Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





seiner selbst wieder in eine andere Ungleich-
heit zu verwandeln. Hochmuth konnte sich
derowegen gleichfalls nicht leicht bey den
ersten Menschen, besonders im Anfange,
sehen lassen, ausser etwa durch eine Begier-
de sich der Herrschafft GOttes zu entzie-
hen, und selbigem auf eine unvernünfftige
Art gleich zu werden. Denn gegen ande-
re Neben-Menschen konnten sie nicht hoch-
müthig seyn, weil selbige noch nicht da
waren, und unter ihnen selbst als jungen
Eh-Leuten, war wol die Liebe stärcker, als
daß sie dem Hochmuth gegen einander hät-
ten einen Platz einräumen sollen. Die Ge-
fahr auf schädliche Wollüste zu verfallen,
und Leib und Seel dadurch zu verderben,
war gleich im Anfange am grössesten. Die
schönen Farben, der angenehme Geruch
und liebliche Geschmack so vieler Früchte,
welche GOtt den Menschen zur Nahrung
und Vergnügen geschaffen, waren am er-
sten im Stande eine verderbliche Begier-
de selbige im Uberfluß zu gebrauchen, zu
erregen, und sie durch ihre vergnügende
Empfindung so einzunehmen, daß sie in
Geniessung derselben allein ihre Glückselig-
keit setzen mochten. Es war also am nö-
thigsten die ersten Einwohner dieser Erden

zur





ſeiner ſelbſt wieder in eine andere Ungleich-
heit zu verwandeln. Hochmuth konnte ſich
derowegen gleichfalls nicht leicht bey den
erſten Menſchen, beſonders im Anfange,
ſehen laſſen, auſſer etwa durch eine Begier-
de ſich der Herrſchafft GOttes zu entzie-
hen, und ſelbigem auf eine unvernuͤnfftige
Art gleich zu werden. Denn gegen ande-
re Neben-Menſchen konnten ſie nicht hoch-
muͤthig ſeyn, weil ſelbige noch nicht da
waren, und unter ihnen ſelbſt als jungen
Eh-Leuten, war wol die Liebe ſtaͤrcker, als
daß ſie dem Hochmuth gegen einander haͤt-
ten einen Platz einraͤumen ſollen. Die Ge-
fahr auf ſchaͤdliche Wolluͤſte zu verfallen,
und Leib und Seel dadurch zu verderben,
war gleich im Anfange am groͤſſeſten. Die
ſchoͤnen Farben, der angenehme Geruch
und liebliche Geſchmack ſo vieler Fruͤchte,
welche GOtt den Menſchen zur Nahrung
und Vergnuͤgen geſchaffen, waren am er-
ſten im Stande eine verderbliche Begier-
de ſelbige im Uberfluß zu gebrauchen, zu
erregen, und ſie durch ihre vergnuͤgende
Empfindung ſo einzunehmen, daß ſie in
Genieſſung derſelben allein ihre Gluͤckſelig-
keit ſetzen mochten. Es war alſo am noͤ-
thigſten die erſten Einwohner dieſer Erden

zur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0254" n="222[218]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;t wieder in eine andere Ungleich-<lb/>
heit zu verwandeln. Hochmuth konnte &#x017F;ich<lb/>
derowegen gleichfalls nicht leicht bey den<lb/>
er&#x017F;ten Men&#x017F;chen, be&#x017F;onders im Anfange,<lb/>
&#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en, au&#x017F;&#x017F;er etwa durch eine Begier-<lb/>
de &#x017F;ich der Herr&#x017F;chafft GOttes zu entzie-<lb/>
hen, und &#x017F;elbigem auf eine unvernu&#x0364;nfftige<lb/>
Art gleich zu werden. Denn gegen ande-<lb/>
re Neben-Men&#x017F;chen konnten &#x017F;ie nicht hoch-<lb/>
mu&#x0364;thig &#x017F;eyn, weil &#x017F;elbige noch nicht da<lb/>
waren, und unter ihnen &#x017F;elb&#x017F;t als jungen<lb/>
Eh-Leuten, war wol die Liebe &#x017F;ta&#x0364;rcker, als<lb/>
daß &#x017F;ie dem Hochmuth gegen einander ha&#x0364;t-<lb/>
ten einen Platz einra&#x0364;umen &#x017F;ollen. Die Ge-<lb/>
fahr auf &#x017F;cha&#x0364;dliche Wollu&#x0364;&#x017F;te zu verfallen,<lb/>
und Leib und Seel dadurch zu verderben,<lb/>
war gleich im Anfange am gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten. Die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Farben, der angenehme Geruch<lb/>
und liebliche Ge&#x017F;chmack &#x017F;o vieler Fru&#x0364;chte,<lb/>
welche GOtt den Men&#x017F;chen zur Nahrung<lb/>
und Vergnu&#x0364;gen ge&#x017F;chaffen, waren am er-<lb/>
&#x017F;ten im Stande eine verderbliche Begier-<lb/>
de &#x017F;elbige im Uberfluß zu gebrauchen, zu<lb/>
erregen, und &#x017F;ie durch ihre vergnu&#x0364;gende<lb/>
Empfindung &#x017F;o einzunehmen, daß &#x017F;ie in<lb/>
Genie&#x017F;&#x017F;ung der&#x017F;elben allein ihre Glu&#x0364;ck&#x017F;elig-<lb/>
keit &#x017F;etzen mochten. Es war al&#x017F;o am no&#x0364;-<lb/>
thig&#x017F;ten die er&#x017F;ten Einwohner die&#x017F;er Erden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zur</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222[218]/0254] ſeiner ſelbſt wieder in eine andere Ungleich- heit zu verwandeln. Hochmuth konnte ſich derowegen gleichfalls nicht leicht bey den erſten Menſchen, beſonders im Anfange, ſehen laſſen, auſſer etwa durch eine Begier- de ſich der Herrſchafft GOttes zu entzie- hen, und ſelbigem auf eine unvernuͤnfftige Art gleich zu werden. Denn gegen ande- re Neben-Menſchen konnten ſie nicht hoch- muͤthig ſeyn, weil ſelbige noch nicht da waren, und unter ihnen ſelbſt als jungen Eh-Leuten, war wol die Liebe ſtaͤrcker, als daß ſie dem Hochmuth gegen einander haͤt- ten einen Platz einraͤumen ſollen. Die Ge- fahr auf ſchaͤdliche Wolluͤſte zu verfallen, und Leib und Seel dadurch zu verderben, war gleich im Anfange am groͤſſeſten. Die ſchoͤnen Farben, der angenehme Geruch und liebliche Geſchmack ſo vieler Fruͤchte, welche GOtt den Menſchen zur Nahrung und Vergnuͤgen geſchaffen, waren am er- ſten im Stande eine verderbliche Begier- de ſelbige im Uberfluß zu gebrauchen, zu erregen, und ſie durch ihre vergnuͤgende Empfindung ſo einzunehmen, daß ſie in Genieſſung derſelben allein ihre Gluͤckſelig- keit ſetzen mochten. Es war alſo am noͤ- thigſten die erſten Einwohner dieſer Erden zur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/254
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 222[218]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/254>, abgerufen am 31.10.2024.