Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.tersuche, woher es kommt, daß die Vorstel-gen, ande- re aber nicht, und was da- bey be- sonders zu bemer- cken? lungen und Empfindungen gewisser Dinge uns vergnügt und andere mißvergnügt ma- chen. Meine Einsicht reicht zwar so weit nicht, daß ich aus der Beschaffenheit der See- le zeigen könte, wie es zugehet, daß uns das eine vergnüge, das andere aber verdrieß- lich falle; indessen aber wird zu meinem Vorhaben genug seyn, wenn ich folgendes bemercke, daß bey dem Vergnügen und Mißvergnügen über einige Dinge kein an- der Grund könne angegeben werden als die Natur des Menschen gantz allein: (*) in vielen Fällen aber die Erziehung und andere äusserliche Dinge eine Neben-Ur- sache davon in sich enthalten. Daß ein Mensch die Gesundheit seiner Glieder liebt, hingegen Schmertzen scheuet, hat, so viel wir wissen, keine andere Ursache als al- lein die menschliche Natur, als welche von ihrem Schöpffer so eingerichtet ist, daß sie das erstere vergnüget, das letztere ihr aber ein Mißvergnügen erwecket. Daß hinge- gen dem einen der Toback schmecket, dem andern aber eckelt, dem einen das Solda- ten-Wesen und das Geräusche der Trom- meln, dem andern aber eine sanffte Stille und eine Stube voll Bücher gefället, hat ausser (*) Wenn man sonsten nach dem nechsten
Grunde fraget, warum uns etwas vergnüget, so pflegt man selbigen überhaupt in einer lebendi- gen Vorstellung derjenigen Vollkommenheit, welche eine Sache entweder würcklich hat, oder wir ihr nur zueignen, zu setzen, und alles Miß- terſuche, woher es kommt, daß die Vorſtel-gen, ande- re aber nicht, und was da- bey be- ſonders zu bemer- cken? lungen und Empfindungen gewiſſer Dinge uns vergnuͤgt und andere mißvergnuͤgt ma- chen. Meine Einſicht reicht zwar ſo weit nicht, daß ich aus der Beſchaffenheit der See- le zeigen koͤnte, wie es zugehet, daß uns das eine vergnuͤge, das andere aber verdrieß- lich falle; indeſſen aber wird zu meinem Vorhaben genug ſeyn, wenn ich folgendes bemercke, daß bey dem Vergnuͤgen und Mißvergnuͤgen uͤber einige Dinge kein an- der Grund koͤnne angegeben werden als die Natur des Menſchen gantz allein: (*) in vielen Faͤllen aber die Erziehung und andere aͤuſſerliche Dinge eine Neben-Ur- ſache davon in ſich enthalten. Daß ein Menſch die Geſundheit ſeiner Glieder liebt, hingegen Schmertzen ſcheuet, hat, ſo viel wir wiſſen, keine andere Urſache als al- lein die menſchliche Natur, als welche von ihrem Schoͤpffer ſo eingerichtet iſt, daß ſie das erſtere vergnuͤget, das letztere ihr aber ein Mißvergnuͤgen erwecket. Daß hinge- gen dem einen der Toback ſchmecket, dem andern aber eckelt, dem einen das Solda- ten-Weſen und das Geraͤuſche der Trom- meln, dem andern aber eine ſanffte Stille und eine Stube voll Buͤcher gefaͤllet, hat auſſer (*) Wenn man ſonſten nach dem nechſten
