Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

als daß es lange dauern könne. So war denn
auch sein Tod wirklich bald erfolgt. Von den letz-
ten Tagen schrieb nun die Freundin unter Anderem
auch. Er hatte eine fürchterliche Krankheit, die
den Hals zusammenschnürt, so daß der Mensch er-
sticken muß. Den letzten Tag nun hatte der Kranke
kaum noch sprechen können, aber immerdar hatte
er auf seinen Trauring gesehen und auf denselben
gewiesen und dazu mit der größten Anstrengung
hervorgestoßen das Wort: Ewig! Er wand sich
in seiner Todesqual, aber das Wort keuchte er, so
lange ein Laut aus seinem armen Munde kommen
konnte. Und so starb er in der Ewigkeit der Liebe.

Also wird es nun auch mit mir seyn und Os-
wald. Es ist möglich, daß wir nicht lange bei
einander sind, denn auch uns steht ja ein großes
und unbeschreibliches Glück bevor. Aber wer nun
zuerst sterben möchte, der wird dem Andern, so
lange die Lippe lallen kann, zustammeln: Ewig!
als ein Wort des Trostes, daß die Erde des Gra-
bes die Liebe nicht überschütte! -- Was aber das
Grab nicht vermögen wird, davon werden Sie, gnä-
dige Frau, gewiß abstehen, denn in Ihnen ist ein
liebliches und freundliches Leben. -- Vergeben Sie

als daß es lange dauern könne. So war denn
auch ſein Tod wirklich bald erfolgt. Von den letz-
ten Tagen ſchrieb nun die Freundin unter Anderem
auch. Er hatte eine fürchterliche Krankheit, die
den Hals zuſammenſchnürt, ſo daß der Menſch er-
ſticken muß. Den letzten Tag nun hatte der Kranke
kaum noch ſprechen können, aber immerdar hatte
er auf ſeinen Trauring geſehen und auf denſelben
gewieſen und dazu mit der größten Anſtrengung
hervorgeſtoßen das Wort: Ewig! Er wand ſich
in ſeiner Todesqual, aber das Wort keuchte er, ſo
lange ein Laut aus ſeinem armen Munde kommen
konnte. Und ſo ſtarb er in der Ewigkeit der Liebe.

Alſo wird es nun auch mit mir ſeyn und Os-
wald. Es iſt möglich, daß wir nicht lange bei
einander ſind, denn auch uns ſteht ja ein großes
und unbeſchreibliches Glück bevor. Aber wer nun
zuerſt ſterben möchte, der wird dem Andern, ſo
lange die Lippe lallen kann, zuſtammeln: Ewig!
als ein Wort des Troſtes, daß die Erde des Gra-
bes die Liebe nicht überſchütte! — Was aber das
Grab nicht vermögen wird, davon werden Sie, gnä-
dige Frau, gewiß abſtehen, denn in Ihnen iſt ein
liebliches und freundliches Leben. — Vergeben Sie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0291" n="279"/>
als daß es lange dauern könne. So war denn<lb/>
auch &#x017F;ein Tod wirklich bald erfolgt. Von den letz-<lb/>
ten Tagen &#x017F;chrieb nun die Freundin unter Anderem<lb/>
auch. Er hatte eine fürchterliche Krankheit, die<lb/>
den Hals zu&#x017F;ammen&#x017F;chnürt, &#x017F;o daß der Men&#x017F;ch er-<lb/>
&#x017F;ticken muß. Den letzten Tag nun hatte der Kranke<lb/>
kaum noch &#x017F;prechen können, aber immerdar hatte<lb/>
er auf &#x017F;einen Trauring ge&#x017F;ehen und auf den&#x017F;elben<lb/>
gewie&#x017F;en und dazu mit der größten An&#x017F;trengung<lb/>
hervorge&#x017F;toßen das Wort: Ewig! Er wand &#x017F;ich<lb/>
in &#x017F;einer Todesqual, aber das Wort keuchte er, &#x017F;o<lb/>
lange ein Laut aus &#x017F;einem armen Munde kommen<lb/>
konnte. Und &#x017F;o &#x017F;tarb er in der Ewigkeit der Liebe.</p><lb/>
          <p>Al&#x017F;o wird es nun auch mit mir &#x017F;eyn und Os-<lb/>
wald. Es i&#x017F;t möglich, daß wir nicht lange bei<lb/>
einander &#x017F;ind, denn auch uns &#x017F;teht ja ein großes<lb/>
und unbe&#x017F;chreibliches Glück bevor. Aber wer nun<lb/>
zuer&#x017F;t &#x017F;terben möchte, der wird dem Andern, &#x017F;o<lb/>
lange die Lippe lallen kann, zu&#x017F;tammeln: Ewig!<lb/>
als ein Wort des Tro&#x017F;tes, daß die Erde des Gra-<lb/>
bes die Liebe nicht über&#x017F;chütte! &#x2014; Was aber das<lb/>
Grab nicht vermögen wird, davon werden Sie, gnä-<lb/>
dige Frau, gewiß ab&#x017F;tehen, denn in Ihnen i&#x017F;t ein<lb/>
liebliches und freundliches Leben. &#x2014; Vergeben Sie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0291] als daß es lange dauern könne. So war denn auch ſein Tod wirklich bald erfolgt. Von den letz- ten Tagen ſchrieb nun die Freundin unter Anderem auch. Er hatte eine fürchterliche Krankheit, die den Hals zuſammenſchnürt, ſo daß der Menſch er- ſticken muß. Den letzten Tag nun hatte der Kranke kaum noch ſprechen können, aber immerdar hatte er auf ſeinen Trauring geſehen und auf denſelben gewieſen und dazu mit der größten Anſtrengung hervorgeſtoßen das Wort: Ewig! Er wand ſich in ſeiner Todesqual, aber das Wort keuchte er, ſo lange ein Laut aus ſeinem armen Munde kommen konnte. Und ſo ſtarb er in der Ewigkeit der Liebe. Alſo wird es nun auch mit mir ſeyn und Os- wald. Es iſt möglich, daß wir nicht lange bei einander ſind, denn auch uns ſteht ja ein großes und unbeſchreibliches Glück bevor. Aber wer nun zuerſt ſterben möchte, der wird dem Andern, ſo lange die Lippe lallen kann, zuſtammeln: Ewig! als ein Wort des Troſtes, daß die Erde des Gra- bes die Liebe nicht überſchütte! — Was aber das Grab nicht vermögen wird, davon werden Sie, gnä- dige Frau, gewiß abſtehen, denn in Ihnen iſt ein liebliches und freundliches Leben. — Vergeben Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/291
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/291>, abgerufen am 08.05.2024.