weisen keinen Fehler finden kan, so dencke ich gleichfalls: Vielleicht sind beyde wahr, und ein noch unbekannter Umstand macht, daß du ihre Uberein- stimmung nicht begreifest. Und nicht selten habe ich besonders in den gemei- nen Vorfallenheiten des Lebens den Umstand entdeckt, der mir die Verbin- dung zweener widrig-scheinenden Dinge klar gemacht.
§. XIX.
Wahrer Endzweck und Werth der folgen- den Be- trachtun- gen.
Jndessen kan ich nicht leugnen, daß ich weit vergnügter bin, wenn ich in den Sätzen, welche ich als wahr an- nehme, keinen Widerspruch bemercke, sondern selbige mit einander verbinden kan. Jch bin daher auch weit geruhi- ger, wenn ich meine Philosophie und die klaren Zeugnisse der göttlichen Offenba- rung mit einander in eine angenehme Ubereinstimmung zu setzen vermag. Denn ich bin gar nicht in Abrede, daß ich ge- gen meine natürliche Einsicht diejenige zärtliche Liebe habe, die ein Vater ge- gen sein Kind heget, und die Gefangen-
nehmung
weiſen keinen Fehler finden kan, ſo dencke ich gleichfalls: Vielleicht ſind beyde wahr, und ein noch unbekannter Umſtand macht, daß du ihre Uberein- ſtimmung nicht begreifeſt. Und nicht ſelten habe ich beſonders in den gemei- nen Vorfallenheiten des Lebens den Umſtand entdeckt, der mir die Verbin- dung zweener widrig-ſcheinenden Dinge klar gemacht.
§. XIX.
Wahrer Endzweck und Werth der folgen- den Be- trachtun- gen.
Jndeſſen kan ich nicht leugnen, daß ich weit vergnuͤgter bin, wenn ich in den Saͤtzen, welche ich als wahr an- nehme, keinen Widerſpruch bemercke, ſondern ſelbige mit einander verbinden kan. Jch bin daher auch weit geruhi- ger, wenn ich meine Philoſophie und die klaren Zeugniſſe der goͤttlichen Offenba- rung mit einander in eine angenehme Ubereinſtimmung zu ſetzen vermag. Denn ich bin gar nicht in Abrede, daß ich ge- gen meine natuͤrliche Einſicht diejenige zaͤrtliche Liebe habe, die ein Vater ge- gen ſein Kind heget, und die Gefangen-
nehmung
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weiſen keinen Fehler finden kan, ſo
dencke ich gleichfalls: Vielleicht ſind
beyde wahr, und ein noch unbekannter
Umſtand macht, daß du ihre Uberein-
ſtimmung nicht begreifeſt. Und nicht
ſelten habe ich beſonders in den gemei-
nen Vorfallenheiten des Lebens den
Umſtand entdeckt, der mir die Verbin-
dung zweener widrig-ſcheinenden Dinge
klar gemacht.
§. XIX.
Jndeſſen kan ich nicht leugnen, daß
ich weit vergnuͤgter bin, wenn ich in
den Saͤtzen, welche ich als wahr an-
nehme, keinen Widerſpruch bemercke,
ſondern ſelbige mit einander verbinden
kan. Jch bin daher auch weit geruhi-
ger, wenn ich meine Philoſophie und die
klaren Zeugniſſe der goͤttlichen Offenba-
rung mit einander in eine angenehme
Ubereinſtimmung zu ſetzen vermag. Denn
ich bin gar nicht in Abrede, daß ich ge-
gen meine natuͤrliche Einſicht diejenige
zaͤrtliche Liebe habe, die ein Vater ge-
gen ſein Kind heget, und die Gefangen-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/68>, abgerufen am 25.11.2024.
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