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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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vollkommene Exempel hat einen gantz
besondern Einfluß in unsern Wandel.
Wie bey den Kindern der Welt die Ex-
empel der Hohen den grössesten Eindruck
haben, so äussert das Exempel Christi
bey den Gläubigen die grösseste Kraft.
Denn da sie selbigen als ihren König
verehren, bey dem sie ewig zu bleiben
gedencken, so fühlen sie den stärckesten
Trieb ihm ähnlich zu seyn, damit sie
ihm gefallen mögen. Dieses Exem-
pel giebt auch den Gesetzen der Christli-
chen Religion das helleste Licht. Es
ist denen, welche die Welt lieben, sehr
leicht, die Vorschriften GOttes so zu
drehen und einzuschräncken, daß ihre Be-
gierden dadurch die weitesten Gräntzen
bekommen und ein jeder seiner Neigung
nachgeben kan. Das Verhalten Chri-
sti aber zeiget den rechten Sinn der
göttlichen Gebote und die Absichten der-
selben auf das deutlichste. Lässet er die
kleinsten Kindlein zu sich kommen und
seegnet sie, Marc. C. 10. v. 13. 14. 15.
so ist daraus klar, wie weit die Leutsee-
ligkeit gehen soll und wie niemand zu
verachten. Wäschet er den Jüngern
die Füsse, Joh. C. 13. v. 4-15. so zeigt
er, wie weit Liebe und Demuth sich er-
strecken soll. Redet er seinen Verrä-
ther liebreich an, Luc. Cap. 22. v. 48.

Bit-





vollkommene Exempel hat einen gantz
beſondern Einfluß in unſern Wandel.
Wie bey den Kindern der Welt die Ex-
empel der Hohen den groͤſſeſten Eindruck
haben, ſo aͤuſſert das Exempel Chriſti
bey den Glaͤubigen die groͤſſeſte Kraft.
Denn da ſie ſelbigen als ihren Koͤnig
verehren, bey dem ſie ewig zu bleiben
gedencken, ſo fuͤhlen ſie den ſtaͤrckeſten
Trieb ihm aͤhnlich zu ſeyn, damit ſie
ihm gefallen moͤgen. Dieſes Exem-
pel giebt auch den Geſetzen der Chriſtli-
chen Religion das helleſte Licht. Es
iſt denen, welche die Welt lieben, ſehr
leicht, die Vorſchriften GOttes ſo zu
drehen und einzuſchraͤncken, daß ihre Be-
gierden dadurch die weiteſten Graͤntzen
bekommen und ein jeder ſeiner Neigung
nachgeben kan. Das Verhalten Chri-
ſti aber zeiget den rechten Sinn der
goͤttlichen Gebote und die Abſichten der-
ſelben auf das deutlichſte. Laͤſſet er die
kleinſten Kindlein zu ſich kommen und
ſeegnet ſie, Marc. C. 10. v. 13. 14. 15.
ſo iſt daraus klar, wie weit die Leutſee-
ligkeit gehen ſoll und wie niemand zu
verachten. Waͤſchet er den Juͤngern
die Fuͤſſe, Joh. C. 13. v. 4-15. ſo zeigt
er, wie weit Liebe und Demuth ſich er-
ſtrecken ſoll. Redet er ſeinen Verraͤ-
ther liebreich an, Luc. Cap. 22. v. 48.

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[464[460]/0496] vollkommene Exempel hat einen gantz beſondern Einfluß in unſern Wandel. Wie bey den Kindern der Welt die Ex- empel der Hohen den groͤſſeſten Eindruck haben, ſo aͤuſſert das Exempel Chriſti bey den Glaͤubigen die groͤſſeſte Kraft. Denn da ſie ſelbigen als ihren Koͤnig verehren, bey dem ſie ewig zu bleiben gedencken, ſo fuͤhlen ſie den ſtaͤrckeſten Trieb ihm aͤhnlich zu ſeyn, damit ſie ihm gefallen moͤgen. Dieſes Exem- pel giebt auch den Geſetzen der Chriſtli- chen Religion das helleſte Licht. Es iſt denen, welche die Welt lieben, ſehr leicht, die Vorſchriften GOttes ſo zu drehen und einzuſchraͤncken, daß ihre Be- gierden dadurch die weiteſten Graͤntzen bekommen und ein jeder ſeiner Neigung nachgeben kan. Das Verhalten Chri- ſti aber zeiget den rechten Sinn der goͤttlichen Gebote und die Abſichten der- ſelben auf das deutlichſte. Laͤſſet er die kleinſten Kindlein zu ſich kommen und ſeegnet ſie, Marc. C. 10. v. 13. 14. 15. ſo iſt daraus klar, wie weit die Leutſee- ligkeit gehen ſoll und wie niemand zu verachten. Waͤſchet er den Juͤngern die Fuͤſſe, Joh. C. 13. v. 4-15. ſo zeigt er, wie weit Liebe und Demuth ſich er- ſtrecken ſoll. Redet er ſeinen Verraͤ- ther liebreich an, Luc. Cap. 22. v. 48. Bit-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 464[460]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/496>, abgerufen am 28.11.2024.