Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.gung ohne Abwerfung des alten Joches geschehen? der seligmachende Glaube setzt also eine lebendige und ängstliche Erkennt- niß unsers Verfalls und eine Abschwörung der Sünden zum Voraus. JEsus lässet derowegen seine erste Predigt diese seyn: Thut Busse und gläubet an das Evan-Marc. 1, 15. lium. Wir kommen endlich auf die Wür- ckungen dieses Glaubens. Soll unser Glaube anders vor GOtt gelten, so muß er nicht todt und wercklos, sondern leben-Jac. 2, 17. 26. dig d. i. würcksam seyn. Wenn wir aber diesem Glauben Zeit zu einer öftern und reifen Ueberlegung, und Raum, seine Kraft zu äussern, lassen, so würcket er vor allen Dingen die zärtlichste, die freudigste und danckbareste Liebe gegen GOtt und JE- sum. Der Glaube zeiget uns GOtt als den allerliebreichesten Vater. Durch den Glauben sehen wir ihn als einen solchen, der mit abtrünnigen, ungehorsamen und sich selbst in das grösseste Unglück stürtzen- den Kindern ein zärtliches Mitleiden hat. Er liebt die, so ihn ihrer Gegen-Liebe un- würdig achten, ihn gering schätzen und ihr Vergnügen in einem widerspänstigen Wi- derstreben finden. Er liebet sie so sehr, daß er Jacobi Betr. 2. Band. B b
gung ohne Abwerfung des alten Joches geſchehen? der ſeligmachende Glaube ſetzt alſo eine lebendige und aͤngſtliche Erkennt- niß unſers Verfalls und eine Abſchwoͤrung der Suͤnden zum Voraus. JEſus laͤſſet derowegen ſeine erſte Predigt dieſe ſeyn: Thut Buſſe und glaͤubet an das Evan-Marc. 1, 15. lium. Wir kommen endlich auf die Wuͤr- ckungen dieſes Glaubens. Soll unſer Glaube anders vor GOtt gelten, ſo muß er nicht todt und wercklos, ſondern leben-Jac. 2, 17. 26. dig d. i. wuͤrckſam ſeyn. Wenn wir aber dieſem Glauben Zeit zu einer oͤftern und reifen Ueberlegung, und Raum, ſeine Kraft zu aͤuſſern, laſſen, ſo wuͤrcket er vor allen Dingen die zaͤrtlichſte, die freudigſte und danckbareſte Liebe gegen GOtt und JE- ſum. Der Glaube zeiget uns GOtt als den allerliebreicheſten Vater. Durch den Glauben ſehen wir ihn als einen ſolchen, der mit abtruͤnnigen, ungehorſamen und ſich ſelbſt in das groͤſſeſte Ungluͤck ſtuͤrtzen- den Kindern ein zaͤrtliches Mitleiden hat. Er liebt die, ſo ihn ihrer Gegen-Liebe un- wuͤrdig achten, ihn gering ſchaͤtzen und ihr Vergnuͤgen in einem widerſpaͤnſtigen Wi- derſtreben finden. Er liebet ſie ſo ſehr, daß er Jacobi Betr. 2. Band. B b
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gung ohne Abwerfung des alten Joches
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niß unſers Verfalls und eine Abſchwoͤrung
der Suͤnden zum Voraus. JEſus laͤſſet
derowegen ſeine erſte Predigt dieſe ſeyn:
Thut Buſſe und glaͤubet an das Evan-
lium. Wir kommen endlich auf die Wuͤr-
ckungen dieſes Glaubens. Soll unſer
Glaube anders vor GOtt gelten, ſo muß
er nicht todt und wercklos, ſondern leben-
dig d. i. wuͤrckſam ſeyn. Wenn wir aber
dieſem Glauben Zeit zu einer oͤftern und
reifen Ueberlegung, und Raum, ſeine Kraft
zu aͤuſſern, laſſen, ſo wuͤrcket er vor allen
Dingen die zaͤrtlichſte, die freudigſte und
danckbareſte Liebe gegen GOtt und JE-
ſum. Der Glaube zeiget uns GOtt als
den allerliebreicheſten Vater. Durch den
Glauben ſehen wir ihn als einen ſolchen,
der mit abtruͤnnigen, ungehorſamen und
ſich ſelbſt in das groͤſſeſte Ungluͤck ſtuͤrtzen-
den Kindern ein zaͤrtliches Mitleiden hat.
Er liebt die, ſo ihn ihrer Gegen-Liebe un-
wuͤrdig achten, ihn gering ſchaͤtzen und ihr
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