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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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theilet, der muß kein Betrüger seyn. Denn
wie solte das allerweiseste und gütigste We-
sen Betrüger, welche die Menschen such-
ten in Jrthum und Verderben zu führen,
mit ausserordentlichen und übernatürlichen
Gaben ausrüsten, um ihren Betrügereyen
den wichtigsten Nachdruck geben zu kön-
nen? Es stritte dieses mit denen Vollkom-
menheiten eines unendlichen Wesens. Kön-
nen diejenigen aber, welche die Krafft
Wunder zu thun haben, keine Betrüger
seyn, so muß dasjenige, was sie sagen,
Wahrheit seyn. Diejenigen aber, welche
die Schrifften verfertiget, so wir vor gött-
lich halten, haben viele wahrhaffte Wun-
der gethan: derowegen muß dasjenige, was
sie bezeugen mit der Wahrheit nicht strei-
ten. Sie bekräfftigen aber auch so gar
mit ihrem Tode und gröstem leiblichen
Schaden, daß ihre Lehren ihnen von GOtt
eingegeben und geoffenbahret: wer wol-
te also zweiffeln, daß diese Lehren göttlich,
und von dem höchsten Wesen ihren Ur-
sprung hätten? Auf diese Weise kann auch
ein Einfältiger von den wichtigsten Wahr-
heiten überführt werden und sie zu sei-
ner Glückseligkeit anwenden, auf deren
Beweiß ein scharffsinniger Weltweiser biß-

weilen





theilet, der muß kein Betruͤger ſeyn. Denn
wie ſolte das allerweiſeſte und guͤtigſte We-
ſen Betruͤger, welche die Menſchen ſuch-
ten in Jrthum und Verderben zu fuͤhren,
mit auſſerordentlichen und uͤbernatuͤrlichen
Gaben ausruͤſten, um ihren Betruͤgereyen
den wichtigſten Nachdruck geben zu koͤn-
nen? Es ſtritte dieſes mit denen Vollkom-
menheiten eines unendlichen Weſens. Koͤn-
nen diejenigen aber, welche die Krafft
Wunder zu thun haben, keine Betruͤger
ſeyn, ſo muß dasjenige, was ſie ſagen,
Wahrheit ſeyn. Diejenigen aber, welche
die Schrifften verfertiget, ſo wir vor goͤtt-
lich halten, haben viele wahrhaffte Wun-
der gethan: derowegen muß dasjenige, was
ſie bezeugen mit der Wahrheit nicht ſtrei-
ten. Sie bekraͤfftigen aber auch ſo gar
mit ihrem Tode und groͤſtem leiblichen
Schaden, daß ihre Lehren ihnen von GOtt
eingegeben und geoffenbahret: wer wol-
te alſo zweiffeln, daß dieſe Lehren goͤttlich,
und von dem hoͤchſten Weſen ihren Ur-
ſprung haͤtten? Auf dieſe Weiſe kann auch
ein Einfaͤltiger von den wichtigſten Wahr-
heiten uͤberfuͤhrt werden und ſie zu ſei-
ner Gluͤckſeligkeit anwenden, auf deren
Beweiß ein ſcharffſinniger Weltweiſer biß-

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[63/0099] theilet, der muß kein Betruͤger ſeyn. Denn wie ſolte das allerweiſeſte und guͤtigſte We- ſen Betruͤger, welche die Menſchen ſuch- ten in Jrthum und Verderben zu fuͤhren, mit auſſerordentlichen und uͤbernatuͤrlichen Gaben ausruͤſten, um ihren Betruͤgereyen den wichtigſten Nachdruck geben zu koͤn- nen? Es ſtritte dieſes mit denen Vollkom- menheiten eines unendlichen Weſens. Koͤn- nen diejenigen aber, welche die Krafft Wunder zu thun haben, keine Betruͤger ſeyn, ſo muß dasjenige, was ſie ſagen, Wahrheit ſeyn. Diejenigen aber, welche die Schrifften verfertiget, ſo wir vor goͤtt- lich halten, haben viele wahrhaffte Wun- der gethan: derowegen muß dasjenige, was ſie bezeugen mit der Wahrheit nicht ſtrei- ten. Sie bekraͤfftigen aber auch ſo gar mit ihrem Tode und groͤſtem leiblichen Schaden, daß ihre Lehren ihnen von GOtt eingegeben und geoffenbahret: wer wol- te alſo zweiffeln, daß dieſe Lehren goͤttlich, und von dem hoͤchſten Weſen ihren Ur- ſprung haͤtten? Auf dieſe Weiſe kann auch ein Einfaͤltiger von den wichtigſten Wahr- heiten uͤberfuͤhrt werden und ſie zu ſei- ner Gluͤckſeligkeit anwenden, auf deren Beweiß ein ſcharffſinniger Weltweiſer biß- weilen

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/99>, abgerufen am 23.11.2024.