Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



und fänget darinnen kleine Fliegen. Kan
man dieses der Ueberlegung der Spinne
zuschreiben? keinesweges. Manche Spin-
ne hat wohl noch keine Fliege gesehen, wenn
sie das erste Gespinste macht. Vielwe-
niger kan sie durch Ueberlegung heraus
bringen, was für ein Netz nöthig selbige
zu fangen. Die Weißheit die man hier
bemercket, ist nothwendig demjenigen zuzu-
eignen, der die Spinne hervor gebracht.
Da nun aber derselbe der Spinne die Ma-
terie, die Kunst und den Trieb zu einem
solchen Gespinste gegeben; kan ihm denn
verborgen gewesen seyn, daß die Spinne
Fliegen fangen und vor der Zeit umbringen
würde? Verschiedene Vogel, als die
Schwalbe, nehren sich gantz allein vom
Raube und fressen Würme, Bienen, Flie-
gen u. d. g. Wer nun den Magen und die
Eingeweide solcher Thiere bereitet, sollte
der nicht gewust haben, was sie fressen wür-
den? Andere Vogel, als die Nachtigal,
haben unter andern Ameisen-Eyer zur
Nahrung, und wissen selbige wohl zu fin-
den. (*) Wer nun den Trieb in diese
Thiere gelegt eben diese Speise auszusu-
chen, und ihnen das Geschick gegeben sie

zu
(*) Man lese hievon weitläuftiger des Herrn
Lessers Insecto-Theologie Theil. II. B. I.
Cap. 5. pag. 405. u. f.



und faͤnget darinnen kleine Fliegen. Kan
man dieſes der Ueberlegung der Spinne
zuſchreiben? keinesweges. Manche Spin-
ne hat wohl noch keine Fliege geſehen, wenn
ſie das erſte Geſpinſte macht. Vielwe-
niger kan ſie durch Ueberlegung heraus
bringen, was fuͤr ein Netz noͤthig ſelbige
zu fangen. Die Weißheit die man hier
bemercket, iſt nothwendig demjenigen zuzu-
eignen, der die Spinne hervor gebracht.
Da nun aber derſelbe der Spinne die Ma-
terie, die Kunſt und den Trieb zu einem
ſolchen Geſpinſte gegeben; kan ihm denn
verborgen geweſen ſeyn, daß die Spinne
Fliegen fangen und vor der Zeit umbringen
wuͤrde? Verſchiedene Vogel, als die
Schwalbe, nehren ſich gantz allein vom
Raube und freſſen Wuͤrme, Bienen, Flie-
gen u. d. g. Wer nun den Magen und die
Eingeweide ſolcher Thiere bereitet, ſollte
der nicht gewuſt haben, was ſie freſſen wuͤr-
den? Andere Vogel, als die Nachtigal,
haben unter andern Ameiſen-Eyer zur
Nahrung, und wiſſen ſelbige wohl zu fin-
den. (*) Wer nun den Trieb in dieſe
Thiere gelegt eben dieſe Speiſe auszuſu-
chen, und ihnen das Geſchick gegeben ſie

zu
(*) Man leſe hievon weitlaͤuftiger des Herrn
Leſſers Inſecto-Theologie Theil. II. B. I.
Cap. 5. pag. 405. u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0316" n="298"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
und fa&#x0364;nget darinnen kleine Fliegen. Kan<lb/>
man die&#x017F;es der Ueberlegung der Spinne<lb/>
zu&#x017F;chreiben? keinesweges. Manche Spin-<lb/>
ne hat wohl noch keine Fliege ge&#x017F;ehen, wenn<lb/>
&#x017F;ie das er&#x017F;te Ge&#x017F;pin&#x017F;te macht. Vielwe-<lb/>
niger kan &#x017F;ie durch Ueberlegung heraus<lb/>
bringen, was fu&#x0364;r ein Netz no&#x0364;thig &#x017F;elbige<lb/>
zu fangen. Die Weißheit die man hier<lb/>
bemercket, i&#x017F;t nothwendig demjenigen zuzu-<lb/>
eignen, der die Spinne hervor gebracht.<lb/>
Da nun aber der&#x017F;elbe der Spinne die Ma-<lb/>
terie, die Kun&#x017F;t und den Trieb zu einem<lb/>
&#x017F;olchen Ge&#x017F;pin&#x017F;te gegeben; kan ihm denn<lb/>
verborgen gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, daß die Spinne<lb/>
Fliegen fangen und vor der Zeit umbringen<lb/>
wu&#x0364;rde? Ver&#x017F;chiedene Vogel, als die<lb/>
Schwalbe, nehren &#x017F;ich gantz allein vom<lb/>
Raube und fre&#x017F;&#x017F;en Wu&#x0364;rme, Bienen, Flie-<lb/>
gen u. d. g. Wer nun den Magen und die<lb/>
Eingeweide &#x017F;olcher Thiere bereitet, &#x017F;ollte<lb/>
der nicht gewu&#x017F;t haben, was &#x017F;ie fre&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;r-<lb/>
den? Andere Vogel, als die Nachtigal,<lb/>
haben unter andern Amei&#x017F;en-Eyer zur<lb/>
Nahrung, und wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;elbige wohl zu fin-<lb/>
den. <note place="foot" n="(*)">Man le&#x017F;e hievon weitla&#x0364;uftiger des Herrn<lb/><hi rendition="#fr">Le&#x017F;&#x017F;ers</hi> <hi rendition="#aq">In&#x017F;ecto-Theologie</hi> Theil. <hi rendition="#aq">II.</hi> B. <hi rendition="#aq">I.</hi><lb/>
Cap. 5. <hi rendition="#aq">pag.</hi> 405. u. f.</note> Wer nun den Trieb in die&#x017F;e<lb/>
Thiere gelegt eben die&#x017F;e Spei&#x017F;e auszu&#x017F;u-<lb/>
chen, und ihnen das Ge&#x017F;chick gegeben &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0316] und faͤnget darinnen kleine Fliegen. Kan man dieſes der Ueberlegung der Spinne zuſchreiben? keinesweges. Manche Spin- ne hat wohl noch keine Fliege geſehen, wenn ſie das erſte Geſpinſte macht. Vielwe- niger kan ſie durch Ueberlegung heraus bringen, was fuͤr ein Netz noͤthig ſelbige zu fangen. Die Weißheit die man hier bemercket, iſt nothwendig demjenigen zuzu- eignen, der die Spinne hervor gebracht. Da nun aber derſelbe der Spinne die Ma- terie, die Kunſt und den Trieb zu einem ſolchen Geſpinſte gegeben; kan ihm denn verborgen geweſen ſeyn, daß die Spinne Fliegen fangen und vor der Zeit umbringen wuͤrde? Verſchiedene Vogel, als die Schwalbe, nehren ſich gantz allein vom Raube und freſſen Wuͤrme, Bienen, Flie- gen u. d. g. Wer nun den Magen und die Eingeweide ſolcher Thiere bereitet, ſollte der nicht gewuſt haben, was ſie freſſen wuͤr- den? Andere Vogel, als die Nachtigal, haben unter andern Ameiſen-Eyer zur Nahrung, und wiſſen ſelbige wohl zu fin- den. (*) Wer nun den Trieb in dieſe Thiere gelegt eben dieſe Speiſe auszuſu- chen, und ihnen das Geſchick gegeben ſie zu (*) Man leſe hievon weitlaͤuftiger des Herrn Leſſers Inſecto-Theologie Theil. II. B. I. Cap. 5. pag. 405. u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/316
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/316>, abgerufen am 21.11.2024.