Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Sinn, bis es meine Nerven durchbebte, und
ich die Schöne, Gute in mir lebendig hatte,
und -- nennt es Thorheit, Unsinn, Schwär-
merey -- und ich Gegenliebe von ihr fühlte!
So pflege ich eines jeden Dinges, von welchem
Wohlthun unmittelbar ausgeht; es sey Gestalt
oder Geist, Lied, Harmonie, Gemählde, was
es wolle. Ich halte es an mich, leih ihm Heerd
und Feuer, ruhe nicht, bis sein inneres Wesen,
das Gute, Schöne, das Wohlthun in mich
strömt, Leben in mir empfangen hat und Liebe.
Ach! nichts soll untergehen, was mir einen
Blick der Vereinigung zuwarf; was mir Leben
gab und Leben von mir nahm: wenigstens
so lange soll es nicht untergehen, als ich selbst
daure.

Nun bin ich hiemit freylich mancher Ver-
letzung blosgestellt, die ich ohne das nicht
empfände. Alle Dumpfheit, Achtlosigkeit,
Geringschätzung, Flüchtigkeit der Menschen um
mich her, und die noch ärgere Schmach ihrer
vorüberrauschenden Entzückungen, trif[f]t mich,

Sinn, bis es meine Nerven durchbebte, und
ich die Schoͤne, Gute in mir lebendig hatte,
und — nennt es Thorheit, Unſinn, Schwaͤr-
merey — und ich Gegenliebe von ihr fuͤhlte!
So pflege ich eines jeden Dinges, von welchem
Wohlthun unmittelbar ausgeht; es ſey Geſtalt
oder Geiſt, Lied, Harmonie, Gemaͤhlde, was
es wolle. Ich halte es an mich, leih ihm Heerd
und Feuer, ruhe nicht, bis ſein inneres Weſen,
das Gute, Schoͤne, das Wohlthun in mich
ſtroͤmt, Leben in mir empfangen hat und Liebe.
Ach! nichts ſoll untergehen, was mir einen
Blick der Vereinigung zuwarf; was mir Leben
gab und Leben von mir nahm: wenigſtens
ſo lange ſoll es nicht untergehen, als ich ſelbſt
daure.

Nun bin ich hiemit freylich mancher Ver-
letzung blosgeſtellt, die ich ohne das nicht
empfaͤnde. Alle Dumpfheit, Achtloſigkeit,
Geringſchaͤtzung, Fluͤchtigkeit der Menſchen um
mich her, und die noch aͤrgere Schmach ihrer
voruͤberrauſchenden Entzuͤckungen, trif[f]t mich,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0053" n="15"/>
Sinn, bis es meine Nerven durchbebte, und<lb/>
ich die Scho&#x0364;ne, Gute in mir lebendig hatte,<lb/>
und &#x2014; nennt es Thorheit, Un&#x017F;inn, Schwa&#x0364;r-<lb/>
merey &#x2014; und ich Gegenliebe von ihr fu&#x0364;hlte!<lb/>
So pflege ich eines jeden Dinges, von welchem<lb/>
Wohlthun unmittelbar ausgeht; es &#x017F;ey Ge&#x017F;talt<lb/>
oder Gei&#x017F;t, Lied, Harmonie, Gema&#x0364;hlde, was<lb/>
es wolle. Ich halte es an mich, leih ihm Heerd<lb/>
und Feuer, ruhe nicht, bis &#x017F;ein inneres We&#x017F;en,<lb/>
das Gute, Scho&#x0364;ne, das Wohlthun in mich<lb/>
&#x017F;tro&#x0364;mt, Leben in mir empfangen hat und Liebe.<lb/>
Ach! nichts &#x017F;oll untergehen, was mir einen<lb/>
Blick der Vereinigung zuwarf; was mir Leben<lb/><hi rendition="#g">gab</hi> und Leben von mir <hi rendition="#g">nahm</hi>: wenig&#x017F;tens<lb/>
&#x017F;o lange &#x017F;oll es nicht untergehen, als ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
daure.</p><lb/>
          <p>Nun bin ich hiemit freylich mancher Ver-<lb/>
letzung blosge&#x017F;tellt, die ich ohne das nicht<lb/>
empfa&#x0364;nde. Alle Dumpfheit, Achtlo&#x017F;igkeit,<lb/>
Gering&#x017F;cha&#x0364;tzung, Flu&#x0364;chtigkeit der Men&#x017F;chen um<lb/>
mich her, und die noch a&#x0364;rgere Schmach ihrer<lb/>
voru&#x0364;berrau&#x017F;chenden Entzu&#x0364;ckungen, trif<supplied>f</supplied>t mich,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0053] Sinn, bis es meine Nerven durchbebte, und ich die Schoͤne, Gute in mir lebendig hatte, und — nennt es Thorheit, Unſinn, Schwaͤr- merey — und ich Gegenliebe von ihr fuͤhlte! So pflege ich eines jeden Dinges, von welchem Wohlthun unmittelbar ausgeht; es ſey Geſtalt oder Geiſt, Lied, Harmonie, Gemaͤhlde, was es wolle. Ich halte es an mich, leih ihm Heerd und Feuer, ruhe nicht, bis ſein inneres Weſen, das Gute, Schoͤne, das Wohlthun in mich ſtroͤmt, Leben in mir empfangen hat und Liebe. Ach! nichts ſoll untergehen, was mir einen Blick der Vereinigung zuwarf; was mir Leben gab und Leben von mir nahm: wenigſtens ſo lange ſoll es nicht untergehen, als ich ſelbſt daure. Nun bin ich hiemit freylich mancher Ver- letzung blosgeſtellt, die ich ohne das nicht empfaͤnde. Alle Dumpfheit, Achtloſigkeit, Geringſchaͤtzung, Fluͤchtigkeit der Menſchen um mich her, und die noch aͤrgere Schmach ihrer voruͤberrauſchenden Entzuͤckungen, trifft mich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/53
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/53>, abgerufen am 19.05.2024.