res gleichen aus der Nahrung des Kin- des zeugen, demselben zu allerhand Ge- müthsbewegungen Gelegenheit geben können? Und hieraus erhellet denn, wie es möglich, daß auch der Vater zu der Fortpflantzung böser Begierden, so durch die Gebuhrt geschiehet, viel beytrage. Wir mögen dieses aber nicht weitläuftiger ausführen, weil wir uns dabey noth- wendig für eine der Meynungen, wo- durch man die Uebereinstimmung des Leibes mit der Seele sucht begreiflich zu machen, erklären müsten. Da wir aber zeithero alles blos auf Erfahrungen, die niemand leugnen kan, gegründet, und unsere Muthmassung so eingerichtet, daß sie ein jeder nach seiner Meynung (sy- stemate) wird weiter erklären können; so wollen wir auch jetzo nicht weiter ge- hen, als uns gewisse Erfahrungen die Hand bieten.
§. 27.
Einwurf und des- sen Be- antwor- tung.
Vielleicht macht mir jemand den Ein- wurf: könne man aus der Beschaffen- heit des Leibes und dessen Säfte böse Neigungen erklären, so hätte man der erstern Muthmassung von Fortpflantzung böser Begierden gar nicht nöthig. Ein Philosoph müsse die Dinge und Mey- nungen nicht ausser Noth häuffen. Soll
ich
res gleichen aus der Nahrung des Kin- des zeugen, demſelben zu allerhand Ge- muͤthsbewegungen Gelegenheit geben koͤnnen? Und hieraus erhellet denn, wie es moͤglich, daß auch der Vater zu der Fortpflantzung boͤſer Begierden, ſo durch die Gebuhrt geſchiehet, viel beytrage. Wir moͤgen dieſes aber nicht weitlaͤuftiger ausfuͤhren, weil wir uns dabey noth- wendig fuͤr eine der Meynungen, wo- durch man die Uebereinſtimmung des Leibes mit der Seele ſucht begreiflich zu machen, erklaͤren muͤſten. Da wir aber zeithero alles blos auf Erfahrungen, die niemand leugnen kan, gegruͤndet, und unſere Muthmaſſung ſo eingerichtet, daß ſie ein jeder nach ſeiner Meynung (ſy- ſtemate) wird weiter erklaͤren koͤnnen; ſo wollen wir auch jetzo nicht weiter ge- hen, als uns gewiſſe Erfahrungen die Hand bieten.
§. 27.
Einwurf und deſ- ſen Be- antwor- tung.
Vielleicht macht mir jemand den Ein- wurf: koͤnne man aus der Beſchaffen- heit des Leibes und deſſen Saͤfte boͤſe Neigungen erklaͤren, ſo haͤtte man der erſtern Muthmaſſung von Fortpflantzung boͤſer Begierden gar nicht noͤthig. Ein Philoſoph muͤſſe die Dinge und Mey- nungen nicht auſſer Noth haͤuffen. Soll
ich
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[282[278]/0314]
res gleichen aus der Nahrung des Kin-
des zeugen, demſelben zu allerhand Ge-
muͤthsbewegungen Gelegenheit geben
koͤnnen? Und hieraus erhellet denn, wie
es moͤglich, daß auch der Vater zu der
Fortpflantzung boͤſer Begierden, ſo durch
die Gebuhrt geſchiehet, viel beytrage. Wir
moͤgen dieſes aber nicht weitlaͤuftiger
ausfuͤhren, weil wir uns dabey noth-
wendig fuͤr eine der Meynungen, wo-
durch man die Uebereinſtimmung des
Leibes mit der Seele ſucht begreiflich zu
machen, erklaͤren muͤſten. Da wir aber
zeithero alles blos auf Erfahrungen, die
niemand leugnen kan, gegruͤndet, und
unſere Muthmaſſung ſo eingerichtet, daß
ſie ein jeder nach ſeiner Meynung (ſy-
ſtemate) wird weiter erklaͤren koͤnnen;
ſo wollen wir auch jetzo nicht weiter ge-
hen, als uns gewiſſe Erfahrungen die
Hand bieten.
§. 27.
Vielleicht macht mir jemand den Ein-
wurf: koͤnne man aus der Beſchaffen-
heit des Leibes und deſſen Saͤfte boͤſe
Neigungen erklaͤren, ſo haͤtte man der
erſtern Muthmaſſung von Fortpflantzung
boͤſer Begierden gar nicht noͤthig. Ein
Philoſoph muͤſſe die Dinge und Mey-
nungen nicht auſſer Noth haͤuffen. Soll
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 282[278]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/314>, abgerufen am 24.11.2024.
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