vor, sich unter dem Herausgeber einen Mann vorzustellen, dem es von seiner zar- testen Jugend an, und schon in seiner Kind- heit ein Anliegen war, daß seine Seele nicht in seinem Blute, oder ein blosser Athem seyn möchte, der dahin fährt.
Dieses Anliegen hatte bey ihm so wenig den blossen gemeinen Lebenstrieb zum Grunde, daß ihm vielmehr der Gedanke, sein gegenwärtiges Leben ewig fortzusetzen, gräßlich war. Er liebte zu leben wegen ei- ner andern Liebe, und -- noch einmal! -- ohne diese Liebe schien es ihm unerträglich zu leben, auch nur Einen Tag.
Also schon als Knabe war der Mann ein Schwärmer, ein Fantast, ein Mysti-
vor, ſich unter dem Herausgeber einen Mann vorzuſtellen, dem es von ſeiner zar- teſten Jugend an, und ſchon in ſeiner Kind- heit ein Anliegen war, daß ſeine Seele nicht in ſeinem Blute, oder ein bloſſer Athem ſeyn moͤchte, der dahin faͤhrt.
Dieſes Anliegen hatte bey ihm ſo wenig den bloſſen gemeinen Lebenstrieb zum Grunde, daß ihm vielmehr der Gedanke, ſein gegenwaͤrtiges Leben ewig fortzuſetzen, graͤßlich war. Er liebte zu leben wegen ei- ner andern Liebe, und — noch einmal! — ohne dieſe Liebe ſchien es ihm unertraͤglich zu leben, auch nur Einen Tag.
Alſo ſchon als Knabe war der Mann ein Schwaͤrmer, ein Fantaſt, ein Myſti-
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[XIII/0019]
vor, ſich unter dem Herausgeber einen
Mann vorzuſtellen, dem es von ſeiner zar-
teſten Jugend an, und ſchon in ſeiner Kind-
heit ein Anliegen war, daß ſeine Seele
nicht in ſeinem Blute, oder ein bloſſer
Athem ſeyn moͤchte, der dahin faͤhrt.
Dieſes Anliegen hatte bey ihm ſo wenig
den bloſſen gemeinen Lebenstrieb zum
Grunde, daß ihm vielmehr der Gedanke,
ſein gegenwaͤrtiges Leben ewig fortzuſetzen,
graͤßlich war. Er liebte zu leben wegen ei-
ner andern Liebe, und — noch einmal! —
ohne dieſe Liebe ſchien es ihm unertraͤglich
zu leben, auch nur Einen Tag.
Alſo ſchon als Knabe war der Mann
ein Schwaͤrmer, ein Fantaſt, ein Myſti-
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/19>, abgerufen am 24.11.2024.
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