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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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sen, solche würden wenigstens müssen zu-
geben, daß es gar leichte geschehen könnte,
daß verschiedene Saamen-Thierchen sich
an einen Dotter setzten, und zu einer gewis-
sen Grösse wüchsen: Allein dieses findet
man nie. Jn einem Eye, worinne nur
ein Dotter, werden nie zween Kücheln.
Jn einem Eye aber, worinnen zween
von einander abgesonderte Dotter, so man
gar leicht an der Grösse, und wenn man es
vor ein Licht hält, mercken kan, werden auch,
wenn sie bekommen, zween Kücheln. Jch
muthmasse daher auch, daß wenn eine Fe-
mella
auf einmal zween oder mehr Foetus
zur Welt bringet, bey ihr nicht verschiedene
Eyer befeuchtet worden, sondern ein Ey,
worinne verschiedene Dotter zugleich gewe-
sen. Da es also noch sehr ungewiß, ich
will nicht sagen unwahrscheinlich, ob die
Animalcula spermatica der erste Stoff
zu den Menschen und Thieren; warum
will man damit die Allwissenheit GOttes
bestreiten? Wie? wenn diese Thierchen
dazu dienen müßten, daß sie den Semen
durch ihre viele Bewegungen zur Voll-
kommenheit brächten?

§. 9.



ſen, ſolche wuͤrden wenigſtens muͤſſen zu-
geben, daß es gar leichte geſchehen koͤnnte,
daß verſchiedene Saamen-Thierchen ſich
an einen Dotter ſetzten, und zu einer gewiſ-
ſen Groͤſſe wuͤchſen: Allein dieſes findet
man nie. Jn einem Eye, worinne nur
ein Dotter, werden nie zween Kuͤcheln.
Jn einem Eye aber, worinnen zween
von einander abgeſonderte Dotter, ſo man
gar leicht an der Groͤſſe, und wenn man es
vor ein Licht haͤlt, mercken kan, werden auch,
wenn ſie bekommen, zween Kuͤcheln. Jch
muthmaſſe daher auch, daß wenn eine Fe-
mella
auf einmal zween oder mehr Fœtus
zur Welt bringet, bey ihr nicht verſchiedene
Eyer befeuchtet worden, ſondern ein Ey,
worinne verſchiedene Dotter zugleich gewe-
ſen. Da es alſo noch ſehr ungewiß, ich
will nicht ſagen unwahrſcheinlich, ob die
Animalcula ſpermatica der erſte Stoff
zu den Menſchen und Thieren; warum
will man damit die Allwiſſenheit GOttes
beſtreiten? Wie? wenn dieſe Thierchen
dazu dienen muͤßten, daß ſie den Semen
durch ihre viele Bewegungen zur Voll-
kommenheit braͤchten?

§. 9.
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[283/0301] ſen, ſolche wuͤrden wenigſtens muͤſſen zu- geben, daß es gar leichte geſchehen koͤnnte, daß verſchiedene Saamen-Thierchen ſich an einen Dotter ſetzten, und zu einer gewiſ- ſen Groͤſſe wuͤchſen: Allein dieſes findet man nie. Jn einem Eye, worinne nur ein Dotter, werden nie zween Kuͤcheln. Jn einem Eye aber, worinnen zween von einander abgeſonderte Dotter, ſo man gar leicht an der Groͤſſe, und wenn man es vor ein Licht haͤlt, mercken kan, werden auch, wenn ſie bekommen, zween Kuͤcheln. Jch muthmaſſe daher auch, daß wenn eine Fe- mella auf einmal zween oder mehr Fœtus zur Welt bringet, bey ihr nicht verſchiedene Eyer befeuchtet worden, ſondern ein Ey, worinne verſchiedene Dotter zugleich gewe- ſen. Da es alſo noch ſehr ungewiß, ich will nicht ſagen unwahrſcheinlich, ob die Animalcula ſpermatica der erſte Stoff zu den Menſchen und Thieren; warum will man damit die Allwiſſenheit GOttes beſtreiten? Wie? wenn dieſe Thierchen dazu dienen muͤßten, daß ſie den Semen durch ihre viele Bewegungen zur Voll- kommenheit braͤchten? §. 9.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/301>, abgerufen am 21.11.2024.