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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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Rechtfertigung allezeit reden, in so[-]
fern der göttliche Rathschluß anfänge[t]


in
tes kan die Dinge nicht anders gedencken
als sie sind, indem er von allem Jrrthum
frei ist. Folglich kan er sich das Zukünf-
tige nicht als etwas Gegenwärtiges und
das Gegenwärtige sich nicht als etwas Zu-
tünftiges vorstellen: oder, daß wir deut-
licher reden, GOtt kan die gegenwärtigen
Dinge der Welt nicht unter die zukünfti-
gen rechnen, und die blos zukünftigen
nicht unter die gegenwärtigen zählen.
Hieraus aber erhellet, daß der Verstand
GOttes einen Sünder, der sich erst künf-
tiges Jahr bekehren wird, sich jetzo noch
nicht unter der Anzahl der würcklichen
sondern nur annoch zukünftigen Kinder
GOttes vorstellet, und daß er selbigen nur
erst in dem Augenblick, da der Sünder
die geforderten Bedingungen leistet, unter
die Bürger seines Gnadenreichs zählet.
Der geneigte Leser urtheile daher, ob man
die Rechtfertigung nicht auch also erklä-
ren könne? Sie sey diejenige Wür-
ckung (Handlung,
actus) des unend-
lichen Verstandes und der Gnade
GOttes, durch welche er anfänget
einen Sünder zu den schon würckli-
chen Bürgern und rechtschaffenen
Gliedern des Gnadenreichs zu zäh-
len.
Könte diese Erklärung statt haben,
so hätte sie den Vortheil, daß sie mehr
mit der gemeinen Art, wie unser sehr ein-
geschränckter Verstand von GOtt und
göttlichen Dingen dencket, überein käme,
und





Rechtfertigung allezeit reden, in ſo[-]
fern der goͤttliche Rathſchluß anfaͤnge[t]


in
tes kan die Dinge nicht anders gedencken
als ſie ſind, indem er von allem Jrrthum
frei iſt. Folglich kan er ſich das Zukuͤnf-
tige nicht als etwas Gegenwaͤrtiges und
das Gegenwaͤrtige ſich nicht als etwas Zu-
tuͤnftiges vorſtellen: oder, daß wir deut-
licher reden, GOtt kan die gegenwaͤrtigen
Dinge der Welt nicht unter die zukuͤnfti-
gen rechnen, und die blos zukuͤnftigen
nicht unter die gegenwaͤrtigen zaͤhlen.
Hieraus aber erhellet, daß der Verſtand
GOttes einen Suͤnder, der ſich erſt kuͤnf-
tiges Jahr bekehren wird, ſich jetzo noch
nicht unter der Anzahl der wuͤrcklichen
ſondern nur annoch zukuͤnftigen Kinder
GOttes vorſtellet, und daß er ſelbigen nur
erſt in dem Augenblick, da der Suͤnder
die geforderten Bedingungen leiſtet, unter
die Buͤrger ſeines Gnadenreichs zaͤhlet.
Der geneigte Leſer urtheile daher, ob man
die Rechtfertigung nicht auch alſo erklaͤ-
ren koͤnne? Sie ſey diejenige Wuͤr-
ckung (Handlung,
actus) des unend-
lichen Verſtandes und der Gnade
GOttes, durch welche er anfaͤnget
einen Suͤnder zu den ſchon wuͤrckli-
chen Buͤrgern und rechtſchaffenen
Gliedern des Gnadenreichs zu zaͤh-
len.
Koͤnte dieſe Erklaͤrung ſtatt haben,
ſo haͤtte ſie den Vortheil, daß ſie mehr
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[488[484]/0520] Rechtfertigung allezeit reden, in ſo- fern der goͤttliche Rathſchluß anfaͤnget in (***) (***) tes kan die Dinge nicht anders gedencken als ſie ſind, indem er von allem Jrrthum frei iſt. Folglich kan er ſich das Zukuͤnf- tige nicht als etwas Gegenwaͤrtiges und das Gegenwaͤrtige ſich nicht als etwas Zu- tuͤnftiges vorſtellen: oder, daß wir deut- licher reden, GOtt kan die gegenwaͤrtigen Dinge der Welt nicht unter die zukuͤnfti- gen rechnen, und die blos zukuͤnftigen nicht unter die gegenwaͤrtigen zaͤhlen. Hieraus aber erhellet, daß der Verſtand GOttes einen Suͤnder, der ſich erſt kuͤnf- tiges Jahr bekehren wird, ſich jetzo noch nicht unter der Anzahl der wuͤrcklichen ſondern nur annoch zukuͤnftigen Kinder GOttes vorſtellet, und daß er ſelbigen nur erſt in dem Augenblick, da der Suͤnder die geforderten Bedingungen leiſtet, unter die Buͤrger ſeines Gnadenreichs zaͤhlet. Der geneigte Leſer urtheile daher, ob man die Rechtfertigung nicht auch alſo erklaͤ- ren koͤnne? Sie ſey diejenige Wuͤr- ckung (Handlung, actus) des unend- lichen Verſtandes und der Gnade GOttes, durch welche er anfaͤnget einen Suͤnder zu den ſchon wuͤrckli- chen Buͤrgern und rechtſchaffenen Gliedern des Gnadenreichs zu zaͤh- len. Koͤnte dieſe Erklaͤrung ſtatt haben, ſo haͤtte ſie den Vortheil, daß ſie mehr mit der gemeinen Art, wie unſer ſehr ein- geſchraͤnckter Verſtand von GOtt und goͤttlichen Dingen dencket, uͤberein kaͤme, und

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 488[484]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/520>, abgerufen am 27.11.2024.