Sünde, versaget auch niemanden die nö- thige Gnade aus seiner Unordnung und Unseligkeit heraus zu kommen *). Noch vielweniger lässet er jemanden gebohren werden und erhält ihn zu dem Ende, daß er absolut sündigen soll, damit er ihn an- dern zum Exempel strafen könne, sondern er macht vielmehr die Anlage der Welt also, und richtet sie sowol nach dem ersten als zweyten Plan dergestalt ein, daß er ihnen hinlängliche Mittel zu ihrer Vollkommen- heit und Seligkeit darbietet, und wirklich darreichet. Ob er nun gleich siehet, daß verschiedene diese Gnade verachten, und die Mittel zu ihrer Seligkeit von sich stos- sen, und sich muthwillig eine ewige Ver- werfung zuziehen werden, so lässet er sie doch gebohren werden, und erhält sie, weil dadurch andere zu einer seligen Umkehr be- wögen und im Guten bestärket werden **). Es wird dieses einigen als ein Widerspruch vorkommen. Wir wollen selbigen durch ein Gleichniß zu heben suchen. Man neh-
me
*) 1 Tim. C. 2. v. 4. Apostelgesch. C. 10. v. 34. 35.
**) Das Harte, so hierinne noch zu liegen scheinet, wird sich vielleicht in dessen Augen verlieren, der dasjenige nachlieset, was wir hierüber in der fünften Betrachtung in dem letztern Theile von den Höllenstrafen beyge- bracht haben.
Suͤnde, verſaget auch niemanden die noͤ- thige Gnade aus ſeiner Unordnung und Unſeligkeit heraus zu kommen *). Noch vielweniger laͤſſet er jemanden gebohren werden und erhaͤlt ihn zu dem Ende, daß er abſolut ſuͤndigen ſoll, damit er ihn an- dern zum Exempel ſtrafen koͤnne, ſondern er macht vielmehr die Anlage der Welt alſo, und richtet ſie ſowol nach dem erſten als zweyten Plan dergeſtalt ein, daß er ihnen hinlaͤngliche Mittel zu ihrer Vollkommen- heit und Seligkeit darbietet, und wirklich darreichet. Ob er nun gleich ſiehet, daß verſchiedene dieſe Gnade verachten, und die Mittel zu ihrer Seligkeit von ſich ſtoſ- ſen, und ſich muthwillig eine ewige Ver- werfung zuziehen werden, ſo laͤſſet er ſie doch gebohren werden, und erhaͤlt ſie, weil dadurch andere zu einer ſeligen Umkehr be- woͤgen und im Guten beſtaͤrket werden **). Es wird dieſes einigen als ein Widerſpruch vorkommen. Wir wollen ſelbigen durch ein Gleichniß zu heben ſuchen. Man neh-
me
*) 1 Tim. C. 2. v. 4. Apoſtelgeſch. C. 10. v. 34. 35.
**) Das Harte, ſo hierinne noch zu liegen ſcheinet, wird ſich vielleicht in deſſen Augen verlieren, der dasjenige nachlieſet, was wir hieruͤber in der fuͤnften Betrachtung in dem letztern Theile von den Hoͤllenſtrafen beyge- bracht haben.
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[191/0211]
Suͤnde, verſaget auch niemanden die noͤ-
thige Gnade aus ſeiner Unordnung und
Unſeligkeit heraus zu kommen *). Noch
vielweniger laͤſſet er jemanden gebohren
werden und erhaͤlt ihn zu dem Ende, daß
er abſolut ſuͤndigen ſoll, damit er ihn an-
dern zum Exempel ſtrafen koͤnne, ſondern er
macht vielmehr die Anlage der Welt alſo,
und richtet ſie ſowol nach dem erſten als
zweyten Plan dergeſtalt ein, daß er ihnen
hinlaͤngliche Mittel zu ihrer Vollkommen-
heit und Seligkeit darbietet, und wirklich
darreichet. Ob er nun gleich ſiehet, daß
verſchiedene dieſe Gnade verachten, und
die Mittel zu ihrer Seligkeit von ſich ſtoſ-
ſen, und ſich muthwillig eine ewige Ver-
werfung zuziehen werden, ſo laͤſſet er ſie
doch gebohren werden, und erhaͤlt ſie, weil
dadurch andere zu einer ſeligen Umkehr be-
woͤgen und im Guten beſtaͤrket werden **).
Es wird dieſes einigen als ein Widerſpruch
vorkommen. Wir wollen ſelbigen durch
ein Gleichniß zu heben ſuchen. Man neh-
me
*) 1 Tim. C. 2. v. 4. Apoſtelgeſch. C. 10.
v. 34. 35.
**) Das Harte, ſo hierinne noch zu liegen
ſcheinet, wird ſich vielleicht in deſſen Augen
verlieren, der dasjenige nachlieſet, was wir
hieruͤber in der fuͤnften Betrachtung in dem
letztern Theile von den Hoͤllenſtrafen beyge-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/211>, abgerufen am 26.11.2024.
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