Leben. Sind wir in einer recht angeneh- men Gesellschafft, oder in einem schönen Garten, oder in einem recht wol verfertig- ten Schau-Spiele und bey einer belusti- genden Musick, so vergessen wir der Ver- gnügen, so uns Geschmack und Geruch geben, auf eine Zeitlang gar leicht, und ich glaube, wir würden bey andern grös- seren Belustigungen des essen und trinckens ohne Betrübniß gantz und gar entbehren, wenn uns kein Hunger und Durst darzu nöthigte. Jst dieses aber schon in diesem Leben, was werden wir denn dorten nach den Empfindungen des Geruchs und Ge- schmackes fragen, da uns tausend andere wichtigere Vergnügen umgeben?
§. 26.
Seelen, welche diejenige Art von Wol-Der Mangel fleischli- cher Ver- mischung wird den Seligen kein Miß- vergnü- gen ver- ursachen. lüsten, welche ihnen die fleischliche Ver- mischung mit dem andern Geschlecht gie- bet, vor ihr höchstes Gut achten, pflegen dieses als eine grosse Unvollkommenheit des Himmels anzusehen, daß sie in dem- selben nicht freyen, noch sich freyen lassen. Allein es haben diejenigen, welche sich durch Glauben und Tugend zu jenem Le- ben vorbereiten, nicht zu fürchten, daß der
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Leben. Sind wir in einer recht angeneh- men Geſellſchafft, oder in einem ſchoͤnen Garten, oder in einem recht wol verfertig- ten Schau-Spiele und bey einer beluſti- genden Muſick, ſo vergeſſen wir der Ver- gnuͤgen, ſo uns Geſchmack und Geruch geben, auf eine Zeitlang gar leicht, und ich glaube, wir wuͤrden bey andern groͤſ- ſeren Beluſtigungen des eſſen und trinckens ohne Betruͤbniß gantz und gar entbehren, wenn uns kein Hunger und Durſt darzu noͤthigte. Jſt dieſes aber ſchon in dieſem Leben, was werden wir denn dorten nach den Empfindungen des Geruchs und Ge- ſchmackes fragen, da uns tauſend andere wichtigere Vergnuͤgen umgeben?
§. 26.
Seelen, welche diejenige Art von Wol-Der Mangel fleiſchli- cher Ver- miſchung wird den Seligen kein Miß- vergnuͤ- gen ver- urſachen. luͤſten, welche ihnen die fleiſchliche Ver- miſchung mit dem andern Geſchlecht gie- bet, vor ihr hoͤchſtes Gut achten, pflegen dieſes als eine groſſe Unvollkommenheit des Himmels anzuſehen, daß ſie in dem- ſelben nicht freyen, noch ſich freyen laſſen. Allein es haben diejenigen, welche ſich durch Glauben und Tugend zu jenem Le- ben vorbereiten, nicht zu fuͤrchten, daß der
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[167[163]/0199]
Leben. Sind wir in einer recht angeneh-
men Geſellſchafft, oder in einem ſchoͤnen
Garten, oder in einem recht wol verfertig-
ten Schau-Spiele und bey einer beluſti-
genden Muſick, ſo vergeſſen wir der Ver-
gnuͤgen, ſo uns Geſchmack und Geruch
geben, auf eine Zeitlang gar leicht, und
ich glaube, wir wuͤrden bey andern groͤſ-
ſeren Beluſtigungen des eſſen und trinckens
ohne Betruͤbniß gantz und gar entbehren,
wenn uns kein Hunger und Durſt darzu
noͤthigte. Jſt dieſes aber ſchon in dieſem
Leben, was werden wir denn dorten nach
den Empfindungen des Geruchs und Ge-
ſchmackes fragen, da uns tauſend andere
wichtigere Vergnuͤgen umgeben?
§. 26.
Seelen, welche diejenige Art von Wol-
luͤſten, welche ihnen die fleiſchliche Ver-
miſchung mit dem andern Geſchlecht gie-
bet, vor ihr hoͤchſtes Gut achten, pflegen
dieſes als eine groſſe Unvollkommenheit
des Himmels anzuſehen, daß ſie in dem-
ſelben nicht freyen, noch ſich freyen laſſen.
Allein es haben diejenigen, welche ſich
durch Glauben und Tugend zu jenem Le-
ben vorbereiten, nicht zu fuͤrchten, daß der
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wird den
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kein Miß-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 167[163]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/199>, abgerufen am 22.11.2024.
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