andere Mittel möglich gewesen zu seyn, als diejenigen so der Herr erwählet. We- nigstens lehret der Erfolg, daß sie kaum hingereichet, diesen Zweck zu bewirken. Hätte Gott die Jsraeliten dergestalt unter den Heiden gelassen, daß sie mit ihnen ei- nerley Städte bewohnet, so würde es gar nicht seyn zu verhüten gewesen, daß sie sich nicht durchgängig mit den Heiden verhei- rathet, und alsdenn würde es nicht mög- lich geblieben seyn, dieses Volk jemahls in der Erkänntniß des einigen Gottes und ei- nem vernünftigen Gottesdienste zu befesti- gen. Die Noth erforderte derowegen, ihnen eigne Städte einzuräumen. Dieses aber konnte nun nach den damahligen Um- ständen nicht anders geschehen, als daß Gott andere Völker vor ihnen vertrieb. Hätte nun Gott dieselben durch eine anhal- tende Pest oder Dürre und Hungersnoth oder Heuschrecken theils aufgerieben, theils aber genöthiget, sich in andere Länder zu verbreiten, so würde sich niemand daran stossen. Allein, warum hat sie Gott durch die Jsraeliten ausrotten lassen?
§. 34.
Es ist oben schon bewiesen worden, daßFortsetzung des vorigen. man die Macht einer Gottheit besonders aus den Siegen, so sie ihrem Volke gab, beurtheilete. Nun war nöthig, dem Jsrae- litischen Volke die stärkesten Eindrücke zu
geben,
F 3
andere Mittel moͤglich geweſen zu ſeyn, als diejenigen ſo der Herr erwaͤhlet. We- nigſtens lehret der Erfolg, daß ſie kaum hingereichet, dieſen Zweck zu bewirken. Haͤtte Gott die Jſraeliten dergeſtalt unter den Heiden gelaſſen, daß ſie mit ihnen ei- nerley Staͤdte bewohnet, ſo wuͤrde es gar nicht ſeyn zu verhuͤten geweſen, daß ſie ſich nicht durchgaͤngig mit den Heiden verhei- rathet, und alsdenn wuͤrde es nicht moͤg- lich geblieben ſeyn, dieſes Volk jemahls in der Erkaͤnntniß des einigen Gottes und ei- nem vernuͤnftigen Gottesdienſte zu befeſti- gen. Die Noth erforderte derowegen, ihnen eigne Staͤdte einzuraͤumen. Dieſes aber konnte nun nach den damahligen Um- ſtaͤnden nicht anders geſchehen, als daß Gott andere Voͤlker vor ihnen vertrieb. Haͤtte nun Gott dieſelben durch eine anhal- tende Peſt oder Duͤrre und Hungersnoth oder Heuſchrecken theils aufgerieben, theils aber genoͤthiget, ſich in andere Laͤnder zu verbreiten, ſo wuͤrde ſich niemand daran ſtoſſen. Allein, warum hat ſie Gott durch die Jſraeliten ausrotten laſſen?
§. 34.
Es iſt oben ſchon bewieſen worden, daßFortſetzung des vorigen. man die Macht einer Gottheit beſonders aus den Siegen, ſo ſie ihrem Volke gab, beurtheilete. Nun war noͤthig, dem Jſrae- litiſchen Volke die ſtaͤrkeſten Eindruͤcke zu
geben,
F 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0105"n="85"/>
andere Mittel moͤglich geweſen zu ſeyn,<lb/>
als diejenigen ſo der Herr erwaͤhlet. We-<lb/>
nigſtens lehret der Erfolg, daß ſie kaum<lb/>
hingereichet, dieſen Zweck zu bewirken.<lb/>
Haͤtte Gott die Jſraeliten dergeſtalt unter<lb/>
den Heiden gelaſſen, daß ſie mit ihnen ei-<lb/>
nerley Staͤdte bewohnet, ſo wuͤrde es gar<lb/>
nicht ſeyn zu verhuͤten geweſen, daß ſie ſich<lb/>
nicht durchgaͤngig mit den Heiden verhei-<lb/>
rathet, und alsdenn wuͤrde es nicht moͤg-<lb/>
lich geblieben ſeyn, dieſes Volk jemahls in<lb/>
der Erkaͤnntniß des einigen Gottes und ei-<lb/>
nem vernuͤnftigen Gottesdienſte zu befeſti-<lb/>
gen. Die Noth erforderte derowegen,<lb/>
ihnen eigne Staͤdte einzuraͤumen. Dieſes<lb/>
aber konnte nun nach den damahligen Um-<lb/>ſtaͤnden nicht anders geſchehen, als daß<lb/>
Gott andere Voͤlker vor ihnen vertrieb.<lb/>
Haͤtte nun Gott dieſelben durch eine anhal-<lb/>
tende Peſt oder Duͤrre und Hungersnoth<lb/>
oder Heuſchrecken theils aufgerieben, theils<lb/>
aber genoͤthiget, ſich in andere Laͤnder zu<lb/>
verbreiten, ſo wuͤrde ſich niemand daran<lb/>ſtoſſen. Allein, warum hat ſie Gott durch<lb/>
die Jſraeliten ausrotten laſſen?</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 34.</head><lb/><p>Es iſt oben ſchon bewieſen worden, daß<noteplace="right">Fortſetzung<lb/>
des vorigen.</note><lb/>
man die Macht einer Gottheit beſonders<lb/>
aus den Siegen, ſo ſie ihrem Volke gab,<lb/>
beurtheilete. Nun war noͤthig, dem Jſrae-<lb/>
litiſchen Volke die ſtaͤrkeſten Eindruͤcke zu<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">geben,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[85/0105]
andere Mittel moͤglich geweſen zu ſeyn,
als diejenigen ſo der Herr erwaͤhlet. We-
nigſtens lehret der Erfolg, daß ſie kaum
hingereichet, dieſen Zweck zu bewirken.
Haͤtte Gott die Jſraeliten dergeſtalt unter
den Heiden gelaſſen, daß ſie mit ihnen ei-
nerley Staͤdte bewohnet, ſo wuͤrde es gar
nicht ſeyn zu verhuͤten geweſen, daß ſie ſich
nicht durchgaͤngig mit den Heiden verhei-
rathet, und alsdenn wuͤrde es nicht moͤg-
lich geblieben ſeyn, dieſes Volk jemahls in
der Erkaͤnntniß des einigen Gottes und ei-
nem vernuͤnftigen Gottesdienſte zu befeſti-
gen. Die Noth erforderte derowegen,
ihnen eigne Staͤdte einzuraͤumen. Dieſes
aber konnte nun nach den damahligen Um-
ſtaͤnden nicht anders geſchehen, als daß
Gott andere Voͤlker vor ihnen vertrieb.
Haͤtte nun Gott dieſelben durch eine anhal-
tende Peſt oder Duͤrre und Hungersnoth
oder Heuſchrecken theils aufgerieben, theils
aber genoͤthiget, ſich in andere Laͤnder zu
verbreiten, ſo wuͤrde ſich niemand daran
ſtoſſen. Allein, warum hat ſie Gott durch
die Jſraeliten ausrotten laſſen?
§. 34.
Es iſt oben ſchon bewieſen worden, daß
man die Macht einer Gottheit beſonders
aus den Siegen, ſo ſie ihrem Volke gab,
beurtheilete. Nun war noͤthig, dem Jſrae-
litiſchen Volke die ſtaͤrkeſten Eindruͤcke zu
geben,
Fortſetzung
des vorigen.
F 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/105>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.