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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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aufreibet. Jch untersuchte daher, ob in der
Vorstadt unter den Knaben eine andere Le-
bens-Art, als in der Stadt, und bemerckte
folgendes: Jm Winter liegen die Knaben
in der Stadt fast beständig auf den Gassen,
werfen einander mit Schnee, glitschen auf
dem Eise, ziehen sich im Schlitten, und die-
ses geschiehet von vielen bis in die späte
Nacht. Jn der Marien-Vorstadt allhier kön-
nen sie solches wenigstens so häufig nicht,
weil sie die Gelegenheit darzu nicht vor der
Thür haben. Denn so bald es ein wenig
Eiß frieret, bekommen sie in selbiger Vor-
stadt gantze Berge von Eiß-Schollen vor die
Thüren, so ihnen aus der Stadt durch Hülf-
fe des Wassers täglich zugeschickt worden.
Ferner finde ich in der Stadt die grosse
Schule, welche die mehresten Knaben in der
Stadt, sehr wenige aber aus der Vorstadt,
besuchen. Wer nun auf grossen Schulen
gewesen, der erinnere sich, was für Muth-
willen ein solcher Schwarm von Knaben
ausübet, wenn er aus den Classen gelassen
wird. Die grosse Menge solcher Knaben
und der in etwas schon gebauete Verstand
giebt zu den heftigsten Ausschweifungen Ge-
legenheit. Die wenigsten Eltern gebrau-
chen dawider die gewöhnliche Schärfe, und
daher kommt der gröste Theil solcher Kna-
ben aus der Schule nicht ehender nach Hauß,
bis ihn der Hunger, oder die Nacht dahin
treibet. Wie oft laufen sie im vollem Schwitz
nach Hause, und fallen gleich über einen
Krug voll kaltes Geträncke? Wo aber we-
nig Knaben in einer Schule sind, und an
deren Verstand nicht so viel Fleiß gewendet
wird, da ist auch weniger Gelegenheit zu
Aus-


aufreibet. Jch unterſuchte daher, ob in der
Vorſtadt unter den Knaben eine andere Le-
bens-Art, als in der Stadt, und bemerckte
folgendes: Jm Winter liegen die Knaben
in der Stadt faſt beſtaͤndig auf den Gaſſen,
werfen einander mit Schnee, glitſchen auf
dem Eiſe, ziehen ſich im Schlitten, und die-
ſes geſchiehet von vielen bis in die ſpaͤte
Nacht. Jn der Marien-Vorſtadt allhier koͤn-
nen ſie ſolches wenigſtens ſo haͤufig nicht,
weil ſie die Gelegenheit darzu nicht vor der
Thuͤr haben. Denn ſo bald es ein wenig
Eiß frieret, bekommen ſie in ſelbiger Vor-
ſtadt gantze Berge von Eiß-Schollen vor die
Thuͤren, ſo ihnen aus der Stadt durch Huͤlf-
fe des Waſſers taͤglich zugeſchickt worden.
Ferner finde ich in der Stadt die groſſe
Schule, welche die mehreſten Knaben in der
Stadt, ſehr wenige aber aus der Vorſtadt,
beſuchen. Wer nun auf groſſen Schulen
geweſen, der erinnere ſich, was fuͤr Muth-
willen ein ſolcher Schwarm von Knaben
ausuͤbet, wenn er aus den Claſſen gelaſſen
wird. Die groſſe Menge ſolcher Knaben
und der in etwas ſchon gebauete Verſtand
giebt zu den heftigſten Ausſchweifungen Ge-
legenheit. Die wenigſten Eltern gebrau-
chen dawider die gewoͤhnliche Schaͤrfe, und
daher kommt der groͤſte Theil ſolcher Kna-
ben aus der Schule nicht ehender nach Hauß,
bis ihn der Hunger, oder die Nacht dahin
treibet. Wie oft laufen ſie im vollem Schwitz
nach Hauſe, und fallen gleich uͤber einen
Krug voll kaltes Getraͤncke? Wo aber we-
nig Knaben in einer Schule ſind, und an
deren Verſtand nicht ſo viel Fleiß gewendet
wird, da iſt auch weniger Gelegenheit zu
Aus-
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[156/0174] (***) (***) aufreibet. Jch unterſuchte daher, ob in der Vorſtadt unter den Knaben eine andere Le- bens-Art, als in der Stadt, und bemerckte folgendes: Jm Winter liegen die Knaben in der Stadt faſt beſtaͤndig auf den Gaſſen, werfen einander mit Schnee, glitſchen auf dem Eiſe, ziehen ſich im Schlitten, und die- ſes geſchiehet von vielen bis in die ſpaͤte Nacht. Jn der Marien-Vorſtadt allhier koͤn- nen ſie ſolches wenigſtens ſo haͤufig nicht, weil ſie die Gelegenheit darzu nicht vor der Thuͤr haben. Denn ſo bald es ein wenig Eiß frieret, bekommen ſie in ſelbiger Vor- ſtadt gantze Berge von Eiß-Schollen vor die Thuͤren, ſo ihnen aus der Stadt durch Huͤlf- fe des Waſſers taͤglich zugeſchickt worden. Ferner finde ich in der Stadt die groſſe Schule, welche die mehreſten Knaben in der Stadt, ſehr wenige aber aus der Vorſtadt, beſuchen. Wer nun auf groſſen Schulen geweſen, der erinnere ſich, was fuͤr Muth- willen ein ſolcher Schwarm von Knaben ausuͤbet, wenn er aus den Claſſen gelaſſen wird. Die groſſe Menge ſolcher Knaben und der in etwas ſchon gebauete Verſtand giebt zu den heftigſten Ausſchweifungen Ge- legenheit. Die wenigſten Eltern gebrau- chen dawider die gewoͤhnliche Schaͤrfe, und daher kommt der groͤſte Theil ſolcher Kna- ben aus der Schule nicht ehender nach Hauß, bis ihn der Hunger, oder die Nacht dahin treibet. Wie oft laufen ſie im vollem Schwitz nach Hauſe, und fallen gleich uͤber einen Krug voll kaltes Getraͤncke? Wo aber we- nig Knaben in einer Schule ſind, und an deren Verſtand nicht ſo viel Fleiß gewendet wird, da iſt auch weniger Gelegenheit zu Aus-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/174>, abgerufen am 22.11.2024.