Wupperthale zurück, schon sehr verstimmt, denn von der Assise hatte er nichts zu sehen bekommen. Den ersten Tag seines Dortseyns konnte er nämlich wegen Ueberfüllung des Saales mit Menschen nicht hinein, am zweiten Tage wurde eine Sache bei verschlossenen Thüren verhandelt und am dritten eine ausgesetzt, weil der Hauptzeuge fehlte; womit die damalige Quartalsitzung schloß.
Als er nun gar seinen Freund, den er braut- los erwartete, vermählt wiederfinden mußte, kannte sein Zorn keine Grenzen. Aber die Ehe saß wirk- lich wie ein guter Riegel fest und spottete jeglicher Bemühung, sie hinwegzuschieben. Er reiste auf der Stelle ab, hat sich in den Schwarzwald vergraben und nichts mehr von sich hören lassen. Sein Glaube an die Menschheit soll sehr gesunken seyn und Clelien nennt er, wie man sagt, nur Armiden, die listige Verführerin. Oswald hofft indessen doch noch ihn auszusöhnen.
Wupperthale zurück, ſchon ſehr verſtimmt, denn von der Aſſiſe hatte er nichts zu ſehen bekommen. Den erſten Tag ſeines Dortſeyns konnte er nämlich wegen Ueberfüllung des Saales mit Menſchen nicht hinein, am zweiten Tage wurde eine Sache bei verſchloſſenen Thüren verhandelt und am dritten eine ausgeſetzt, weil der Hauptzeuge fehlte; womit die damalige Quartalſitzung ſchloß.
Als er nun gar ſeinen Freund, den er braut- los erwartete, vermählt wiederfinden mußte, kannte ſein Zorn keine Grenzen. Aber die Ehe ſaß wirk- lich wie ein guter Riegel feſt und ſpottete jeglicher Bemühung, ſie hinwegzuſchieben. Er reiſte auf der Stelle ab, hat ſich in den Schwarzwald vergraben und nichts mehr von ſich hören laſſen. Sein Glaube an die Menſchheit ſoll ſehr geſunken ſeyn und Clelien nennt er, wie man ſagt, nur Armiden, die liſtige Verführerin. Oswald hofft indeſſen doch noch ihn auszuſöhnen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0315"n="303"/>
Wupperthale zurück, ſchon ſehr verſtimmt, denn<lb/>
von der Aſſiſe hatte er nichts zu ſehen bekommen.<lb/>
Den erſten Tag ſeines Dortſeyns konnte er nämlich<lb/>
wegen Ueberfüllung des Saales mit Menſchen nicht<lb/>
hinein, am zweiten Tage wurde eine Sache bei<lb/>
verſchloſſenen Thüren verhandelt und am dritten<lb/>
eine ausgeſetzt, weil der Hauptzeuge fehlte; womit<lb/>
die damalige Quartalſitzung ſchloß.</p><lb/><p>Als er nun gar ſeinen Freund, den er braut-<lb/>
los erwartete, vermählt wiederfinden mußte, kannte<lb/>ſein Zorn keine Grenzen. Aber die Ehe ſaß wirk-<lb/>
lich wie ein guter Riegel feſt und ſpottete jeglicher<lb/>
Bemühung, ſie hinwegzuſchieben. Er reiſte auf der<lb/>
Stelle ab, hat ſich in den Schwarzwald vergraben<lb/>
und nichts mehr von ſich hören laſſen. Sein<lb/>
Glaube an die Menſchheit ſoll ſehr geſunken ſeyn<lb/>
und Clelien nennt er, wie man ſagt, nur Armiden,<lb/>
die liſtige Verführerin. Oswald hofft indeſſen doch<lb/>
noch ihn auszuſöhnen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[303/0315]
Wupperthale zurück, ſchon ſehr verſtimmt, denn
von der Aſſiſe hatte er nichts zu ſehen bekommen.
Den erſten Tag ſeines Dortſeyns konnte er nämlich
wegen Ueberfüllung des Saales mit Menſchen nicht
hinein, am zweiten Tage wurde eine Sache bei
verſchloſſenen Thüren verhandelt und am dritten
eine ausgeſetzt, weil der Hauptzeuge fehlte; womit
die damalige Quartalſitzung ſchloß.
Als er nun gar ſeinen Freund, den er braut-
los erwartete, vermählt wiederfinden mußte, kannte
ſein Zorn keine Grenzen. Aber die Ehe ſaß wirk-
lich wie ein guter Riegel feſt und ſpottete jeglicher
Bemühung, ſie hinwegzuſchieben. Er reiſte auf der
Stelle ab, hat ſich in den Schwarzwald vergraben
und nichts mehr von ſich hören laſſen. Sein
Glaube an die Menſchheit ſoll ſehr geſunken ſeyn
und Clelien nennt er, wie man ſagt, nur Armiden,
die liſtige Verführerin. Oswald hofft indeſſen doch
noch ihn auszuſöhnen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/315>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.