder nicht, ſondern ſie wird
ohne ſeinen Willen aufgehaben. Derglei-
chen Faͤlle giebt es aber verſchiedene. Der
gewoͤhnlichſte iſt der Tod des einen Ehe-
gatten. Dieſer hebet die eheliche Verbin-
dung voͤllig auf, und macht alle Abſichten
der Ehe unmoͤglich 1 Cor. Cap. 7. v. 39.
Es wird der Eheſtand weiter unmoͤglich,
wenn der eine Ehegatte ein Verbrechen be-
gehet, woruͤber er zu einer beſtaͤndigen
Gefangenſchaft verdammet wird, und es
wird folglich wol in Anſehung des andern
Ehegatten gleich viel ſeyn, ob jener im
Grabe liegt oder auf beſtaͤndig in ein
Spinn- und Werkhauß eingeſchloſſen iſt.
Eine gleiche Bewandniß wird es auch ha-
ben, wenn der eine Ehegatte durch ein har-
tes Schickſal ſeines Verſtandes beraubt
wird, und ohne Hoffnung wieder zu gene-
ſen in ein Tollhaus gebracht werden muß.
Auch hier werden die Abſichten der Ehe
unmoͤglich. Ferner gehoͤret hieher, wenn
der eine Ehegatte den andern mit einer Ge-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/277>, abgerufen am 22.11.2024.
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