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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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cher Schöpfer, du HErr Himmels und
der Erden, bittest uns geringe Wür-
mer, daß wir uns auch mögen mit dir
versöhnen lassen. O unbegreifliche Lang-
muth! Unbegreifliche Erniedrigung GOt-
tes gegen die Menschen! Unbegreifliche
- - -! Wir erstaunen, wir sind ge-
rühret, wir sind beschämet über diese Lie-
be. Unser widerspänstiges Hertz fühlet
den sanftesten Zug eines uns nachgehen-
den Vaters. Uns wird angst, wir schä-
men uns der Schande, daß wir einen
solchen Vater verlassen und ihn einer kind-
lichen Liebe unwerth geachtet. Wir ste-
hen stille auf unsern verkehrten Wege,
aber wir scheuen uns unser Angesicht zu
dir, o Vater, zu wenden. Unsere Schan-
de ist zu groß. Du aber besprengest uns
mit dem Blute das uns heiliget, du nim-
mest weg die Brandmahle unsers Gewis-
sens. Du fassest uns bey der Hand, und
befiehlst uns wieder Vater, zu dir zu sa-
gen. Ach Abba, so kehren wir wieder zu

dir.



cher Schoͤpfer, du HErr Himmels und
der Erden, bitteſt uns geringe Wuͤr-
mer, daß wir uns auch moͤgen mit dir
verſoͤhnen laſſen. O unbegreifliche Lang-
muth! Unbegreifliche Erniedrigung GOt-
tes gegen die Menſchen! Unbegreifliche
- - -! Wir erſtaunen, wir ſind ge-
ruͤhret, wir ſind beſchaͤmet uͤber dieſe Lie-
be. Unſer widerſpaͤnſtiges Hertz fuͤhlet
den ſanfteſten Zug eines uns nachgehen-
den Vaters. Uns wird angſt, wir ſchaͤ-
men uns der Schande, daß wir einen
ſolchen Vater verlaſſen und ihn einer kind-
lichen Liebe unwerth geachtet. Wir ſte-
hen ſtille auf unſern verkehrten Wege,
aber wir ſcheuen uns unſer Angeſicht zu
dir, o Vater, zu wenden. Unſere Schan-
de iſt zu groß. Du aber beſprengeſt uns
mit dem Blute das uns heiliget, du nim-
meſt weg die Brandmahle unſers Gewiſ-
ſens. Du faſſeſt uns bey der Hand, und
befiehlſt uns wieder Vater, zu dir zu ſa-
gen. Ach Abba, ſo kehren wir wieder zu

dir.
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[370/0388] cher Schoͤpfer, du HErr Himmels und der Erden, bitteſt uns geringe Wuͤr- mer, daß wir uns auch moͤgen mit dir verſoͤhnen laſſen. O unbegreifliche Lang- muth! Unbegreifliche Erniedrigung GOt- tes gegen die Menſchen! Unbegreifliche - - -! Wir erſtaunen, wir ſind ge- ruͤhret, wir ſind beſchaͤmet uͤber dieſe Lie- be. Unſer widerſpaͤnſtiges Hertz fuͤhlet den ſanfteſten Zug eines uns nachgehen- den Vaters. Uns wird angſt, wir ſchaͤ- men uns der Schande, daß wir einen ſolchen Vater verlaſſen und ihn einer kind- lichen Liebe unwerth geachtet. Wir ſte- hen ſtille auf unſern verkehrten Wege, aber wir ſcheuen uns unſer Angeſicht zu dir, o Vater, zu wenden. Unſere Schan- de iſt zu groß. Du aber beſprengeſt uns mit dem Blute das uns heiliget, du nim- meſt weg die Brandmahle unſers Gewiſ- ſens. Du faſſeſt uns bey der Hand, und befiehlſt uns wieder Vater, zu dir zu ſa- gen. Ach Abba, ſo kehren wir wieder zu dir.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/388>, abgerufen am 25.11.2024.