Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





springen würde. Es ist daher besser und
der Welt vortheilhafter, wenn hierinnen
eine weise Mäßigung getroffen wird, und
GOtt den Sündern bisweilen eine Zeit-
lang nachsiehet, und ihnen zu einer Zeit
seine Gnade, zu einer andern Zeit aber
auch seinen gerechten Ernst zeiget.

§. 7.

Diese Frage könnte noch aufgeworffen
werden, warum GOtt diejenigen Sün-
der, von welchen er zum voraus siehet,
daß sie sich niemahls bekehren werden,
nicht gleich bey der ersten muthwilligen
Sünde aus dieser Welt wegschaffe. Jch
will Kürtze halber nicht alles anführen,
was man hierauf antworten könnte.
Dieses eintzige mag genug seyn: Es wür-
de alsdenn die Welt mit wenig Menschen
besetzt seyn, indem wenige einen Ge-
schmack an der Tugend finden. (siehe §. 3.)
Diese wenige Menschen würden im
Stande seyn, sich wie viele der America-
nischen und andern Völcker von den
Wurtzeln, Obste, Wilde und einer ge-
ringen Viehzucht zu ernehren. Dieses
würde sie aber gantz gewiß zum Müßig-
gang und übermäßigen Wollust und al-
len Sünden, so damit verknüpfft sind,
verleiten. Der Verstand würde daher
schlecht gebauet werden und welche anjetzt
bey einer guten Erkäntniß und mancher-

lei





ſpringen wuͤrde. Es iſt daher beſſer und
der Welt vortheilhafter, wenn hierinnen
eine weiſe Maͤßigung getroffen wird, und
GOtt den Suͤndern bisweilen eine Zeit-
lang nachſiehet, und ihnen zu einer Zeit
ſeine Gnade, zu einer andern Zeit aber
auch ſeinen gerechten Ernſt zeiget.

§. 7.

Dieſe Frage koͤnnte noch aufgeworffen
werden, warum GOtt diejenigen Suͤn-
der, von welchen er zum voraus ſiehet,
daß ſie ſich niemahls bekehren werden,
nicht gleich bey der erſten muthwilligen
Suͤnde aus dieſer Welt wegſchaffe. Jch
will Kuͤrtze halber nicht alles anfuͤhren,
was man hierauf antworten koͤnnte.
Dieſes eintzige mag genug ſeyn: Es wuͤr-
de alsdenn die Welt mit wenig Menſchen
beſetzt ſeyn, indem wenige einen Ge-
ſchmack an der Tugend finden. (ſiehe §. 3.)
Dieſe wenige Menſchen wuͤrden im
Stande ſeyn, ſich wie viele der America-
niſchen und andern Voͤlcker von den
Wurtzeln, Obſte, Wilde und einer ge-
ringen Viehzucht zu ernehren. Dieſes
wuͤrde ſie aber gantz gewiß zum Muͤßig-
gang und uͤbermaͤßigen Wolluſt und al-
len Suͤnden, ſo damit verknuͤpfft ſind,
verleiten. Der Verſtand wuͤrde daher
ſchlecht gebauet werden und welche anjetzt
bey einer guten Erkaͤntniß und mancher-

lei
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="29"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;pringen wu&#x0364;rde. Es i&#x017F;t daher be&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
der Welt vortheilhafter, wenn hierinnen<lb/>
eine wei&#x017F;e Ma&#x0364;ßigung getroffen wird, und<lb/>
GOtt den Su&#x0364;ndern bisweilen eine Zeit-<lb/>
lang nach&#x017F;iehet, und ihnen zu einer Zeit<lb/>
&#x017F;eine Gnade, zu einer andern Zeit aber<lb/>
auch &#x017F;einen gerechten Ern&#x017F;t zeiget.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 7.</head><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Frage ko&#x0364;nnte noch aufgeworffen<lb/>
werden, warum GOtt diejenigen Su&#x0364;n-<lb/>
der, von welchen er zum voraus &#x017F;iehet,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich niemahls bekehren werden,<lb/>
nicht gleich bey der er&#x017F;ten muthwilligen<lb/>
Su&#x0364;nde aus die&#x017F;er Welt weg&#x017F;chaffe. Jch<lb/>
will Ku&#x0364;rtze halber nicht alles anfu&#x0364;hren,<lb/>
was man hierauf antworten ko&#x0364;nnte.<lb/>
Die&#x017F;es eintzige mag genug &#x017F;eyn: Es wu&#x0364;r-<lb/>
de alsdenn die Welt mit wenig Men&#x017F;chen<lb/>
be&#x017F;etzt &#x017F;eyn, indem wenige einen Ge-<lb/>
&#x017F;chmack an der Tugend finden. (&#x017F;iehe §. 3.)<lb/>
Die&#x017F;e wenige Men&#x017F;chen wu&#x0364;rden im<lb/>
Stande &#x017F;eyn, &#x017F;ich wie viele der America-<lb/>
ni&#x017F;chen und andern Vo&#x0364;lcker von den<lb/>
Wurtzeln, Ob&#x017F;te, Wilde und einer ge-<lb/>
ringen Viehzucht zu ernehren. Die&#x017F;es<lb/>
wu&#x0364;rde &#x017F;ie aber gantz gewiß zum Mu&#x0364;ßig-<lb/>
gang und u&#x0364;berma&#x0364;ßigen Wollu&#x017F;t und al-<lb/>
len Su&#x0364;nden, &#x017F;o damit verknu&#x0364;pfft &#x017F;ind,<lb/>
verleiten. Der Ver&#x017F;tand wu&#x0364;rde daher<lb/>
&#x017F;chlecht gebauet werden und welche anjetzt<lb/>
bey einer guten Erka&#x0364;ntniß und mancher-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lei</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0033] ſpringen wuͤrde. Es iſt daher beſſer und der Welt vortheilhafter, wenn hierinnen eine weiſe Maͤßigung getroffen wird, und GOtt den Suͤndern bisweilen eine Zeit- lang nachſiehet, und ihnen zu einer Zeit ſeine Gnade, zu einer andern Zeit aber auch ſeinen gerechten Ernſt zeiget. §. 7. Dieſe Frage koͤnnte noch aufgeworffen werden, warum GOtt diejenigen Suͤn- der, von welchen er zum voraus ſiehet, daß ſie ſich niemahls bekehren werden, nicht gleich bey der erſten muthwilligen Suͤnde aus dieſer Welt wegſchaffe. Jch will Kuͤrtze halber nicht alles anfuͤhren, was man hierauf antworten koͤnnte. Dieſes eintzige mag genug ſeyn: Es wuͤr- de alsdenn die Welt mit wenig Menſchen beſetzt ſeyn, indem wenige einen Ge- ſchmack an der Tugend finden. (ſiehe §. 3.) Dieſe wenige Menſchen wuͤrden im Stande ſeyn, ſich wie viele der America- niſchen und andern Voͤlcker von den Wurtzeln, Obſte, Wilde und einer ge- ringen Viehzucht zu ernehren. Dieſes wuͤrde ſie aber gantz gewiß zum Muͤßig- gang und uͤbermaͤßigen Wolluſt und al- len Suͤnden, ſo damit verknuͤpfft ſind, verleiten. Der Verſtand wuͤrde daher ſchlecht gebauet werden und welche anjetzt bey einer guten Erkaͤntniß und mancher- lei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/33
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/33>, abgerufen am 25.11.2024.