Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

und Spielen, daß mir unsere gute Sache wider
Onkel Clerdon verdächtig wurde, und es mir
schwer aufs Herz fiel, daß ich vielleicht zum
Feinde übergehen, und das wackere Cusinchen
im Stiche lassen müßte.

Rufen Sie sich die verschiedenen Namen,
welche wir dem, was wir hörten, gaben, ins
Gedächtniß zurück; wir nannten es schön,
rührend, erhaben, majestätisch, himm-
lisch, Göttlich
; und keiner von uns meinte
damit wohl etwas, was sich von den Saiten
des Instruments ablöste, und ihm vor den
Ohren klänge, sondern die Empfindungen
in seiner eigenen Brust
; Empfindun-
gen, welche nicht durch jedes Ohr in jede
Brust mit denselben Tönen kommen; die wir
also selbst erzeugten, und die in keinem ganz
dieselben waren. Hierüber werden wir ohn-
gefähr einig seyn.

Aber nun, was die Töne selbst, als bloße
Töne, angeht!

und Spielen, daß mir unſere gute Sache wider
Onkel Clerdon verdaͤchtig wurde, und es mir
ſchwer aufs Herz fiel, daß ich vielleicht zum
Feinde uͤbergehen, und das wackere Cuſinchen
im Stiche laſſen muͤßte.

Rufen Sie ſich die verſchiedenen Namen,
welche wir dem, was wir hoͤrten, gaben, ins
Gedaͤchtniß zuruͤck; wir nannten es ſchoͤn,
ruͤhrend, erhaben, majeſtaͤtiſch, himm-
liſch, Goͤttlich
; und keiner von uns meinte
damit wohl etwas, was ſich von den Saiten
des Inſtruments abloͤſte, und ihm vor den
Ohren klaͤnge, ſondern die Empfindungen
in ſeiner eigenen Bruſt
; Empfindun-
gen, welche nicht durch jedes Ohr in jede
Bruſt mit denſelben Toͤnen kommen; die wir
alſo ſelbſt erzeugten, und die in keinem ganz
dieſelben waren. Hieruͤber werden wir ohn-
gefaͤhr einig ſeyn.

Aber nun, was die Toͤne ſelbſt, als bloße
Toͤne, angeht!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <p><pb facs="#f0195" n="157"/>
und Spielen, daß mir un&#x017F;ere gute Sache wider<lb/>
Onkel Clerdon verda&#x0364;chtig wurde, und es mir<lb/>
&#x017F;chwer aufs Herz fiel, daß ich vielleicht zum<lb/>
Feinde u&#x0364;bergehen, und das wackere Cu&#x017F;inchen<lb/>
im Stiche la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;ßte.</p><lb/>
            <p>Rufen Sie &#x017F;ich die ver&#x017F;chiedenen Namen,<lb/>
welche wir dem, was wir ho&#x0364;rten, gaben, ins<lb/>
Geda&#x0364;chtniß zuru&#x0364;ck; wir nannten es <hi rendition="#g">&#x017F;cho&#x0364;n,<lb/>
ru&#x0364;hrend, erhaben, maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch, himm-<lb/>
li&#x017F;ch, Go&#x0364;ttlich</hi>; und keiner von uns meinte<lb/>
damit wohl etwas, was &#x017F;ich von den Saiten<lb/>
des In&#x017F;truments ablo&#x0364;&#x017F;te, und ihm <hi rendition="#g">vor</hi> den<lb/>
Ohren kla&#x0364;nge, &#x017F;ondern <hi rendition="#g">die Empfindungen<lb/>
in &#x017F;einer eigenen Bru&#x017F;t</hi>; Empfindun-<lb/>
gen, welche nicht durch <hi rendition="#g">jedes</hi> Ohr in <hi rendition="#g">jede</hi><lb/>
Bru&#x017F;t mit den&#x017F;elben To&#x0364;nen kommen; die wir<lb/>
al&#x017F;o <hi rendition="#g">&#x017F;elb&#x017F;t</hi> erzeugten, und die in keinem ganz<lb/>
die&#x017F;elben waren. Hieru&#x0364;ber werden wir ohn-<lb/>
gefa&#x0364;hr einig &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p>Aber nun, was die To&#x0364;ne &#x017F;elb&#x017F;t, als bloße<lb/>
To&#x0364;ne, angeht!</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0195] und Spielen, daß mir unſere gute Sache wider Onkel Clerdon verdaͤchtig wurde, und es mir ſchwer aufs Herz fiel, daß ich vielleicht zum Feinde uͤbergehen, und das wackere Cuſinchen im Stiche laſſen muͤßte. Rufen Sie ſich die verſchiedenen Namen, welche wir dem, was wir hoͤrten, gaben, ins Gedaͤchtniß zuruͤck; wir nannten es ſchoͤn, ruͤhrend, erhaben, majeſtaͤtiſch, himm- liſch, Goͤttlich; und keiner von uns meinte damit wohl etwas, was ſich von den Saiten des Inſtruments abloͤſte, und ihm vor den Ohren klaͤnge, ſondern die Empfindungen in ſeiner eigenen Bruſt; Empfindun- gen, welche nicht durch jedes Ohr in jede Bruſt mit denſelben Toͤnen kommen; die wir alſo ſelbſt erzeugten, und die in keinem ganz dieſelben waren. Hieruͤber werden wir ohn- gefaͤhr einig ſeyn. Aber nun, was die Toͤne ſelbſt, als bloße Toͤne, angeht!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/195
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/195>, abgerufen am 19.05.2024.