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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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erlebt draußen als junger Mensch. Denn, wie
Sie wissen, war ich dabei, als die alte Orange
in Schonhoven vermolestirt wurde und kam auch
nach Gorkum und Nieuuwport mit den Patrioten
dazumal. Ich schor mich den Teufel um den
Krimskrams hier unter den Bauerkerls, sagt' ihnen
oft die Wahrheit über ihre Einfalt und es setzte
schon gleich zu Anfang viel Streit und Wortwech-
selung mit ihnen. Es gab nie keinen Vertrag
mit ihnen recht, denn sie konnten es mir nicht
verzeihen, daß ich klüger war als sie und gewitz-
ter. Also gut; wie ich meine vollen Jahre erreicht
hatte, trat ich das Colonat an, denn Sie müssen
wissen, daß der Windkotten uns gehörte, mir und
meiner Familie; ein recht hübsches Erb mit Feld,
Baumgarten und Wiesenwachs, was nachgehends
freilich parcellirt worden ist, und das Haus hat
der Jude abbrechen lassen, der das Ganze zuletzt
kaufte, so daß ich selbst kaum noch weiß, wo die
Stätte gelegen hat.

Wie ich nun so Colon und Hofesbesitzer war,
da ging der rechte Verdruß erst an, Herr Schmitz.
Denn ich konnte es gar nicht vertragen, daß die
Großen besser seyn wollten, als wir Kleinen und

Immermann's Münchhausen. 4. Th. 4

erlebt draußen als junger Menſch. Denn, wie
Sie wiſſen, war ich dabei, als die alte Orange
in Schonhoven vermoleſtirt wurde und kam auch
nach Gorkum und Nieuuwport mit den Patrioten
dazumal. Ich ſchor mich den Teufel um den
Krimskrams hier unter den Bauerkerls, ſagt’ ihnen
oft die Wahrheit über ihre Einfalt und es ſetzte
ſchon gleich zu Anfang viel Streit und Wortwech-
ſelung mit ihnen. Es gab nie keinen Vertrag
mit ihnen recht, denn ſie konnten es mir nicht
verzeihen, daß ich klüger war als ſie und gewitz-
ter. Alſo gut; wie ich meine vollen Jahre erreicht
hatte, trat ich das Colonat an, denn Sie müſſen
wiſſen, daß der Windkotten uns gehörte, mir und
meiner Familie; ein recht hübſches Erb mit Feld,
Baumgarten und Wieſenwachs, was nachgehends
freilich parcellirt worden iſt, und das Haus hat
der Jude abbrechen laſſen, der das Ganze zuletzt
kaufte, ſo daß ich ſelbſt kaum noch weiß, wo die
Stätte gelegen hat.

Wie ich nun ſo Colon und Hofesbeſitzer war,
da ging der rechte Verdruß erſt an, Herr Schmitz.
Denn ich konnte es gar nicht vertragen, daß die
Großen beſſer ſeyn wollten, als wir Kleinen und

Immermann’s Münchhauſen. 4. Th. 4
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[49/0061] erlebt draußen als junger Menſch. Denn, wie Sie wiſſen, war ich dabei, als die alte Orange in Schonhoven vermoleſtirt wurde und kam auch nach Gorkum und Nieuuwport mit den Patrioten dazumal. Ich ſchor mich den Teufel um den Krimskrams hier unter den Bauerkerls, ſagt’ ihnen oft die Wahrheit über ihre Einfalt und es ſetzte ſchon gleich zu Anfang viel Streit und Wortwech- ſelung mit ihnen. Es gab nie keinen Vertrag mit ihnen recht, denn ſie konnten es mir nicht verzeihen, daß ich klüger war als ſie und gewitz- ter. Alſo gut; wie ich meine vollen Jahre erreicht hatte, trat ich das Colonat an, denn Sie müſſen wiſſen, daß der Windkotten uns gehörte, mir und meiner Familie; ein recht hübſches Erb mit Feld, Baumgarten und Wieſenwachs, was nachgehends freilich parcellirt worden iſt, und das Haus hat der Jude abbrechen laſſen, der das Ganze zuletzt kaufte, ſo daß ich ſelbſt kaum noch weiß, wo die Stätte gelegen hat. Wie ich nun ſo Colon und Hofesbeſitzer war, da ging der rechte Verdruß erſt an, Herr Schmitz. Denn ich konnte es gar nicht vertragen, daß die Großen beſſer ſeyn wollten, als wir Kleinen und Immermann’s Münchhauſen. 4. Th. 4

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/61>, abgerufen am 24.11.2024.