Tugend wahrhaftig zu lieben, gewiß, er würde nimmer vom Bette kommen. Wie viele liegen etliche Jahre auf dem Kranckenbette, welche doch dadurch nicht einmahl dahin gebracht werden, daß sie von Haß und Schelten und Fluchen ab- stehen? Man frage Lehrer, die bey weit- läuftigen Gemeinden stehen, sie werden Exempel von dergleichen Leuten anführen können. Man gehe ferner hin, wo eine Gluth das Vermögen eines ungerechten Geitzhalses verzehret, und vernehme aus seinen Worten, ob er dabey anfänget Gott und Tugend zu lieben, oder ob der Haß gegen selbige noch grösser wird. Man erwege hierbey, was Betr. VII. §. 9. 10. 11. gesagt worden.
§. 5.
Jch will zwar nicht leugnen, daß nicht etwa einige von denen, die anjetzo verlohren gehen, durch dergleichen Zwangmittel erstlich zu einer knechtischen Furcht, und endlich zu einer freudigen Liebe gegen GOtt gebracht würden: aber daran zweiffelte ich sehr, ob der Hauffe der Frommen über- haupt alsdenn würde grösser seyn als an- jetzt. Es wird mir dieser Zweiffel durch folgende Gründe erreget. Wolte GOtt die Bosheit der Menschen durch beständi- ge Strafen dämpfen, so würde immer die gröste Noth in der gantzen Welt seyn,
(§. 3. 4.)
Tugend wahrhaftig zu lieben, gewiß, er wuͤrde nimmer vom Bette kommen. Wie viele liegen etliche Jahre auf dem Kranckenbette, welche doch dadurch nicht einmahl dahin gebracht werden, daß ſie von Haß und Schelten und Fluchen ab- ſtehen? Man frage Lehrer, die bey weit- laͤuftigen Gemeinden ſtehen, ſie werden Exempel von dergleichen Leuten anfuͤhren koͤnnen. Man gehe ferner hin, wo eine Gluth das Vermoͤgen eines ungerechten Geitzhalſes verzehret, und vernehme aus ſeinen Worten, ob er dabey anfaͤnget Gott und Tugend zu lieben, oder ob der Haß gegen ſelbige noch groͤſſer wird. Man erwege hierbey, was Betr. VII. §. 9. 10. 11. geſagt worden.
§. 5.
Jch will zwar nicht leugnen, daß nicht etwa einige von denen, die anjetzo verlohren gehen, durch dergleichen Zwangmittel erſtlich zu einer knechtiſchen Furcht, und endlich zu einer freudigen Liebe gegen GOtt gebracht wuͤrden: aber daran zweiffelte ich ſehr, ob der Hauffe der Frommen uͤber- haupt alsdenn wuͤrde groͤſſer ſeyn als an- jetzt. Es wird mir dieſer Zweiffel durch folgende Gruͤnde erreget. Wolte GOtt die Bosheit der Menſchen durch beſtaͤndi- ge Strafen daͤmpfen, ſo wuͤrde immer die groͤſte Noth in der gantzen Welt ſeyn,
(§. 3. 4.)
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Tugend wahrhaftig zu lieben, gewiß, er
wuͤrde nimmer vom Bette kommen.
Wie viele liegen etliche Jahre auf dem
Kranckenbette, welche doch dadurch nicht
einmahl dahin gebracht werden, daß ſie
von Haß und Schelten und Fluchen ab-
ſtehen? Man frage Lehrer, die bey weit-
laͤuftigen Gemeinden ſtehen, ſie werden
Exempel von dergleichen Leuten anfuͤhren
koͤnnen. Man gehe ferner hin, wo eine
Gluth das Vermoͤgen eines ungerechten
Geitzhalſes verzehret, und vernehme aus
ſeinen Worten, ob er dabey anfaͤnget Gott
und Tugend zu lieben, oder ob der Haß
gegen ſelbige noch groͤſſer wird. Man
erwege hierbey, was Betr. VII. §. 9. 10.
11. geſagt worden.
§. 5.
Jch will zwar nicht leugnen, daß nicht
etwa einige von denen, die anjetzo verlohren
gehen, durch dergleichen Zwangmittel
erſtlich zu einer knechtiſchen Furcht, und
endlich zu einer freudigen Liebe gegen GOtt
gebracht wuͤrden: aber daran zweiffelte
ich ſehr, ob der Hauffe der Frommen uͤber-
haupt alsdenn wuͤrde groͤſſer ſeyn als an-
jetzt. Es wird mir dieſer Zweiffel durch
folgende Gruͤnde erreget. Wolte GOtt
die Bosheit der Menſchen durch beſtaͤndi-
ge Strafen daͤmpfen, ſo wuͤrde immer die
groͤſte Noth in der gantzen Welt ſeyn,
(§. 3. 4.)
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/31>, abgerufen am 25.11.2024.
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