Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





brachte, setzte allezeit der Donner und
andere Knalle, so demselben ähnlich wa-
ren, in solche Angst, daß ihm der kalte
Schweiß ausbrach. Als er grösser und
vernünftiger wurde, wolte er diese Lei-
denschaft gerne ablegen. Er gieng de-
rowegen mit mir und andern guten
Freunden bisweilen in die Ferne, wenn
Soldaten feuerten. Es waren aber al-
le Uebungen, denen er sich mit dem grö-
sten Zwange unterwarf, nicht hinlänglich
ihn von der Angst und dem Schmertz zu
befreyen, so ihm ein harter Knall verur-
sachte. Und alle Vorstellungen der
Vernunft waren dahero auch zu schwach,
die grosse Abneigung, welche er vor einen
Schuß, Donnerknall und dergleichen
hatte, zu besiegen.

§. 18.
Erklä-
rung des-
selben.

Wir können diese starcke Leidenschaft
aus den obigen Gründen folgender Ge-
stalt begreiflich machen. Als der ange-
führte Donnerschlag die Ohren der
Mutter und ihre Hör-Nerven heftig ge-
rühret; so sind dadurch die Nerven in
den Ohren des Kindes gleichfals bewegt
worden, (siehe §. 14.) und haben in der
Seele des Kindes einige Empfindung,
welche der Empfindung eines Donner-
knalles ähnlich gewesen, hervorgebracht

(siehe





brachte, ſetzte allezeit der Donner und
andere Knalle, ſo demſelben aͤhnlich wa-
ren, in ſolche Angſt, daß ihm der kalte
Schweiß ausbrach. Als er groͤſſer und
vernuͤnftiger wurde, wolte er dieſe Lei-
denſchaft gerne ablegen. Er gieng de-
rowegen mit mir und andern guten
Freunden bisweilen in die Ferne, wenn
Soldaten feuerten. Es waren aber al-
le Uebungen, denen er ſich mit dem groͤ-
ſten Zwange unterwarf, nicht hinlaͤnglich
ihn von der Angſt und dem Schmertz zu
befreyen, ſo ihm ein harter Knall verur-
ſachte. Und alle Vorſtellungen der
Vernunft waren dahero auch zu ſchwach,
die groſſe Abneigung, welche er vor einen
Schuß, Donnerknall und dergleichen
hatte, zu beſiegen.

§. 18.
Erklaͤ-
rung deſ-
ſelben.

Wir koͤnnen dieſe ſtarcke Leidenſchaft
aus den obigen Gruͤnden folgender Ge-
ſtalt begreiflich machen. Als der ange-
fuͤhrte Donnerſchlag die Ohren der
Mutter und ihre Hoͤr-Nerven heftig ge-
ruͤhret; ſo ſind dadurch die Nerven in
den Ohren des Kindes gleichfals bewegt
worden, (ſiehe §. 14.) und haben in der
Seele des Kindes einige Empfindung,
welche der Empfindung eines Donner-
knalles aͤhnlich geweſen, hervorgebracht

(ſiehe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0300" n="268[264]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
brachte, &#x017F;etzte allezeit der Donner und<lb/>
andere Knalle, &#x017F;o dem&#x017F;elben a&#x0364;hnlich wa-<lb/>
ren, in &#x017F;olche Ang&#x017F;t, daß ihm der kalte<lb/>
Schweiß ausbrach. Als er gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
vernu&#x0364;nftiger wurde, wolte er die&#x017F;e Lei-<lb/>
den&#x017F;chaft gerne ablegen. Er gieng de-<lb/>
rowegen mit mir und andern guten<lb/>
Freunden bisweilen in die Ferne, wenn<lb/>
Soldaten feuerten. Es waren aber al-<lb/>
le Uebungen, denen er &#x017F;ich mit dem gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Zwange unterwarf, nicht hinla&#x0364;nglich<lb/>
ihn von der Ang&#x017F;t und dem Schmertz zu<lb/>
befreyen, &#x017F;o ihm ein harter Knall verur-<lb/>
&#x017F;achte. Und alle Vor&#x017F;tellungen der<lb/>
Vernunft waren dahero auch zu &#x017F;chwach,<lb/>
die gro&#x017F;&#x017F;e Abneigung, welche er vor einen<lb/>
Schuß, Donnerknall und dergleichen<lb/>
hatte, zu be&#x017F;iegen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 18.</head><lb/>
            <note place="left">Erkla&#x0364;-<lb/>
rung de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben.</note>
            <p>Wir ko&#x0364;nnen die&#x017F;e &#x017F;tarcke Leiden&#x017F;chaft<lb/>
aus den obigen Gru&#x0364;nden folgender Ge-<lb/>
&#x017F;talt begreiflich machen. Als der ange-<lb/>
fu&#x0364;hrte Donner&#x017F;chlag die Ohren der<lb/>
Mutter und ihre Ho&#x0364;r-Nerven heftig ge-<lb/>
ru&#x0364;hret; &#x017F;o &#x017F;ind dadurch die Nerven in<lb/>
den Ohren des Kindes gleichfals bewegt<lb/>
worden, (&#x017F;iehe §. 14.) und haben in der<lb/>
Seele des Kindes einige Empfindung,<lb/>
welche der Empfindung eines Donner-<lb/>
knalles a&#x0364;hnlich gewe&#x017F;en, hervorgebracht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">(&#x017F;iehe</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268[264]/0300] brachte, ſetzte allezeit der Donner und andere Knalle, ſo demſelben aͤhnlich wa- ren, in ſolche Angſt, daß ihm der kalte Schweiß ausbrach. Als er groͤſſer und vernuͤnftiger wurde, wolte er dieſe Lei- denſchaft gerne ablegen. Er gieng de- rowegen mit mir und andern guten Freunden bisweilen in die Ferne, wenn Soldaten feuerten. Es waren aber al- le Uebungen, denen er ſich mit dem groͤ- ſten Zwange unterwarf, nicht hinlaͤnglich ihn von der Angſt und dem Schmertz zu befreyen, ſo ihm ein harter Knall verur- ſachte. Und alle Vorſtellungen der Vernunft waren dahero auch zu ſchwach, die groſſe Abneigung, welche er vor einen Schuß, Donnerknall und dergleichen hatte, zu beſiegen. §. 18. Wir koͤnnen dieſe ſtarcke Leidenſchaft aus den obigen Gruͤnden folgender Ge- ſtalt begreiflich machen. Als der ange- fuͤhrte Donnerſchlag die Ohren der Mutter und ihre Hoͤr-Nerven heftig ge- ruͤhret; ſo ſind dadurch die Nerven in den Ohren des Kindes gleichfals bewegt worden, (ſiehe §. 14.) und haben in der Seele des Kindes einige Empfindung, welche der Empfindung eines Donner- knalles aͤhnlich geweſen, hervorgebracht (ſiehe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/300
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 268[264]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/300>, abgerufen am 23.11.2024.