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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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deswegen nicht ist bemercket worden, weil
nach derselben die Vernunft so mancherley
als Menschen in der Welt, auch Vernunft
und Unvernunft mit einander verbunden
und vermischt werden. Wenn die Men-
schen das Wort Vernunft gebrauchen, so
verstehen sie darunter die mehreste Zeit ih-
re eigene Einsicht in den Zusammenhang
der Wahrheiten, sie mag richtig oder un-
richtig seyn. Denn daher kömmt es, daß
der eine dasjenige für unvernünftig und mit
sich selbst streitend erkläret, was der ande-
re vernünftig hält. Ein Materialist hält
für unvernünftig immaterielle Geister zu
glauben. Hingegen ein Jdealist beschul-
diget diejenigen einer Thorheit, welche Cör-
per annehmen. Ein Stahlianer hält es
vor unvernünftig den Umlauf des Geblü-
tes, das Verdauen, die Absonderung des
Nahrungs-Saftes bloß aus der Zusam-
mensetzung des Cörpers zu erklären. Ein
Mechanicus aber verlachet jenen, wenn er
diese Dinge für Würckungen der Seele
ausgiebt. Der eine hält diejenigen für
tumme und aufgeblasene Köpfe, welche
vorgeben, es sey nichts ohne zureichenden
Grund. Ein ander aber weiset denen eine

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deswegen nicht iſt bemercket worden, weil
nach derſelben die Vernunft ſo mancherley
als Menſchen in der Welt, auch Vernunft
und Unvernunft mit einander verbunden
und vermiſcht werden. Wenn die Men-
ſchen das Wort Vernunft gebrauchen, ſo
verſtehen ſie darunter die mehreſte Zeit ih-
re eigene Einſicht in den Zuſammenhang
der Wahrheiten, ſie mag richtig oder un-
richtig ſeyn. Denn daher koͤmmt es, daß
der eine dasjenige fuͤr unvernuͤnftig und mit
ſich ſelbſt ſtreitend erklaͤret, was der ande-
re vernuͤnftig haͤlt. Ein Materialiſt haͤlt
fuͤr unvernuͤnftig immaterielle Geiſter zu
glauben. Hingegen ein Jdealiſt beſchul-
diget diejenigen einer Thorheit, welche Coͤr-
per annehmen. Ein Stahlianer haͤlt es
vor unvernuͤnftig den Umlauf des Gebluͤ-
tes, das Verdauen, die Abſonderung des
Nahrungs-Saftes bloß aus der Zuſam-
menſetzung des Coͤrpers zu erklaͤren. Ein
Mechanicus aber verlachet jenen, wenn er
dieſe Dinge fuͤr Wuͤrckungen der Seele
ausgiebt. Der eine haͤlt diejenigen fuͤr
tumme und aufgeblaſene Koͤpfe, welche
vorgeben, es ſey nichts ohne zureichenden
Grund. Ein ander aber weiſet denen eine

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[5/0023] deswegen nicht iſt bemercket worden, weil nach derſelben die Vernunft ſo mancherley als Menſchen in der Welt, auch Vernunft und Unvernunft mit einander verbunden und vermiſcht werden. Wenn die Men- ſchen das Wort Vernunft gebrauchen, ſo verſtehen ſie darunter die mehreſte Zeit ih- re eigene Einſicht in den Zuſammenhang der Wahrheiten, ſie mag richtig oder un- richtig ſeyn. Denn daher koͤmmt es, daß der eine dasjenige fuͤr unvernuͤnftig und mit ſich ſelbſt ſtreitend erklaͤret, was der ande- re vernuͤnftig haͤlt. Ein Materialiſt haͤlt fuͤr unvernuͤnftig immaterielle Geiſter zu glauben. Hingegen ein Jdealiſt beſchul- diget diejenigen einer Thorheit, welche Coͤr- per annehmen. Ein Stahlianer haͤlt es vor unvernuͤnftig den Umlauf des Gebluͤ- tes, das Verdauen, die Abſonderung des Nahrungs-Saftes bloß aus der Zuſam- menſetzung des Coͤrpers zu erklaͤren. Ein Mechanicus aber verlachet jenen, wenn er dieſe Dinge fuͤr Wuͤrckungen der Seele ausgiebt. Der eine haͤlt diejenigen fuͤr tumme und aufgeblaſene Koͤpfe, welche vorgeben, es ſey nichts ohne zureichenden Grund. Ein ander aber weiſet denen eine Stelle A 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/23>, abgerufen am 21.11.2024.