Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.Bewegungen und folglich die Minuten ih- rer Dauer gezehlet seyn. Diejenigen, welche obigen Einwurf machen, geben gar gerne zu, daß nicht alle Anlagen zu Men- schen so weit ausgewickelt werden, daß sie durch eine Geburt an das Tages-Licht ge- setzet werden. Und zwar diejenigen, wel- che die Würmchen in dem männlichen Saamen für Anlagen zu Menschen halten, glauben, daß deren viele Millionen um- kommen, ehe eins davon nur eine mensch- liche Gestalt bekomme. Welche aber die Anlagen zu Menschen in den Eyern junger Frauens-Personen suchen, nehmen an, daß mit einer jeden Jungfer und jungen Frau derselben verschiedne sterben. Dennoch lehrt die Erfahrung, daß die Manns-und Frauens-Personen immer in einerley Ver- hältniß gebohren werden, nemlich so, daß allezeit einige Knaben mehr als Töchter auf die Welt treten. Jch habe Kirchen- Bücher an gantz kleinen Orten, wo etwa jährlich nur acht bis zehen Kinder gebohren werden, nachgesehen, und wenn ich wenig Jahre zusammen gerechnet, so hat sich alle- zeit der Ueberschuß an Knaben gezeiget. Niemand kan dieses als eine Folge eines blin- Jacobi Betr. 2. Band. U
Bewegungen und folglich die Minuten ih- rer Dauer gezehlet ſeyn. Diejenigen, welche obigen Einwurf machen, geben gar gerne zu, daß nicht alle Anlagen zu Men- ſchen ſo weit ausgewickelt werden, daß ſie durch eine Geburt an das Tages-Licht ge- ſetzet werden. Und zwar diejenigen, wel- che die Wuͤrmchen in dem maͤnnlichen Saamen fuͤr Anlagen zu Menſchen halten, glauben, daß deren viele Millionen um- kommen, ehe eins davon nur eine menſch- liche Geſtalt bekomme. Welche aber die Anlagen zu Menſchen in den Eyern junger Frauens-Perſonen ſuchen, nehmen an, daß mit einer jeden Jungfer und jungen Frau derſelben verſchiedne ſterben. Dennoch lehrt die Erfahrung, daß die Manns-und Frauens-Perſonen immer in einerley Ver- haͤltniß gebohren werden, nemlich ſo, daß allezeit einige Knaben mehr als Toͤchter auf die Welt treten. Jch habe Kirchen- Buͤcher an gantz kleinen Orten, wo etwa jaͤhrlich nur acht bis zehen Kinder gebohren werden, nachgeſehen, und wenn ich wenig Jahre zuſammen gerechnet, ſo hat ſich alle- zeit der Ueberſchuß an Knaben gezeiget. Niemand kan dieſes als eine Folge eines blin- Jacobi Betr. 2. Band. U
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Bewegungen und folglich die Minuten ih-
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welche obigen Einwurf machen, geben gar
gerne zu, daß nicht alle Anlagen zu Men-
ſchen ſo weit ausgewickelt werden, daß ſie
durch eine Geburt an das Tages-Licht ge-
ſetzet werden. Und zwar diejenigen, wel-
che die Wuͤrmchen in dem maͤnnlichen
Saamen fuͤr Anlagen zu Menſchen halten,
glauben, daß deren viele Millionen um-
kommen, ehe eins davon nur eine menſch-
liche Geſtalt bekomme. Welche aber die
Anlagen zu Menſchen in den Eyern junger
Frauens-Perſonen ſuchen, nehmen an, daß
mit einer jeden Jungfer und jungen Frau
derſelben verſchiedne ſterben. Dennoch
lehrt die Erfahrung, daß die Manns-und
Frauens-Perſonen immer in einerley Ver-
haͤltniß gebohren werden, nemlich ſo, daß
allezeit einige Knaben mehr als Toͤchter
auf die Welt treten. Jch habe Kirchen-
Buͤcher an gantz kleinen Orten, wo etwa
jaͤhrlich nur acht bis zehen Kinder gebohren
werden, nachgeſehen, und wenn ich wenig
Jahre zuſammen gerechnet, ſo hat ſich alle-
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Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/323>, abgerufen am 22.07.2024. |