Grunde fraget, warum uns etwas vergnuͤget, ſo pflegt man ſelbigen uͤberhaupt in einer lebendi- gen Vorſtellung derjenigen Vollkommenheit, welche eine Sache entweder wuͤrcklich hat, oder wir ihr nur zueignen, zu ſetzen, und alles Miß- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0175" n="143[139]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> terſuche, woher es kommt, daß die Vorſtel-<note place="right">gen, ande-<lb/> re aber<lb/> nicht, und<lb/> was da-<lb/> bey be-<lb/> ſonders<lb/> zu bemer-<lb/> cken?</note><lb/> lungen und Empfindungen gewiſſer Dinge<lb/> uns vergnuͤgt und andere mißvergnuͤgt ma-<lb/> chen. Meine Einſicht reicht zwar ſo weit<lb/> nicht, daß ich aus der Beſchaffenheit der See-<lb/> le zeigen koͤnte, wie es zugehet, daß uns das<lb/> eine vergnuͤge, das andere aber verdrieß-<lb/> lich falle; indeſſen aber wird zu meinem<lb/> Vorhaben genug ſeyn, wenn ich folgendes<lb/> bemercke, daß bey dem Vergnuͤgen und<lb/> Mißvergnuͤgen uͤber einige Dinge kein an-<lb/> der Grund koͤnne angegeben werden als<lb/> die Natur des Menſchen gantz allein: <note xml:id="a22" next="#a23" place="foot" n="(*)">Wenn man ſonſten nach dem nechſten<lb/> Grunde fraget, warum uns etwas vergnuͤget,<lb/> ſo pflegt man ſelbigen uͤberhaupt in einer lebendi-<lb/> gen Vorſtellung derjenigen Vollkommenheit,<lb/> welche eine Sache entweder wuͤrcklich hat, oder<lb/> wir ihr nur zueignen, zu ſetzen, und alles Miß-</note><lb/> in vielen Faͤllen aber die Erziehung und<lb/> andere aͤuſſerliche Dinge eine Neben-Ur-<lb/> ſache davon in ſich enthalten. Daß ein<lb/> Menſch die Geſundheit ſeiner Glieder liebt,<lb/> hingegen Schmertzen ſcheuet, hat, ſo viel<lb/> wir wiſſen, keine andere Urſache als al-<lb/> lein die menſchliche Natur, als welche von<lb/> ihrem Schoͤpffer ſo eingerichtet iſt, daß ſie<lb/> das erſtere vergnuͤget, das letztere ihr aber<lb/> ein Mißvergnuͤgen erwecket. Daß hinge-<lb/> gen dem einen der Toback ſchmecket, dem<lb/> andern aber eckelt, dem einen das Solda-<lb/> ten-Weſen und das Geraͤuſche der Trom-<lb/> meln, dem andern aber eine ſanffte Stille<lb/> und eine Stube voll Buͤcher gefaͤllet, hat<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auſſer</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143[139]/0175]
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uns vergnuͤgt und andere mißvergnuͤgt ma-
chen. Meine Einſicht reicht zwar ſo weit
nicht, daß ich aus der Beſchaffenheit der See-
le zeigen koͤnte, wie es zugehet, daß uns das
eine vergnuͤge, das andere aber verdrieß-
lich falle; indeſſen aber wird zu meinem
Vorhaben genug ſeyn, wenn ich folgendes
bemercke, daß bey dem Vergnuͤgen und
Mißvergnuͤgen uͤber einige Dinge kein an-
der Grund koͤnne angegeben werden als
die Natur des Menſchen gantz allein: (*)
in vielen Faͤllen aber die Erziehung und
andere aͤuſſerliche Dinge eine Neben-Ur-
ſache davon in ſich enthalten. Daß ein
Menſch die Geſundheit ſeiner Glieder liebt,
hingegen Schmertzen ſcheuet, hat, ſo viel
wir wiſſen, keine andere Urſache als al-
lein die menſchliche Natur, als welche von
ihrem Schoͤpffer ſo eingerichtet iſt, daß ſie
das erſtere vergnuͤget, das letztere ihr aber
ein Mißvergnuͤgen erwecket. Daß hinge-
gen dem einen der Toback ſchmecket, dem
andern aber eckelt, dem einen das Solda-
ten-Weſen und das Geraͤuſche der Trom-
meln, dem andern aber eine ſanffte Stille
und eine Stube voll Buͤcher gefaͤllet, hat
auſſer
gen, ande-
re aber
nicht, und
was da-
bey be-
ſonders
zu bemer-
cken?
(*) Wenn man ſonſten nach dem nechſten
Grunde fraget, warum uns etwas vergnuͤget,
ſo pflegt man ſelbigen uͤberhaupt in einer lebendi-
gen Vorſtellung derjenigen Vollkommenheit,
welche eine Sache entweder wuͤrcklich hat, oder
wir ihr nur zueignen, zu ſetzen, und alles Miß-
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